David Poppen

Ermittlungen im Sexparadies


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war mir das im Grunde völlig klar - zumindest unbewusst.

      Ich war einfach überreif - ganz klarer Fall!

      Nur, das wollte ich partout nicht zugeben, nicht einmal mir selbst gegenüber… mir selbst gegenüber schon gar nicht.

      Seit dem letzten Jahr gab es bei mir immer mehr und immer eindringlichere Hinweise, dass meine Kindheit nahezu beendet war. Da waren die Träume gewesen, symbolisch zunächst, aber dann immer eindeutiger und unverschämter pornographisch.

      Es hatte sogar jene heiße Sommernacht gegeben, in der ich von einem solchen Traum aufgewacht war, um festzustellen, dass ich mit zwar ungeübten, doch durchaus tatkräftigen Fingern meine angeschwollene Klitoris massierte. Ich war schamrot geworden, hatte ein paar Schlaftabletten genommen und gab mir seitdem alle Mühe, nie mehr an diesen peinlichen Vorfall zurückzudenken.

      Es hatte die Augenblicke gegeben, in denen ich mich dabei ertappte, wie ich die Hosen von Männern nach den Umrissen ihrer Genitalien absuchte. Vielleicht hatten sich liebe Mitmenschen gefragt, warum ich so oft scheinbar grundlos errötete. Vielleicht hatten liebe Mitmenschen sich auch nicht gefragt. Vielleicht war ich die einzige dumme Pute in ganz Bayern!

      Damit kein Missverständnis entsteht: All das hatte natürlich nicht das Geringste mit irgendwelchen religiösen oder moralischen Skrupeln zu tun. Ich war, ohne Mutter, in der Obhut eines Vaters aufgewachsen, der mich mit einer Art zerstreuten Zärtlichkeit verwöhnte, sofern er nicht damit beschäftigt war, mit der von ihm selbst aufgezogenen Kette mondän-exotischer Hotels mehr und mehr Geld zu machen. Wenn es für ihn überhaupt irgendwelche moralischen Wertmaßstäbe gab, so hatte er sich jedenfalls nicht bemüßigt gefühlt, sie mir mitzuteilen. Nein - meine jungfräuliche Naivität war ausschließlich auf mein mangelndes Interesse an jenen Experimenten zurückzuführen, die Jugendliche normalerweise gern ausführen.

      Jetzt aber war mit bestürzender und erschütternder Plötzlichkeit Simon Degenfeld in mein Leben getreten, und alles sollte sich gründlich ändern. Ich fühlte es in meinen Knochen aufsteigen wie eine heiße Flut, es brandete durch meine Schenkel und Lenden hoch, drängte in meine Brust, sodass meine Brustwarzen wie unter einem Stromstoß zu prickeln begannen. Ich erkannte es in der spontanen Reaktion meines Beckens, die es mir unmöglich machte, die Hüften still zu halten, während ich arbeitete.

      Ich überlegte, wie so ein Penis wohl aussehen würde, wie er sich anfühlen mochte. Ich hatte bis dahin nur im Internet auf einschlägigen Pornoseiten gesehen. Aber real noch nie.

      Mit raschen, mechanischen Strichen skizzierte ich etwa zehn Minuten, während mein Verstand ein Labyrinth von Rätseln hindurch zu fressen versuchte und mein Körper ohne Rücksicht auf die mannhaften Bemühungen des Verstands den Schnellgang einlegte und seinen eigenen Zielen entgegenraste.

      Inzwischen habe ich von Frauen gehört, die ohne jede Hilfe von außen aus reiner sexueller Erregung in einen orgastischen Zustand geraten. Ich glaube, ich stand kurz vor diesem Punkt, als meine anfängliche, verzweifelt geballte Energie mich plötzlich verließ und der Kohlestift mir aus der Hand fiel.

      „Wenn Sie eine kleine Pause einlegen wollen, darf ich mir vielleicht mal ansehen, was Sie bisher gemacht haben?“, fragte Simon.

      Ohne mein Einverständnis abzuwarten, gab er seine Pose auf und kam zu der Stelle geschlendert, wo ich mich hinter meiner Staffelei aufgebaut hatte. Das zeigte wieder, dass er kein professionelles Model war, was ich ja gleich gewusst hatte.

      Das war mir im Augenblick aber ziemlich gleichgültig. Ich hatte andere Sorgen. Ich wollte wegrennen und mich irgendwo verkriechen, und wollte bleiben, wo ich war, bis er mit seiner wundervoll Solarium gebräunten Haut neben mir stehen und mit seinen selbstverliebt wissenden, hassenswerten, himmlischen seegrünen Augen die erbärmlich zitternde, hilflos gefangene, bis auf den Seelengrund entblößte Kreatur mustern würde, die ich war.

      „Nicht schlecht“, meinte er nachdenklich, und ich wusste nicht recht, ob er die Skizze oder mich meinte. „Ich habe immer noch das Gefühl, dass Ihnen nicht wohl ist, Frau Rabenau. Vielleicht ist es die Hitze. Wollen Sie sich nicht einen Augenblick setzen? Warten Sie, ich helfe Ihnen.“

      Ich wusste, dass er mich anfassen würde, um mich zu der Couch zu führen, die zwischen Stößen von Keilrahmen an der Wand stand. Ich wusste außerdem in einem seltsamen inneren Tumult aus Todesangst und Erlösung, dass ich, wenn er mich anfasste, in Ohnmacht fallen würde.

      Er fasste mich an.

      Ich fiel in Ohnmacht.

      Ich erwachte auf der Couch. Simon saß neben mir, über mich gebeugt. Ich fühlte seine Hand unter meinem Nacken, und ich hörte, wie ein Reißverschluss aufgezogen wurde.

      Umzukippen war dämlich genug; zum Glück trieb ich die Idiotie nicht auf den Gipfel, indem ich mir etwa mit einem zitternden Handrücken über die Stirn strich und schwach hauchte: „Wo bin ich?“ Ich wusste sehr genau, wo ich mich befand, was geschehen war und was darüber hinaus im Weiteren geschehen würde.

      Ich war seltsam ruhig. Das einzige, das mich bewegte, war eine gewisse Neugierde.

      „Warum machen Sie den Reißverschluss auf?“, fragte ich.

      Die Frage war natürlich überflüssig, aber offenbar sagte mir irgendein Instinkt, dass bei Anlässen dieser Art eine gewisse Etikette zu wahren war.

      Sein Lachen war jungenhaft offen. „Laut Erste-Hilfe-Regeln ist es oberstes Gebot, die Kleider zu öffnen, wenn eine Dame in Ohnmacht fällt. Aber um ganz aufrichtig zu sein - Frau Rabenau. Ich hatte gehofft, Sie würden lange genug ohnmächtig bleiben, mir Gelegenheit zu geben, Ihr Kleid herunterzuziehen und Ihren BH zu lösen. Sie müssen verstehen - ich sehe gern entblößte Titten, und ich könnte mir vorstellen, dass die Ihren wunderhübsch sind.“

      „Titten? Sie meinen meine Brüste.“

      Mir fiel ein, dass Männer gern weibliche Brüste sehen. Warum hätte es bei Tänzerinnen und selbst bei Bedienungen sonst je die „Oben-ohne“-Mode gegeben?

      Was ich nicht wusste, war, dass ich noch unter Schockwirkung stand. Ihm war das sicher auch nicht klar.

      „Also gut“, willigte ich ein.

      „Sie sind einverstanden? Das ist ja Klasse! Dann könnten wir Sie gleich ganz ausziehen, oder?“

      „Wozu das?“

      Er machte ein verdutztes Gesicht. „Wieso wozu? Damit ich dich ficken kann - dazu!“

      „Aha. Sie meinen so was wie Geschlechtsverkehr?“

      Er lachte nervös und schüttelte den Kopf. „Nein. Das ist etwas, das in einem glücklichen Eheleben abgehandelt wird. Im wirklichen Leben wird ganz schlicht gefickt. Das willst du doch, oder?“

      „Ich weiß nicht. Ich glaube, ehe ich umkippte, wollte ich schon. Jetzt ist es mir egal.“

      „Das wird schon wieder kommen“, versicherte er. „Sei ganz unbesorgt, das wird wieder kommen.“

      Damit gab er seinen Versuch auf, meinen BH zu öffnen. Stattdessen legte er seine Hand ganz leicht auf mein Knie. Ich trug keine Strümpfe, und die Berührung zwischen seiner Hand und meinem bloßen Fleisch genügte, um meinen Schockzustand zu lösen. Es war wie ein warmer Wind, der plötzlich eine dicke, nasskalte Nebelschwade davonfegt.

      Von dem Augenblick an war ich kein gleichgültiger Roboter mehr.

      Ich war Anna Rabenau, neunzehn Jahre, begabte Malerin und Jungfrau!

      Ich lag auf dem Rücken ausgestreckt in meinem eigenen Atelier auf der Couch, während ein fremder, aber prachtvoller Mann mich teilweise entkleidete und Anstalten machte, mich zu entjungfern. Nein, das war nicht richtig: Anstalten machte, mich zu ficken. Ficken. Ich kostete Geschmack und Klang dieses Wortes und kam zu dem Schluss, dass es mir zusagte.

      Ich sah fasziniert zu, wie er meinen Rock ganz langsam, fast qualvoll langsam immer höher schob, und in dem Augenblick wurde mir etwas sehr Wichtiges klar:

      Ich begriff, dass für mich