Daniel Zimmer

Kartellrecht und Ökonomie


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indirekten Netzeffektes ab: Diejenige Gruppe, die die größeren indirekten Netzeffekte verursacht, wird in der Regel einen niedrigeren Preis zahlen, bzw. diejenige mit der geringeren Netzwerkexternalität einen höheren.14

       V. Marktmacht auf Ausschreibungs- und Bietermärkten

      Aus diesen Gründen entsprechen Bieter- und Ausschreibungsmärkte, wenn die dort aktiven Unternehmen sich hinsichtlich ihrer Kosten nicht signifikant unterscheiden, Märkten mit Bertrand-Wettbewerb, d.h. es liegt ein sehr hoher Wettbewerbsdruck vor und die Preise werden auf dem Niveau der Grenzkosten liegen. Aus diesem Grunde sind Marktanteile in Bieter- und Ausschreibungsmärkten von eher untergeordneter Bedeutung. Wenn auch der Zutritt in einen solchen Markt einfach möglich ist, dann liegt sogar die Situation eines bestreitbaren Marktes vor, in dem auch große Marktanteile einzelner Unternehmen keinen Rückschluss über die Marktmacht erlauben.

      Dieses Argument muss jedoch relativiert werden, wenn es sich um Ausschreibungs- bzw. Bietermärkte mit differenzierten Produkten handelt, in denen wiederholt Transaktionen in geringem Umfang stattfinden. In solchen Fällen können im Gleichgewicht auch Preise resultieren, die über den Grenzkosten liegen. In solchen Märkten können daher die Anzahl und die Größe der Bieter im Markt einen signifikanten Einfluss auf das Marktergebnis haben.

      1 Diese Definition der Marktmacht ist in der Wirtschaftstheorie allgemein gebräuchlich. „A firm has market power if it finds it profitable to raise price above marginal cost.“ Church/Ware (2000), 29. „Market power may be defined as the ability to set prices above cost, especially above incremental or marginal cost, that is, the cost of producing an extra unit.“ Cabral (2000), 6. „Since the lowest possible price a firm can profitably charge is the price which equals the marginal cost of production, market power is usually defined as the difference between the prices charged by a firm and its marginal costs of production.“ Motta (2004), 40f. 2 Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Preis im Allgemeinen eine leicht zu beobachtende Größe, Qualität jedoch nur schwer feststellbar ist. Dies ändert jedoch nichts an der prinzipiellen Anwendbarkeit der Definition. Ansätze hierzu liefert die Methode der „hedonic prices“. Vgl. hierzu Rosen (1974). 3 Benannt nach dem Ökonomen Abba Lerner (1903–1982). Der nach ihm benannte Index findet sich in Lerner (1934). 4 Die folgenden Ausführungen dienen vor allem dazu, die dem Lerner-Index unterliegenden Konzepte zu beschreiben. Daher wird nur der Fall betrachtet, in dem jedes Unternehmen nur ein Gut herstellt. Bei Mehrproduktunternehmen können Situationen auftreten, die mit dieser einfachen Form des Lerner-Index nicht erfasst werden können. So kann ein Mehrproduktmonopol, das komplementäre Güter herstellt, ein Gut sogar zu Preisen unter den Grenzkosten anbieten, um die Nachfrage nach einem anderen zu stimulieren. Vgl. Schmalensee (1982). 5 Dieses Ergebnis folgt, wenn der Monopolist seinen Gewinn maximiert. Es wird dabei unterstellt, dass der Monopolist keine Preisdiskriminierung betreibt. 6 Allerdings können selbst in einem Falle, in dem bei einer Preiserhöhung die Nachfrage elastisch reagiert, die Gewinne zunehmen, nämlich wenn die mit der geringeren Ausbringungsmenge verbundenen Kosten stärker abnehmen als die Umsätze. Vgl. S. 122–128 (kritische Elastizitäten). 7 Diese Aussage gilt nicht nur für ein Monopol, sondern für jedes Unternehmen, das seinen Gewinn maximiert. 8 Dies entspricht der Situation, in der sich ein Unternehmen bei vollkommenem Wettbewerb befindet, das sich ebenfalls einer vollständig elastischen Nachfrage gegenübersieht. 9 Zur Verhaltenskoordination im Oligopol vgl. S. 450–456. 10 Zur Unterscheidung zwischen aggregierter und residualer Nachfrage vgl. Carlton/Perloff (2005), 66–69. 11 Vgl. Carlton/Perloff (2005), 66. 12 Zur Herleitung vgl. Carlton/Perloff (2005), 68. 13 Vgl. Baker/Bresnahan (1988), 286; Hausman/Leonard/Zona (1992), 896; Landes/Posner (1981), 962. 14 Vgl. Rochet/Tirole (2006). 15 Vgl. Wright (2003); Evans/Schmalensee (2008). 16 Einen Überblick über die Auktionstheorie geben Krishna (2010) oder Milgrom (2004). 17 Zu Bieter- und Ausschreibungsmärkten vgl. Klemperer (2008).

       B. Marktmacht, Marktbeherrschung und wirksamer Wettbewerb – ökonomische und juristische Aspekte

      Der Lerner-Index als Konzept zur Erfassung von Marktmacht ist wirtschaftstheoretisch fundiert und kann im Prinzip auf alle Marktformen angewandt werden. Er macht deutlich, dass die Marktmacht eines Unternehmens oder einer Gruppe