sind für das Entstehen monopolähnlicher Marktstrukturen in der digitalen Ökonomie in aller Regel andere Ursachen verantwortlich als bei den traditionellen Infrastrukturmonopolen, wie sie vor allem in netzgebundenen Sektoren auftreten. So handelt es sich bei Netzindustrien wie Stromübertragungsnetzen oder Gasfernleitungen, das Schienennetz der Eisenbahn oder Leitungsnetze in der Wasserversorgung, um „natürliche Monopole“, die aufgrund technologischer Ursachen existieren.108 Diese Branchen sind durch hohe Fixkosten für das Netz und vergleichsweise geringe variable Kosten gekennzeichnet. Diese Kostenstrukturen führen in der Regel zu sinkenden Stückkosten im relevanten Bereich der Nachfrage beziehungsweise zu einer subadditiven Kostenfunktion. Solche Kostenfunktionen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Produktion jeder beliebigen Menge in einem einzigen Unternehmen günstiger ist als eine Aufteilung der Produktionsmenge auf mehrere Unternehmen.109 In solchen Wirtschaftszweigen ist es sinnvoll, die gesamte Produktion in nur einem Unternehmen herzustellen, denn dann sind die Stückkosten am geringsten und eine ineffiziente Verdopplung der Fixkosten wird vermieden.
Ähnliches gilt für wesentliche Einrichtungen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass eine Doppelung bzw. Reproduktion technisch, wie z.B. bei einem Hafen, und/oder ökonomisch nicht sinnvoll ist, diese Einrichtungen aber für ein Unternehmen notwendig sind, wenn es Leistungen anbieten möchte, die die Nutzung eines solchen Netzwerks erforderlich machen.110 In beiden Fällen, bei einem natürlichen Monopol, aber auch bei einer wesentlichen Einrichtung, ist eine Regulierung notwendig, da sonst monopolistisch überhöhte Preise gefordert würden, was zu erheblichen Verlusten an allokativer und vermutlich auch produktiver und dynamischer Effizienz führen würde.
In der digitalen Ökonomie sind die Ursachen für Monopolbildungen jedoch oft andere als die technischen Bedingungen, wie sie typischerweise in den netzgebundenen Industrien vorliegen. Hier sind „große“ Unternehmen meist digitale Plattformen, die in der ökonomischen Literatur auch als Plattformmärkte bzw. zwei- oder mehrseitige Märkte bezeichnet werden.111 Derartige Plattformmärkte zeichnen sich dadurch aus, dass dort mehrere Nutzergruppen zusammengeführt werden, die unterschiedliche Interessen bzw. Präferenzen haben.112
Beispiele hierfür sind die in den letzten Jahren populär gewordenen Sharing-Plattformen, die zwischen Privatpersonen die temporäre Nutzung dauerhafter Güter und damit verbundene Dienstleistungen vermitteln. Zum Beispiel werden Wohnungen kurzzeitig an Gäste, die z.B. eine Städtereise machen, vermietet. Hier liegen positive indirekte Netzwerkeffekte zwischen den Nutzgruppen der Vermieter und der potentiellen Mieter vor, da die Plattform für potentielle Mieter umso attraktiver wird, je mehr Wohnungen dort angeboten werden, und in gleicher Weise ist die Plattform für Vermieter umso interessanter, je mehr Mieter dort nach einer Unterkunft suchen.113 Je größer also die Zahl der Nutzer auf der einen Marktseite ist, desto größer ist der Nutzen der Plattform bei den Akteuren auf der anderen Seite. Ohne solche Plattformen könnten Transaktionen normalerweise nicht durchgeführt werden, denn die damit verbundenen Kosten wären so hoch, dass bestenfalls in Ausnahmefällen zwischen den Akteuren ein Handel stattfinden würde. Anders ausgedrückt: Ohne diese Marktplätze könnten diese positiven Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Nutzergruppen nicht ausgenutzt werden.
Dabei müssen diese Netzwerkeffekte nicht in gleicher Stärke bei den verschiedenen Nutzergruppen vorhanden sein, wie das Beispiel von Suchmaschinen zeigt. Hier treffen einerseits Nutzer, die nach Informationen suchen, und andererseits Werbung treibende Unternehmen zusammen. Für werbende Unternehmen ist eine Plattform umso attraktiver, je mehr Nutzer, die nach Informationen suchen, auf der Plattform aktiv sind. Ihre Suchanfragen und ihr Klickverhalten ermöglichen es der Plattform, mithilfe datenanalytischer Methoden Informationen über Präferenzen, Interessen und Zahlungsbereitschaften der individuellen Nutzer zu ermitteln und daraus Nutzerprofile zu generieren.114 Diese präzisen Nutzerprofile sind nun wiederum für werbende Unternehmen interessant, weil sie aufgrund dieser Informationen zielgerichtete, personalisierte Werbung auf der Plattform platzieren können. Die indirekten Netzwerkeffekte, die von der Seite der Unternehmen auf die Konsumenten wirken, sind hingegen vergleichsweise schwach, da durch die Werbung der Unternehmen die Plattform für die andere Marktseite (die Konsumenten) nicht erheblich an Attraktivität gewinnt. Eine solche Plattform wird daher vor allem darum bemüht sein, dass eine möglichst große Anzahl potentieller Käufer die Plattform nutzt, um sie für Unternehmen attraktiv zu machen. Dies kann sie dadurch erreichen, dass die Suchmaschine nur einen geringen Preis, mglw. sogar nur einen monetären Preis von Null für die Nutzung der Suchfunktion verlangt. Ihre Einnahmen erzielt sie vor allem über den Verkauf von Werbefläche an die Unternehmen. Insgesamt profitieren jedoch beide Marktseiten: die Konsumenten erhalten die Information, die sie wünschen, und Werbung treibende Unternehmen erreichen die für sie relevanten Zielgruppen.115
Bei manchen Plattformen können direkte und indirekte Netzwerkeffekte auch simultan auftreten, wie das z.B. bei sozialen Netzwerken der Fall ist. Bei den beteiligten Nutzergruppen handelt es sich zum einen um die Nutzer, die soziale Kontakte pflegen möchten und zum anderen, ähnlich wie bei Suchmaschinen, um die Werbung treibenden Unternehmen. Neben den indirekten Netzwerkeffekten zwischen denjenigen, die soziale Kontakte pflegen möchten, und den Unternehmen gibt es hier direkte Netzwerkeffekte: Je größer die Anzahl von Freunden und Bekannten ist, die in einem sozialen Netzwerk aktiv sind, umso attraktiver wird es für den Einzelnen, dieses soziale Netzwerk ebenfalls zu nutzen.116
Bei Plattformmärkten mit direkten Netzwerkeffekten, aber auch auf zwei- und mehrseitigen Märkten kann also aufgrund der Netzwerkeffekte bei Erreichen einer „kritischen Masse“ an Nutzern ein Prozess einsetzen, der als „Kippen“ bzw. „Tipping“ bezeichnet wird. Wenn eine genügend große Zahl von Nutzern erst einmal auf einer Plattform aktiv ist, dann werden Nutzer anderer Plattformen zu dieser großen Plattform wechseln und auch neue Nutzer werden sich ihr anschließen. Der Wettbewerb ist also nicht durch einen Wettbewerb im Markt gekennzeichnet, bei dem mehrere Unternehmen um Kunden konkurrieren, sondern durch einen Wettbewerb um den Markt, bei dem ein Unternehmen zumindest für einen bestimmten Zeitraum diesen Markt dominiert.
Allerdings entstehen nicht bei allen solchen Plattformmärkten solche monopolistischen Strukturen. Eine Reihe von Märkten zeichnet sich dadurch aus, dass es hier eine ganze Reihe koexistierender Marktplätze gibt, die sich einen intensiven Wettbewerb liefern. Ein Beispiel hierfür sind Partnerbörsen, die sich auf verschiedene Kategorien von Nutzern spezialisiert haben. Bei diesen Geschäftsmodellen ist weniger die reine Anzahl der Nutzer entscheidend, sondern die Charakteristika derjenigen, die auf der jeweiligen Plattform aktiv sind.
II. Preisgestaltung auf Plattformmärkten
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie eine solche Plattform die Preise für die verschiedenen Nutzergruppen festlegen sollte. So ist zum Beispiel eine Auktionsplattform für Käufer nur wenig attraktiv, wenn es dort nur eine kleine Zahl von Verkäufern gibt, die dort ihre Produkte anbieten, denn dann ist es für einen potentiellen Käufer vergleichsweise unwahrscheinlich, dass er das gesuchte Objekt hier findet. In gleicher Weise ist die Plattform für potentielle Verkäufer uninteressant, wenn es nur wenige Käufer gibt, denn dann ist die Chance gering, die eigenen Produkte verkaufen zu können. Die Plattform wird daher eine Preisstruktur wählen, bei der eine möglichst große Zahl an Transaktionen stattfinden kann, denn sie verdient an jeder Transaktion. Beide Marktseiten müssen also einen Anreiz haben, die Plattform zu nutzen. Dabei kann es sich für die Plattform als optimal erweisen, auf einer Marktseite einen Preis in Höhe von null zu verlangen.117 Dies ist zum Beispiel bei Suchmaschinen der Fall, bei denen der Suchende zumindest keinen monetären Preis für eine Suchanfrage zu entrichten hat. Lediglich die Werbung treibenden Unternehmen müssen an die Plattform bei der Platzierung einer Anzeige eine Zahlung leisten. In vielen Fällen wird die Plattform eine Preisstruktur wählen, die man als zweiteiligen Tarif bezeichnet. Dieser besteht aus einer fixen Grund- bzw. Teilnahmegebühr und einem Preis pro Einheit, z.B. des Schaltens einer Werbeanzeige (pay per impression) oder wenn ein Nutzer auf eine eingeblendete Werbeanzeige klickt (pay per click). Andere Plattformen hingegen verlangen nur einen Preis pro Einheit.118
In einem zwei- oder mehrseitigen Markt führt eine Änderung der Preisstruktur