Toby Weston

Zielobjekt: Untreue Ehefrauen


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      „Natürlich. Fragen dürfen Sie alles.“

      „Sie wollen, dass ich Ihre Frau beobachte und überprüfe, was sie während der Reise nach Südfrankreich und anschließend in Toulon unternimmt, ja?“

      „Richtig.“

      „Soll ich auch versuchen, Ihre Frau zu verführen?“

      „Ja. Darum habe ich Sie doch kontaktiert. Sonst hätte ich auch einen Privatdetektiv beauftragen können“, antwortete Degenfeld.

      „Sie sind misstrauisch bezüglich dem Verhalten Ihrer Frau, sind aber bereit, sie einem anderen Mann ins Bett zu legen. Wie kann das sein?“

      „Mir ist die Sexualität meiner Frau völlig gleichgültig!“, erklärte Degenfeld.

      „Keine Eifersucht?“

      „Nein. Wir haben unterschiedliche Vorstellungen.“

      „Könnten Sie mir das erklären? Ich möchte einfach verstehen, was auf mich zukommen könnte.“

      „Darf ich mich auf Ihre absolute Diskretion verlassen?“

      „Natürlich.“

      „Ich würde sofort alles abstreiten und Sie öffentlich vernichten, sollten Sie sich an diese Zusicherung nicht halten!“

      „Sie können sich auf mich verlassen. Ich habe einen guten Ruf zu verlieren.“

      „Ich glaube Ihnen“, sagte der Politiker, lehnte sich zurück und blickte nachdenklich über den Starnberger See. „Dann sollte ich mit meiner sexuellen Orientierung beginnen. Ich bin homosexuell. Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, ich stehe zu meiner Neigung. Aber zu Beginn meiner Laufbahn als Politiker musste ich darauf Rücksicht nehmen. Nicht jeder Wähler war bereit, einen schwulen Volksvertreter zu akzeptieren. Daher habe ich geheiratet und führe ein bürgerliches Leben.“

      „Wusste Ihre Frau das von Anfang an?“

      „Ja. Ich habe sie über eine Agentur gesucht und gefunden. Wir haben einen genau formulierten Ehevertrag. Es bestehen strenge Regeln in Bezug auf unsere öffentliche Darstellung. Julie hat sich auch immer darangehalten. Nur diese ständigen Reisen nach Südfrankreich machen mich stutzig.“

      „Sie glauben, Ihre Ehefrau lebt dort ihre Sexualität aus?“

      „Ja, das vermute ich. Julie ist eine junge Frau mit Bedürfnissen. Es stört mich auch nicht, wenn sie mit anderen Männern ins Bett steigt. Sie soll treiben, was immer sie möchte. Mir kommt es dabei nur auf meinen guten Ruf an. Sie darf nicht meine Karriere gefährden. Heutzutage kann man doch kaum einen Schritt gehen, ohne, dass es jemand mitbekommt, mit dem Handy fotografiert und auf Facebook oder Twitter postet.“

      „Sie haben also Angst vor schlechter Öffentlichkeitswahrnehmung, richtig?“

      „Ja. Mir ist es daher egal, ob Sie meine Frau verführen oder nicht. Ich möchte einfach wissen, was sie treibt und ob es dabei etwas gibt, das mir Schaden zufügen könnte.“

      „Ich werde also Ihrer Frau heimlich folgen, sie im Zug beobachten und anschließend herausfinden, warum sie so häufig nach Südfrankreich fährt. So lautet Ihr Auftrag, nicht wahr?“

      „Ja“, antwortete Degenfeld nickend. „Informieren Sie mich regelmäßig. Ich wünsche Fotos und Beweise, egal, was meine Frau treibt. Sie erhalten per E-Mail ein Foto von Julie, den Termin ihrer nächsten Reise, die genaue Anschrift ihres Elternhauses in Toulon und natürlich meine Handynummer.“

      „Wann ist die nächste Reise Ihrer Frau geplant?“

      „Bereits übermorgen. Würde das bei Ihnen klappen?“

      „Ja. Ich habe derzeit keine anderen Verpflichtungen und freue mich über eine Ablenkung aus meinem Alltag.“

      „Wünschen Sie eine Anzahlung auf Ihre entstehenden Kosten?“

      „Nein, nicht nötig. Ich bevorzuge eine Pauschale für eine erfolgreiche Erledigung.“

      „Und die wäre?“

      „Ich verlange als Bezahlung eine Flasche Rotwein“, antwortete Toby und lächelte.

      „Eine Flasche Rotwein? Das meinen Sie jetzt nicht ernst, oder?“

      „Doch. Aber es sollte ein Château Lafite Rothschild aus dem Jahrgang 2000 sein.“

      „Ist das ein besonderer Wein?“

      „Ja, das ist er. Aber angemessen für einen besonderen Auftrag. Einverstanden?“

      „Einverstanden.“

      2

      Der neue Auftrag von Toby Weston begann, als er am Münchner Hauptbahnhof eine Zugfahrkarte nach Toulon an der Côte d’Azur erwarb.

      Er hatte einen Tag nach dem Treffen am Starnberger See von David Degenfeld eine E-Mail mit allen notwendigen Informationen erhalten. Am nächsten Morgen verließ er mit einer Reisetasche seine Penthouse Wohnung in Schwabing und fuhr mit einem Taxi zum Bahnhof.

      Am Schalter legte er die Reservierung vor, die er im Internet gebucht hatte. „Toulon, Côte d’Azur. Schlafwagenabteil Economy.“

      Der Schalterbeamte nickte mürrisch und tippte auf einer Tastatur herum. Kurz darauf hielt er das Ticket in der Hand. Toby bezahlte und trottete zum Bahnsteig. Die Luft roch nach Eisen, Staub und Öl. Kofferträger, Gewühl und Geschrei, rennende Menschen; dies alles erzeugte ein romantisches Fieber in ihm. Er fühlte eine innere Erleichterung für ein paar Tage München verlassen zu können. Unverändert war die Angst vor einer Rückkehr der Schläger des Russen. Aber der Reiz auf ein neues Abenteuer war stärker, als die Angst vor weiteren Schmerzen. Vielleicht sollte ich mal zu einem Psychiater gehen, überlegte Toby nachdenklich. Etwas stimmte doch nicht mit mir. Aber das hatte Zeit. Es zählte immer nur das heute und jetzt. Die Vergangenheit war vorbei und ließ sich nicht mehr ändern. Die Zukunft ist noch völlig offen. Daher beschloss, er den Augenblick zu nutzen und sich auf den neuen Auftrag zu konzentrieren.

      Er kaufte sich zwei Croissant und einen Cappuccino im Pappbecher. Er trank einen Schluck und blickte sich dabei um. Fast alle Bahnsteige waren voller Menschen. Von Julie Degenfeld war nichts zu sehen.

      Als der Zug einlief, drängelte er sich durch die Menschenmasse und fand das reservierte Schlafabteil. Er stellte seine Reisetasche am Boden ab und packte die die nötigen Utensilien aus, die er während der Nacht gebrauchen würde. Er legte die Croissants auf das Klapptischchen, und die Toilettenartikel ins Netz. Dann setzte er sich auf das Bett und probierte die Matratze, sie war noch nicht ausgelegen.

      Nun war er bereit für das neue Abenteuer. Plötzlich hatte er keine negativen Gedanken mehr, die er zuletzt ständig mit sich herumgetragen hatte. Die Sorgen blieben hinter ihm zurück, als der Zug sich in Bewegung setzte, zuerst schwerfällig, dann immer schneller.

      Die Reise hatte begonnen.

      Toby öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus. Menschen winkten und riefen sich zu. Dann verschwand München, und der kalte Wind ließ ihn das Fenster schließen. Von der Eisenbahn aus gesehen zeigten sich die Städte niemals von der besten Seite.

      Eine junge Frau lehnte weit aus dem Nebenabteil. Sie lachte Toby an und winkte ihm zu. Er hatte sie sofort erkannt: Julie Degenfeld!

      Sie war hübsch anzusehen, mit rabenschwarzen Haaren, einem sonnengebräunten Gesicht und schelmischen Augen.

      „Hey“, rief Toby ihr zu.

      „Ist es nicht himmlisch zu reisen?“, antworte Julie Degenfeld.

      „Ja, aber doch recht kühl und unfreundlich - ich meine natürlich das Wetter“, sagte Toby lachend.

      „Wo ich hinfahre; ist es immer warm und sonnig.“

      „Wohin fahren Sie denn?“

      „Nach Südfrankreich,