von meiner Spalte erkennen. Schließlich ist man nett zu künftigen Vorgesetzten.
Ich richtete mich wieder auf.
„Bitte, Herr von Muggenthaler.“
Er sah mir ins Gesicht, auf seiner Stirn stand der Schweiß. Ich verstand ihn, ehrlich, und mein Spiel hatte einen Hauch von Grausamkeit. Langsam hob sich seine rechte Hand, griff in Richtung von Papier, schwenkte dann ab zu meinem Rock und meinen Oberschenkeln.
Er war wie in Trance, als er mich berührte.
„Ja... äh... äh.“
Er blickte mich immer noch an, während seine Hand weiter wollte. Aber ich hielt stand, die Beine dicht beieinander. Er sollte nicht denken, ich sei eine Nutte. Und ohne den Job war ohnehin nichts für ihn drin.
„Und welches sind sonst noch meine Aufgaben?“, fragte ich.
„Pardon, Verzeihung“, stammelte er, während seine gierigen Finger zurückzuckten. „Viertausend, sagten Sie, Frau Wagner?“
„Viertausendfünfhundert“, antwortete ich.
Er schien leicht rot anzulaufen.
„Aber... äh, aber...“
„Weil ich annehme, dass wir bis in die Nacht Überstunden machen müssen“, meinte ich.
Er fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. Die inzwischen erloschene Zigarre zitterte zwischen seinen Fingern. Der Trick mit dem Papier war plump, eine läppische Falle, die ihm seine Gier suggeriert hatte, um noch mehr von mir zu sehen. Ahnte er, dass er sich selbst darin zu fangen begann?
„Okay, Sie bekommen die Stelle.“
„Für fünftausend im Monat?“
„Für... äh, ja, äh... Fünftausend Euro.“
„Vertrag bis heute Abend.“
„Heute Nachmittag haben Sie ihn.“
„Danke, Herr von Muggenthaler.“
Ich zog meinen Rock möglichst weit über die Oberschenkel, so dass mein weißer String hervorblitzte.
Dr. Vincent von Muggenthaler, Vorstandsvorsitzender und Hauptaktionär der Muggenthaler Chemie AG, fasste sich an den Hals, und schluckte wie ein Erstickender. Woran er mehr würgte, den fünftausend Euro oder den abendlichen Überstunden zu seinem Lustgewinn, war schwer auszumachen.
Aber zahlen würde er dafür müssen.
4
Doch auch ich musste zahlen, nicht nur bei Geilfinger Muggenthaler.
Das war mir schon in der Nacht vorher klargeworden, als ich die leider viel zu dünne Akte über Marie Rechenberg studierte. Die junge Sekretärin war schon ein recht munterer Vogel gewesen, und wer ihre Rolle weiterspielen wollte, durfte nicht zimperlich sein.
Denn neben Paul Schöneck geisterten noch andere Namen durch ihr buntes Sexualleben!
Da war zunächst Julian Falkenhayn, der mich an meinem ersten Arbeitstag unverzüglich ansprach.
„Ach, die arme Marie. Wenn Sie wüssten!“, meinte er.
„Was sollte ich wissen?“, erkundigte ich mich neugierig.
„Na, ho. Klassefrau, die Arme. Aber Sie sind eigentlich noch besser, äh, wenn man Sie so ansieht.“
„Danke, Herr Falkenhayn.“
Er war der persönliche Sekretär und Laufbursche von Vincent von Muggenthaler, und hatte die weltbewegende Aufgabe übernommen, mich in mein künftiges Arbeitsgebiet einzuführen. Doch wenn ich ihn mir so ansah, knapp Dreißig, schlank und vital, bestand eigentlich kein Zweifel daran, dass er viel lieber etwas anderes bei mir „eingeführt“ hätte. Aber er gab sich redlich Mühe, schleppte mich durch endlose Flure, durch klimatisierte Büros und wahre Labyrinthe voll hemdsärmeliger Angestellter und gut duftende Sekretärinnen. Nach vier Stunden waren wir beinahe Freunde geworden.
„Werden Sie auch sonst in Maries Fußstapfen treten?“
„Abwarten, Kollege.“
Wir standen im Computerraum, allein, nur er und ich. Auf den Armaturen der chromblitzenden Automaten spielten selbsttätig farbige Lichter. Das viele Herumwandern, die neuen Eindrücke und jetzt die schnurrende Stille erfüllten mich mit müdem Wohlsein.
„Nennen Sie mich doch Julian. Darf ich Amelie sagen?“
Er lächelte verteufelt charmant.
„Okay, Julian.“
Seine schmalen Hände packten mich, und zogen mich näher. Unsere Lippen trafen sich, er stieß die Zunge in meinen Mund. Ich roch sein Eau de Toilette, und für einen Moment war mir, als wollte er es mit mir treiben, gleich hier, auf einem Schreibtisch im Computerraum. Als er meinen Rock energisch hochschob, seinen Finger unter meinen Slip schob, durch mein naturblondes Schamhaar strich, meine feuchte Lustgrotte suchte, riss ich mich von ihm los.
„So schnell eine andere?“, fragte ich.
„Ach so“, sagte er. „Marie? Sie war ein Biest. Jeder hier kannte sie. Alle ließ sie mal ran, einmal, zweimal. Aber dann nicht mehr.“
„Außer Paul Schöneck, der durfte regelmäßig, richtig?“
„Woher wissen Sie das?“
„Eine gute Chefsekretärin weiß alles.“
Er stand dicht vor mir, seine Finger zuckten. In seinen Augen war der Blick des Rammlers, dem man gerade das letzte Zuchthäschen geschlachtet hat. Doch er war ein guter Verlierer.
„Dann also ein andermal“, sagte er.
„Oh ja, Julian.“
Wir marschierten zum nächsten Computerraum.
„Dieser Computer, Amelie...“
Seine Hand, die mal dorthin und mal dorthin wies, war ruhig. Und doch schlummerte Feuer in diesen Fingern. Sein kurzer Griff hatte es mir bewiesen.
Die Hand eines Mörders?
Der zweite Name auf Marie Rechenbergs Liste war Dr. Felix Ostrau, Leiter der Forschungsabteilung.
„Die neue Chefsekretärin? Aha...“
Breit und gedrungen stand er hinter seinem Ahornschreibtisch, weißer Kittel, Hände flach aufgestützt, lange Arme und dicke Finger.
„... wie war doch der Name?“
„Amelie Wagner“, sagte Julian Falkenhayn.
„Hm. Und Sie wollen etwas über unsere Produktion wissen?“
„Nur soweit es meine Aufgaben betrifft.“
„Okay. Hoffentlich kümmern Sie sich auch sonst nur um Ihre eigenen Angelegenheiten. Und um Vincent von Muggenthaler.“
Er wusste Bescheid, und verachtete mich. Verklemmt bis hinter die edle Denkerstirn.
„Nur nicht so kratzbürstig, Doktor Ostrau“, sagte Julian.
Felix Ostrau wischte sich die Handflächen am Kittel ab und knurrte.
„Wenn sie wie Marie ist, dann...“
Würde ich am Ende auch nicht lange zu leben haben?
Dieser Job begann mich zu faszinieren.
„Sie sind ungerecht, Doktor Ostrau. Zu Frau Wagner und zu Marie“, meinte Julian.
Das engstirnige Eierköpfchen runzelte die Augenbrauen.
„Für einen Kerl wie Sie, war Marie Rechenberg genau richtig“, sagte er giftig.
„Und für Sie?“, fragte ich dazwischen.
Felix Ostrau, verhinderter