Sari Eis

Revenge


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Nordbrand gekauft hatte.

      „Wer ist er? Vielleicht macht er dir Avancen. Er muss einflussreich sein.“

      „Er ist einer der Söldnerführer und ich denke, einen gewissen Einfluss hat er schon. Sein Bruder ist General Thraut.“

      Jánes Augen begannen zu leuchten. „Jamie! Das ist deine Chance! Nutze sie, Mädchen!“

      „Ich weiß nicht. Er ist Söldner. Die sind doch immer in Gefahr. Ich weiß nicht, ob ich das will. In einem Zimmer hocken und warten, dass er unverletzt wiederkommt? Und das immer und immer wieder?“

      „Aber er hat Geld.“

      Jamie schaute von ihrer Näharbeit auf. „Denkst du, das interessiert mich?“

      „Du müsstest sicher nicht mehr arbeiten.“

      „Vielleicht will ich das aber? Ich würde vor Langeweile sterben, wenn ich es nicht könnte. Außerdem habe ich gern Sex. Was soll ich denn tun, wenn er unterwegs ist?“

      „Etwas anderes als das hier jedenfalls. Willst du ewig Hure sein?“

      „Wieso nicht? Es macht Spaß und ich verdiene jetzt schon genug, um es nicht bis zum Tod machen zu müssen. Ich spare ja schon für mein Alter.“

      Jáne schürzte die Lippen. „Du solltest deine Perspektiven ausmachen. Es mag ein lohnender Beruf sein, doch sieh dich an. Du bist mehr wert.“

      Jamie hatte wieder auf ihre Arbeit geschaut und warf Jáne nun einen schelmischen Blick von der Seite zu. „Vielleicht werde ich eines Tages Wirtin. Du könntest mir zeigen, wie es geht.“

      Nun lächelte die Frau an ihrer Seite strahlend. „Das klingt schon nach was. Es ist sicher kein Traumberuf, aber es ist besser, als auf die Männer angewiesen zu sein.“

      „Das wäre ich dann auch noch. Ohne sie hättest auch du kein Geld.“

      „Aber meine Arbeit ist nicht mehr direkt von ihnen abhängig.“

      Jamie nickte. Jáne meinte, dass sie nur noch ab und an Männer zu sich ließ, wenn sie eben wollte und Lust auf sie hatte. Ihre Hauptaufgabe war es, das Wohlbefinden der Mädchen sicherzustellen. Ihnen eine Unterkunft und Essen zu geben und sie zu schützen, wenn die Männer zu aufdringlich wurden. Sie gab den Mädchen ein Zuhause. Doch auch die Wirtin hatte mal da angefangen, wo Jamie angefangen hatte. Auf der Straße, als Frau für alle.

      „Ich verspreche dir, mehr aus mir zu machen, wenn sich mir die Möglichkeit bietet und ich damit leben kann. Doch für den Moment bin ich zufrieden mit dem, was ich habe“, sagte Jamie und legte ihrer Freundin eine Hand auf den Arm.

      „Ich wünsche dir, dass du es irgendwann hier raus schaffst. Du bist gut, keine Frage, doch du kannst Besseres tun als das hier.“

      Die Bewohner waren eindeutig gespalten, was ihre Loyalität anging. Einige wehrten sich mit allem, was sie hatten, andere hockten schon auf Knien, bevor Dawer auch nur einen Finger krumm gemacht hatte. So kämpften sie sich durch die Straßen oder eben nicht.

      Einige Ecken der Stadt waren so schnell besetzt, dass es selbst für seine Leute unglaublich schien. Andere Straßenzüge mussten in Blut getränkt werden, damit überhaupt ein Durchkommen möglich war.

      Spät in der Nacht hatten sie die Mauer zum Anwesen des Stadtherren endlich erreicht. Dawer lenkte sein erschöpftes Pferd durch die Menge an Soldaten, die Befestigungen aufbauten und dafür Sorge trugen, dass niemand das Anwesen betreten oder verlassen konnte.

      „Männer, zu mir!“, befahl er und seine Leute sammelten sich um ihn. Er schaute jedem ins Gesicht und musterte sie im Allgemeinen.

      Raek hatte einige Kratzer im Gesicht, am Hals und an den Händen, weil er mit Zweigen eines Dornenbusches von einer Hofgrenze vertrieben worden war. Sonst schien er wohlauf.

      Thrace wirkte erschöpft, obwohl sein Schwert ungenutzt in der Scheide steckte und ihm nicht ein Pfeil im Köcher fehlte. Nur die Schutzzauber hatten an seinen Kräften gezehrt.

      Océan und Dea sahen recht munter aus, doch auch sie hatten Kampfspuren am ganzen Körper. Vor allem Arme und Beine waren getroffen worden.

      Ihm selbst hatte ein Bauer eine Heugabel ins Bein gerammt, doch dank seiner Rüstung war die Wunde nicht tief.

      „Wir sind hier fertig. Ich gebe Meldung, dass wir zum Lager zurückkehren“, ließ er seine Männer wissen, die alle nickten. „Reitet vor. Ich komme nach.“ Er wendete sein Pferd und trieb es an. Er wollte schnell alles klären und hoffte, rechtzeitig im Lager zu sein, bevor Neyla anderweitig beschäftigt war.

      Der Sonnenaufgang war fast schon wieder greifbar, als die ersten Männer kamen. Sie sahen durchweg aus, wie man eben aussah, wenn man von einem Schlachtfeld kam. Verdreckt und blutverschmiert. Jáne hatte Wachen angeheuert, die alle Männer wegschickten, die verletzt waren, schon zu betrunken oder noch in Kampfstimmung.

      Sie hatte erklärt, dass viele noch aufgeheizt von den Kämpfen waren und vergaßen, dass die Frauen eben keine Männer seinen, gegen die man noch kämpfen musste. Es diente also rein der Sicherheit der Mädchen. Es kamen trotzdem genug durch die Prüfung und so bildeten sich schnell Schlangen vor den einzelnen Zelten der Huren. Auch vor Jamies Zelt warteten Männer, doch bis jetzt hatte sie keinen zu sich gelassen.

      Sie hatte die Kampfgeräusche aus der Ferne gehört und auch die Schreie von Leuten, die sich nicht wehren konnten und trotzdem sterben mussten. Auch wenn Jamie gedacht hatte, die Geschehnisse von Helven hinter sich gelassen zu haben, traf es sie doch noch immer.

      Die Wache vor ihrem Zelt klopfte an den Pfosten. „Neyla? Hier möchte jemand zu dir.“

      Natürlich. Einige wollten das. „Ich bin noch nicht bereit“, sagte sie und hatte im Gefühl, dass es diese Nacht keiner zu ihr schaffen würde.

      „Er sagt, er sei ein Freund.“

      Sind sie das nicht alle? „Bitte. Nein. Ich möchte nicht.“

      „Neyla?“, drang eine andere Stimme zu ihr und sie erkannte sie.

      Jamie stand auf und ging zum Eingang. Die Wache stand mittig vor der Plane, die als Tür diente und Jamie spähte vorsichtig an dem Mann vorbei. Océan stand vor dem Zelt, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und lächelte vorsichtig.

      „Océan. Hallo.“ Sie schob sich an die Seite der Wache und gab ihr ein Zeichen, dass es in Ordnung war, wenn der Elf näherkam.

      Océan machte einen Schritt und reichte ihr eine Hand. „Darf ich dich entführen?“, fragte er noch immer lächelnd.

      „Es tut mir leid. Ich glaube nicht, dass ich ...“

      „Bitte. Nur ein Spaziergang, nicht mehr. Ich passe gut auf dich auf. Versprochen.“ Er wandte kurz den Kopf zur Schlange vor ihrem Zelt, dann sah er wieder sie an.

      Jamie überlegte, entschied aber, dass ein Spaziergang nicht schlimm war. Und da sie den Elf als recht nett kennengelernt hatte, vertraute sie ihm, dass er ihr nichts tun würde. Außerdem war er einer von Dawers Männern und er sah weder angetrunken noch vom Kampf zu erhitzt aus.

      Sie nickte und gab ihrer Wache ein Zeichen. Er nickte zurück und machte sich auf den Weg zu Jáne, um ihr über Jamies Verbleib Auskunft zu geben.

      „Ich danke dir, Neyla“, lächelte der Elf und hielt ihr den Arm hin, in den sie sich einhakte. Gemeinsam liefen sie durch das Lager und weiter Richtung Rand, wo es ruhiger war.

      „Geht es euch allen gut?“, fragte sie ihn schließlich und hoffte tatsächlich, dass seine Truppe heil aus dem Kampf gekommen war. Sie musterte ihn kurz. Er hatte seine Rüstung schon abgelegt und sich Blut und Schmutz von der Haut gewaschen. Seine Haare waren noch nass und glänzten im Schein einzelner Feuer.

      „Alles bestens. Ein paar Schnitte und Kratzer, aber alles im normalen Bereich.“ Wieder lächelte er freundlich, wobei das Grün seiner Augen funkelte, als würde es angestrahlt werden.

      Jamie schwieg