können, dann besteht die Möglichkeit, mittels der Profitabilität eines Unternehmens Aussagen über seine Marktmacht zu treffen. Hierzu sind eine Reihe von Verfahren und Methoden entwickelt worden, die allerdings auch aufgrund einer Reihe schwerwiegender konzeptioneller Probleme bestenfalls nur Indizien für die Existenz von Marktmacht eines Unternehmens liefern können.33
Da bei vollkommenem Wettbewerb die Grenzkosten gleich dem Preis sind, könnte man den Grad der Marktmacht dadurch feststellen, dass man den Preis ermittelt, der bei vollkommenem Wettbewerb herrschen würde, d.h. den wettbewerbsanalogen Preis.34 Dies wäre unter Umständen mithilfe einer Vergleichsmarktanalyse erreichbar. Hierzu betrachtet man einen in zeitlicher, räumlicher oder sachlicher Hinsicht getrennten Markt, über den Informationen vorliegen, die darauf hindeuten, dass dort wirksamer Wettbewerb herrscht. Weichen die Preise in diesem Vergleichsmarkt signifikant und dauerhaft von denen im untersuchten Markt ab, dann würde dies auf das Vorliegen von Marktmacht hinweisen.35 Allerdings wird es in der Praxis häufig schwierig sein, einen Vergleichsmarkt zu finden, der dem betrachteten in jeder Hinsicht (Angebot, Nachfrage, Technologien etc.) nahe kommt. Die Unterschiede zwischen den Märkten müssten deutlich gemacht und durch Zu- oder Abschläge berücksichtigt werden. Wie diese Korrekturfaktoren jedoch zu bestimmen wären, ist häufig nicht klar. Daher sind derartige Verfahren nur mit großer Vorsicht zu verwenden.36
Eine weitere prinzipielle Möglichkeit der direkten Feststellung von Marktmacht bietet die Ermittlung der Preiselastizität der Residualnachfrage.37 In die Residualnachfrage gehen jedoch nicht nur die Reaktionen der Nachfrager ein, sondern auch das Angebotsverhalten aktueller und potentieller Wettbewerber. Die Ermittlung der Angebotssubstitution ist jedoch häufig nicht unproblematisch.38 Die direkte Ermittlung von Marktmacht gestaltet sich daher im Allgemeinen als schwierig. Um eine akzeptable Schätzung der Residualnachfragefunktion eines Unternehmens zu erhalten, ist in der Regel eine aufwendige ökonometrische Analyse erforderlich.39 Hierfür müssen jedoch hinreichend viele Daten über längere Zeiträume vorliegen. Dabei sollten die Bedingungen auf dem betrachteten Markt im Zeitablauf auch relativ unverändert geblieben sein, da durch Änderungen in den Produkten oder den Präferenzen der Nachfrager die Daten und das Resultat an Aussagekraft einbüßen. Wenn jedoch diese Bedingungen erfüllt sind, dann erlaubt eine solche Analyse relativ präzise Aussagen über die Marktmacht eines Unternehmens.40
Wenn quantitative Aussagen über die Marktmacht von Unternehmen getroffen werden, so müssen diese durch empirische Evidenz gestützt werden. Hier können z.B. die Marktkenntnisse von Experten, Informationen über das Verhalten der Nachfrager im Fall von Preissenkungen, die von den Marketingabteilungen der Unternehmen bereitgestellt werden können, Informationen über den Zusammenhang zwischen Marktstruktur und Preisen sowie über die Art der Produktdifferenzierung im Markt herangezogen werden.41
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine direkte Ermittlung der Marktmacht eines Unternehmens im Allgemeinen schwierig ist und zahlreiche Probleme auftreten können. Zwar gibt es einige Methoden, mit denen dies im Prinzip möglich ist, wie z.B. durch die Schätzung der Elastizität der Residualnachfrage, aber diese Verfahren sind aufwendig und nur unter sehr spezifischen Bedingungen anwendbar. Aus diesen Gründen wird man in den meisten Fällen darauf zurückgreifen müssen, Marktmacht auf indirekte Weise zu erfassen.
30 Vgl. Bresnahan (1989). 31 Bei Konsumgütern könnte man den durchschnittlichen Preis durch Scannerdaten feststellen, bei anderen Gütern ist die Preisermittlung schwieriger, da hierüber häufig keine ausreichenden Daten vorliegen oder kein eigentlicher Marktpreis existiert, da der Preis durch Verhandlungen zwischen Käufern und Verkäufern bestimmt wird. Beobachtet man den Preis in einer Phase, in der ein marktbeherrschendes Unternehmen durch Kampfpreise versucht, Konkurrenten vom Markt zu verdrängen, dann würde der Preis bei der Ermittlung von Marktmacht einen falschen Schluss nahe legen. 32 Vgl. Motta (2004), 116. 33 Vgl. Office of Fair Trading (2003b). 34 „One would simply identify the competitive price level and then compare it with the observed price level. If the observed price level were significantly above the competitive price level then the firm can be deemed to hold a dominant position (i.e. the ability to charge prices significantly in excess of the competitive level).“ Office of Fair Trading (2001), 17. 35 Vgl. Hausman/Sidak (2007). 36 Vgl. Schmidt, I. (2005), 152–154. 37 Vgl. Baker/Bresnahan (1988); Scheffman (1992) sowie Werden (1998). 38 Vgl. S. 98 und die dort angegebene Literatur. 39 Vgl. z.B. Baker/Bresnahan (2008). 40 Die bisher angesprochenen Methoden zur direkten Ermittlung von Marktmacht beziehen sich auf den Fall bereits existierender Marktmacht. Aber auch für die prospektive Frage, ob durch eine Fusion Marktmacht entsteht oder vergrößert wird, sind Methoden und empirische Verfahren entwickelt worden, um eine direkte Aussage über die Änderung in der Marktmacht der beteiligten Unternehmen treffen zu können. Diese Verfahren werden auf den Seiten 332–448 dargestellt. 41 Vgl. Baker/Bresnahan (2008).
II. Indirekte Erfassung von Marktmacht
Die indirekte Erfassung von Marktmacht basiert darauf, dass von den Marktanteilen, die ein Unternehmen hat, ein Rückschluss auf die Marktmacht gezogen wird. Analog kann anhand von erwarteten Änderungen in den Marktanteilen aufgrund einer Fusion eine Aussage über die Änderung von Marktmacht, d.h. die Entstehung oder Veränderung einer marktbeherrschenden Stellung, getroffen werden. Wenn der Marktanteil als Indiz für Marktmacht verwendet wird, dann sollte der Markt so abgegrenzt sein, dass die Marktanteile ein möglichst präzises Bild der Marktmacht bzw. des Grades der Marktbeherrschung geben. Ein exaktes Bild kann es aus konzeptionellen Gründen nicht sein, da auch bei großen Marktanteilen eines Unternehmens nicht notwendig Marktmacht vorliegen muss, z.B. wenn die Nachfrage sehr preiselastisch reagiert. Bei der indirekten Ermittlung von Marktmacht geht man also in drei Schritten vor: Zuerst wird ein Markt abgegrenzt, dann werden die Marktanteile der Unternehmen bestimmt und schließlich müssen diese Marktanteile unter Berücksichtigung der Wettbewerbsbedingungen auf diesem Markt interpretiert werden, um eine Aussage darüber treffen zu können, ob Marktbeherrschung vorliegt, bzw. ob durch einen Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird.42 Dabei sind neben den Marktanteilen als Maß für die Konzentration und als Indiz für das Vorliegen von Marktmacht noch weitere Aspekte bei der Beurteilung der wettbewerblichen Situation auf einem Markt zu berücksichtigen. So könnte z.B. eine erhebliche Nachfragemacht dazu führen, dass selbst bei hohen Marktanteilen ein Unternehmen die Preise nicht signifikant über das Wettbewerbsniveau anheben kann. Eine ähnliche Rolle kann der potentielle Wettbewerb spielen. Die Abgrenzung des relevanten Marktes ist also aus ökonomischer Sicht nur ein Instrument, Hilfsmittel und Zwischenschritt, um das eigentliche Ziel zu erreichen, die Feststellung und Beurteilung von Marktmacht.43
42 „... that the analysis does not end when the market has been defined and that simpleminded measures of market power or concentration, like simple-minded binary treatments of market definition, are unlikely to be adequate substitutes for a full analysis.“ Fisher (1987), 28. 43 Vgl. Bishop/Walker (2010), 108; Werden (1983), 516 sowie Werden (1992), 197.
1. Abgrenzung von Märkten – Ökonomische Marktkonzepte
In der Wirtschaftstheorie werden, je nach Frage und Erkenntnisinteresse,