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Deutsche und Europäische Juristen aus neun Jahrhunderten


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      Am 29.5.1673 in Middelburg als Sohn eines Segelmachers geboren. Nach Besuch der städtischen Lateinschule 1689, wohl auf Wunsch seiner Eltern, Beginn des Theologiestudiums in Franeker. Nach einem Brief des Professors Cornelis van Eck an die Eltern von B. stimmen diese zu, dass er 1691 zum Studium der Rechtswissenschaft vor allem bei Cornelis van Eck und → U. HuberHuber, Ulrich (1636–1694) wechselt. 16.5.1694 promoviert B. mit der Schrift „Disputatio de pactis juris stricti contractibus in continenti adjectis“. Danach Niederlassung als Rechtsanwalt in Den Haag, wo er zehn Jahre tätig ist. 1704 wird B. Ratsherr beim Großen Rat von Holland, Seeland und Westfriesland. 1724 wird er dessen Präsident. B.s Temperament führt auch zu |89|per sönlich gefärbten Kontroversen mit anderen Juristen. So bezeichnet B. den Groninger Professor Alexander Arnold Pagenstecher als „schwächlichen Denker, Dieb, Schwindler, Vertreter unsinniger juristischer Wahrheiten, übellaunigen Menschen“ und wünscht ihm „Lebe wohl, aber nicht um deinet- oder der Jurisprudenz willen, sondern deiner Frau und Deiner Kinder wegen“. Auch führt B. mit → NoodtNoodt, Gerard (1647–1725) einen Streit über die Frage, ab wann es in Rom verboten war, Kinder auszusetzen. B. stirbt am 16.4.1743 in Den Haag.

      B. ist einer der letzten Vertreter der eleganten niederländischen Schule (die deutsche Terminologie ist uneinheitlich und folgt hier R. Zimmermann), einer Strömung in der niederländischen Rechtswissenschaft vom Ende des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, zu der man außer B. auch Brenkman, → NoodtNoodt, Gerard (1647–1725), Schultingh, Vinnius und wohl auch → U. HuberHuber, Ulrich (1636–1694) rechnet. Diese Schule stellt eine Weiterentwicklung des „mos Gallicus“ (→ AlciatAlciatus, Andreas (1492–1550), BudaeusBudaeus, Guilelmus (Guillaume Budé) (1467–1540)) dar, während der gleichzeitige Usus modernus den „mos Italicus“ fortentwickelt. Ziel der eleganten niederländischen Juristen war es, das klassische römische Recht von den Verfälschungen des Mittelalters zu reinigen; sie bedienten sich dabei humanistischer, historischer und philologischer Methoden, wie etwa Textkritik, Interpolationenforschung, Palingenesie und Altertumsforschung. Allerdings geschah dies selbst bei den Anhängern der antiquarischen Richtung (→ NoodtNoodt, Gerard (1647–1725)) im Blick auf das geltende gemeine Recht, das zudem mit örtlichem aktuellem Recht und naturrechtlichen Erwägungen verbunden wurde. Die Bedeutung der niederländischen eleganten Schule wurde von der historischen Rechtsschule in den Schatten gestellt. Der junge → SavignySavigny, Friedrich Carl v. (1779–1861) steht ihr noch eher positiv gegenüber; später wirft er ihr eine Beschränkung auf Details und ein Arbeiten ohne Methode und System vor.→ JheringJhering, Rudolf von (1818–1892) behauptet sogar, das wahrhafte, nämlich juristische und nicht rechtshistorische, Verständnis des römischen Rechts sei durch die elegante niederländische Schule um nichts gefördert und der juristische Sinn durch sie mehr auf Abwege geführt worden. Heute werden die Leistungen der niederländischen eleganten Schule wieder positiv beurteilt. Sie hat durch die Weiterentwicklung der Rechtswissenschaft nach dem mos Gallicus dem römischen Recht den Weg zu weiterer Bedeutung gewiesen und dessen Erforschung durch ihre Methodik in wissenschaftlichere Bahnen gelenkt. Außerdem haben ihre Vertreter das Verdienst, das gemeine Recht mit dem zeitgenössischen Recht in Verbindung gesetzt zu haben.

      |90|B. hat das römisch-holländische Recht durch seine Rechtsprechung auf dem Hintergrund der eleganten niederländischen Schule und seine ebenfalls in dieser Tradition stehenden Observationes juris romani (1733) mit geprägt. Darüber hinaus ist B. heute vor allem aus zwei Gründen bekannt:

      Zum einen war er für die Entwicklung des Völkerrechts wichtig. In seiner Schrift „De dominio maris dissertatio“ (1702) untersucht B., wie schon vor ihm → GrotiusGrotius, Hugo (Huig de Groot) (1583–1645), die Frage, ob am Meer Eigentum bestehen könne. Anders als → GrotiusGrotius, Hugo (Huig de Groot) (1583–1645) nimmt B. dies im Grundsatz an. Die Grenze des Eigentums zieht er da, wo die Macht des Staates aufhört, die See beherrschen zu können, also zu seiner Zeit die Reichweite der Geschütze. Dies entspricht der lange anerkannten 3-Meilen-Zone. Anders als → GrotiusGrotius, Hugo (Huig de Groot) (1583–1645) vermeidet B. durch die grundsätzliche Eigentumsfähigkeit systemwidrige Ausnahmen für bestimmte Küstenbereiche. Weitere völkerrechtlich relevante Aussagen B.s finden sich in dem Buch „De foro legatorum“ (1721), in dem sich B. mit der Jurisdiktion über Gesandte sowohl in zivilrechtlicher, als auch in strafrechtlicher Sicht äußert und in den „Quaestionum juris publici libri duo“ (1737), in denen sich u.a. Aussagen B.s zum Neutralitätsbegriff finden.

      Zum anderen gewährt B. auch einen hervorragenden Einblick in die Gerichtstätigkeit des Großen Rates. B. hat nämlich zu den von ihm entschiedenen Fällen neben seiner Entscheidung auch Gedanken darüber, Einzelheiten aus der geheimen Beratung und abweichende Meinungen aufgeschrieben. Nach seinem Willen sollten diese Aufzeichnungen nie veröffentlicht werden und waren auch lange Zeit verschollen. Doch wurden sie 1914 wieder aufgefunden und sind ab 1926 unter dem Titel „Observationes tumultuariae“ erschienen.

      Hauptwerke: Disputatio de cumulatione et concursu actionum, 1692. – Disputatio universi juris feudalis delineationem exhibens, 1693. – Disputatio pro eunomia Romana, 1693. – Disputatio de pactis, juris stricti contractibus in continenti adjectis, 1694 (1697, 1699). – De auctore auctoribusve authenticarum diatriba, 1697 (1699). – Ad legem „Lecta“ XL Dig. De rebus creditis si certum petatur, liber singularis, 1699. – De dominio maris dissertatio, 1702 (1703). – Ad legem axiosis IX De lege Rhodia de jactu, liber singularis, 1703. – Observationum juris romani libri IV, 1710 (1735). – Opuscula varii argumenti …, 1719 (1729, 1743, 1749, 1752). – De foro legatorum, tam in causa civili quam criminali, liber singularis, 1721. – De jure occidendi et exponendi liberos apud veteres Romanos, ad virum clarissimum Gerardum Noodt, amica responsio, 1723. – Curae secundae de jure occidendi et exponendi liberos apud veteres Romanos. Ad virum clarissimum G. Noodt, 1723 (1743). – Lectionum juris civilis libri II, 1727. – Opera minora, olim separatim, conjunctim edita, 1730. – |91|Observationum juris romani libri IV, quatuor prioribus additi, 1733 (1739), libri VIII, 1749. – Quaestionum juris publici libri duo. Quorum primus est de rebus bellicis, secundus de rebus varii argumenti, 1737. – Quaestionum juris privati libri IV. Quorum plerisque insertae sunt utriusque in Hollandia curiae res de his ipsis quaestionibus judicatae, 1744. – Opera omnia, 1744 (1752, 1761, 1767). – Observationes tumultuariae I 1926, II 1934, III 1946. Bibliographie: R. Dekkers: Bibliotheca Belgica Juridica (1951), 15ff.

      Literatur: K. Akashi: C. v. Bynkershoek: His Contribution to the Development of International Law, 1996. – J.A. Ankum: De Geschiedenis der „actio Pauliana“, 1962. – G.C.J.J. van den Bergh: Der Präsident, in: Zeitschrift für Europäisches Privatrecht 3 (1995), 423–437. – G.C.J.J. van den Bergh: Die holländische elegante Schule, 2002, v.a. 172ff. – G.C.J.J. van den Bergh: Die Holländische Schule und die Historische Schule: Weiteres zur Geschichte eines Mißverständnisses, in: R. Feenstra/C. Coppers (Hrsg.): Die rechtswissenschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den Niederlanden in Historischer Sicht, 1991, 59ff. – G.C.J.J. van den Bergh: Geschichtsbewußtsein im 17. Jahrhundert. Die Verdunkelung der rechtshistorischen Leistungen der Eleganten Schule durch die Historische Schule, in: D. Simon (Hrsg.): Akten des 26. Deutschen Rechtshistorikertages, 1987, 527ff. – G.C.J.J. van den Bergh: Palingenesia in the Dutch Elegant School, in: TRG 65 (1997), 71–84. – H. Bull/B. Kingsbury (Hrsg.): Hugo Grotius and International Relations, 1990. – A.M.M. Canoy-Olthoff/P.L. Nève: Holländische Eleganz gegenüber deutschem Usus modernus Pandectarum?, 1990. – R. Feenstra/R. Zimmermann: Das römisch-holländische Recht, 1992, 32ff. – D. Gaurier: Prises maritimes, piraterie et corsaires à travers les Quaestiones juris publici libri duo de Cornelis van Bynkershoek (1673–1743), in Annuaire de droit maritime et océanique 27 (2009), 103–221. – C.J.H. Jansen: De Hollandse Elegante School, in: Nederlands Juristenblad 2006, 2609–2612. – C.J.H. Jansen: Natuurrecht of Romeins Recht, 1987. – R.D. Kollewijn: Geschiedenis der Nederlandsche Rechtswetenschap, 1937. – F. Lomonaco: Lex Regia,