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Strafrecht Besonderer Teil


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nicht aus […]. Die Benutzung eines solchen Mittels zur Tötung eines Menschen ist allerdings dann kein Mord mit einem gemeingefährlichen Mittel, wenn der Täter es in der konkreten Tatsituation unter Berücksichtigung seiner persönlichen Fertigkeiten so beherrscht, daß deswegen eine Gefährdung jedenfalls einer Mehrzahl von Menschen ausgeschlossen ist, wenn er z.B. Gift nicht in den Kessel einer Gemeinschaftsküche, sondern in den Teller des Opfers gibt.«[147] Im Ergebnis kommt es für die Annahme einer Tötung durch gemeingefährliche Mittel hiernach darauf an, dass das vom Täter eingesetzte Tötungsmittel »in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat.«[148] Exemplarisch sind insoweit Brand-, Spreng- und radioaktive Stoffe sowie Schnellfeuerwaffen, mit denen in eine Menschenmenge geschossen wird, aber auch ein PKW, der nachts von einem Geisterfahrer auf einer Autobahn entgegen der Fahrtrichtung geführt wird.[149] Ob es tatsächlich zu einer konkreten Gefährdung mehrerer Personen gekommen ist, ist für die Tatbestandsverwirklichung ohne Bedeutung, es genügt, dass eine hinreichende Gefährdung im Einzelfall möglich gewesen ist.[150]

      69(4) Leitentscheidungen:BGHSt 23, 119, 120f.; Arglosigkeit Schlafender & Motivbündel: Wenige Tage nachdem ein Mann mit seiner Lebensgefährtin eine von ihm eingerichtete Wohnung bezogen hat, kommt es zwischen ihnen zu einer heftigen Auseinandersetzung, an deren Ende die Lebensgefährtin den Mann aus der Wohnung verweist. In der darauffolgenden Nacht begibt er sich unbemerkt in die Wohnung und erschlägt die Lebensgefährtin und ihren gemeinsamen Sohn, die sich zum Schlafen niedergelegt haben. Hierdurch möchte der Mann sich für die gefühlte Demütigung rächen. In erster Linie geht es ihm aber darum zu verhindern, dass seine Lebensgefährtin eine neue Beziehung eingeht und dass andere die von ihm eingerichtete Wohnung nutzen. – Es liegt eine heimtückische Tötung vor, da der Mann die Arg- und Wehrlosigkeit der Lebensgefährtin sowie des Sohnes ausgenutzt hat. Die die Wehrlosigkeit begründende Arglosigkeit entfällt nicht deshalb, weil die Tatopfer schliefen und daher nicht in der Lage waren, den Angriff zu bemerken. Vielmehr nimmt derjenige, der sich zum Schlaf niederlegt, seine Arglosigkeit regelmäßig mit in den Schlaf und legt sie bis zum Zeitpunkt des Aufwachens auch nicht wieder ab. Erfüllt ist ferner das Mordmerkmal des niedrigen Beweggrundes. Zwar können die Enttäuschung des Mannes und die von ihm gefühlte Demütigung noch nachvollzogen werden. In Fällen, in denen der Tötungsentschluss |34|auf mehreren Motiven beruht, ist bei der Bewertung der Tat jedoch auf die bewusstseinsdominanten Motive abzustellen. Dies waren vorliegend die eigensüchtigen Erwägungen des Mannes, dass seine Lebensgefährtin keine neue Beziehung eingehen und niemand außer ihm von der neu eingerichteten Wohnung profitieren soll.

      70BGH NStZ 2006, 167, 168; Gemeingefährliches Mittel: Der Betreiber eines Lokals, der infolge starken Alkoholkonsums eine BAK von 2,2 ‰ aufweist, gerät im Anschluss an eine Auseinandersetzung mit seiner Lebensgefährtin in eine depressive Stimmung. Er begibt sich hierauf in seinen PKW und lenkt diesen mit einer Geschwindigkeit von 35 km/h über einen Gehweg, auf dem sich die Außenterrassen von zwei Cafés befinden. Der PKW streift 5 Personen und verletzt diese, 3 weitere Personen können rechtzeitig zur Seite springen. Zuletzt erfasst der Lokalbetreiber mit dem Fahrzeug einen an einem Tisch sitzenden Mann, der unter das Fahrzeug gezogen und lebensgefährlich verletzt wird. Die Tötung und Verletzung von Menschen hatte der Lokalbetreiber in Kauf genommen. – Der Lokalbetreiber ist unter anderem strafbar wegen versuchten Mordes mit gemeingefährlichen Mitteln. Gemeingefährliche Mittel sind solche, die in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden können, weil der Täter die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. Entscheidend ist dabei nicht die abstrakte Gefährlichkeit eines Mittels, sondern die Wirkung in der konkreten Situation, so dass das Mordmerkmal auch dann erfüllt sein kann, wenn ein nach seiner äußeren Beschaffenheit ungefährliches Mittel auf gemeingefährliche Weise eingesetzt wird. Da die Anzahl der durch sein Fahrzeug gefährdeten Personen für ihn nicht berechenbar war und er den Umfang der durch die unkontrollierte Fahrt verursachten Gefährdung nicht beherrschen konnte, hat der Lokalbetreiber die Tat mit einem gemeingefährlichen Mittel begangen.

      71BGH NStZ 2012, 35; Heimtücke: Ein Gaststättenbesucher gerät während der Fußballweltmeisterschaft mit zwei anderen Gästen der Gaststätte in eine verbale Auseinandersetzung, wobei er fälschlich bestreitet, dass Italien bereits viermal Fußballweltmeister geworden ist. Im Anschluss an eine Rempelei mit einem der anderen Gäste geht der Gaststättenbesucher nach Hause, nimmt eine geladene Pistole an sich und geht zurück ins Lokal. Nachdem er dort einen der völlig überraschten und unvorbereiteten Gäste erschossen hat, bittet der andere mit den Worten »nein, nicht« ihn zu verschonen. Nunmehr entschließt sich der Gaststättenbesucher, auch den anderen Gast zu erschießen und tötet diesen mit zwei weiteren Schüssen. – Während die Tötung des ersten Gastes als heimtückisch zu bewerten ist, da dieser trotz der vorherigen Auseinandersetzung mit dem Gaststättenbesucher nicht mit einem Angriff auf seine körperliche Unversehrtheit rechnete und infolgedessen zur Verteidigung außer Stande war, erfüllt die Tötung des zweiten Gastes nicht das Heimtückemerkmal. Den Entschluss, auch den zweiten Gast zu töten, fasste der Gaststättenbesucher erst zu einem Zeitpunkt, in dem dieser aufgrund der Beobachtung des vorangegangenen Geschehens die Gefahr erkannt hatte und daher nicht mehr arglos war. Da es für |35|die Prüfung der Arglosigkeit auf den Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens zur Tötung des jeweiligen Opfers ankommt, liegt hinsichtlich des zweiten Gastes das Heimtückemerkmal nicht vor. Handelte der Gaststättenbesucher allein aus Verärgerung über den vorangegangenen Streit über die Weltmeistertitel Italiens, liegt hinsichtlich der Tötung beider Gäste jedoch das Mordmerkmal des niedrigen Beweggrundes vor.

      cc) Mordmerkmale der 3. Gruppe

      72In der 3. Gruppe werden die täterbezogenen subjektiven Unrechtsmerkmale der Ermöglichungs- und Verdeckungsabsicht zusammengefasst. Ihre Zuordnung zu § 211 StGB ergibt sich daraus, dass der Täter besonders verwerfliche Zwecke verfolgt, es ihm namentlich gerade darauf ankommt, durch die Tötung eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken. »Der besondere Unwert der Tötung, um eine andere Straftat zu ermöglichen, liegt darin, daß sie der Begehung kriminellen Unrechts dienen soll […]. Die erhöhte Verwerflichkeit […] ergibt sich aus der Bereitschaft, zur Durchsetzung krimineller Ziele ›notfalls über Leichen zu gehen‹«[151]. Im Hinblick auf das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht folgt die besondere Verwerflichkeit demgegenüber »aus der Verknüpfung von Unrecht mit weiterem Unrecht durch den Täter«[152].

      73Mit dem Erfordernis eines absichtlichen Handelns hinsichtlich der Ermöglichung bzw. Verdeckung einer anderen Straftat weisen Ermöglichungs- und Verdeckungsabsicht zwei identische Tatbestandsvoraussetzungen auf. »Andere Straftat« ist in diesem Zusammenhang nur eine solche, die sämtliche Strafbarkeitsvoraussetzungen eines Verbrechens oder Vergehens erfüllt, so dass bloße Ordnungswidrigkeiten nicht ausreichen.[153] Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine andere Straftat vorliegt, ist allein die subjektive Sachverhaltsvorstellung des Täters. Insbesondere ist es »rechtlich bedeutungslos, ob die andere Straftat, die der Täter verdecken will, in Wirklichkeit begangen ist oder nicht; sie ist kein Tatbestandsmerkmal. Zur Verurteilung wegen vollendeten Mordes genügt es sonach, daß der Täter […] sich vorstellt, er habe eine andere Straftat begangen, und daß er tötet, um die vermeintliche Straftat zu verdecken.«[154] Ebenfalls ohne Bedeutung für die Tatbestandsverwirklichung ist, ob es sich bei der zu ermöglichenden oder zu verdeckenden Tat um eine solche des Täters oder eines Dritten handelt und ob die Tat prozessual verfolgbar ist, bzw. wäre.[155]

      74Die Absicht des Täters, die andere Straftat zu ermöglichen bzw. zu verdecken, muss zwar nicht sein alleiniges, wohl aber doch das dominierende Tatmotiv sein.[156] Erforderlich ist ein zielgerichtetes Wollen, d.h. ein Handeln |36|mit dolus directus 1. Gerades hinsichtlich der Ermöglichung oder Verdeckung einer anderen Straftat. Hinsichtlich der Tötung selbst genügt grundsätzlich bedingter Vorsatz, jedoch stellt diese für den Täter in der Mehrzahl der Fälle ein notwendiges Zwischenziel dar und ist dann ebenfalls von ihm beabsichtigt.[157]

      75Abb. 4: Mordmerkmale der 3. Gruppe