gelten als jugendtypische Kriminalität. Laut PKS 2018[27] entfallen unter den von Jugendlichen und Heranwachsenden begangenen Taten auf Diebstahl in den Kategorien Ladendiebstahl und Diebstahl unter erschwerenden Umständen zusammen etwa 30 % aller registrierten Fälle, unter den von Heranwachsenden begangenen Taten dagegen nur noch ca. 14,5 %. Damit sind die Diebstahlsdelikte auch bei Jugendlichen die häufigsten Straftaten, während bei Heranwachsenden die Körperverletzungs- und Rauschgiftdelikte noch häufiger sind.
8. Abschnitt: Schutz des Vermögens › § 29 Diebstahl und Unterschlagung › C. Hauptteil
I. Das gemeinsame Tatobjekt von Diebstahl und Unterschlagung: fremde bewegliche Sachen
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Tatobjekt von Diebstahl und Unterschlagung ist eine fremde bewegliche Sache.[28]
1. Sachbegriff
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a) Sachen sind zunächst alle körperlichen Gegenstände, also alle Rechtsobjekte.[29] Dies entspricht zwar der Legaldefinition des § 90 BGB; der strafrechtliche Sachbegriff ist aber – ohne dass daraus zugegebenermaßen Unterschiede im Ergebnis resultieren – nach vorzugswürdiger Ansicht autonom vom Zivilrecht zu bestimmen.[30] Der Diebstahl an Tieren kann damit unproblematisch durch § 242 StGB erfasst werden, ohne dass eine (freilich zulässige!) „entsprechende“ Anwendung nach § 90a S. 3 BGB erforderlich wäre.[31]
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Körperlich ist jeder Gegenstand, der durch eigene räumliche Begrenzung oder durch ein Behältnis abgegrenzt werden kann,[32] unabhängig von seinem Aggregatzustand. Auch Gas, Dampf oder Wasser können daher körperliche Gegenstände sein,[33] solange sie abgrenzbar sind. Elektrizität ist dagegen kein körperlicher Gegenstand und wird deshalb – wie eingangs erwähnt – von § 248c StGB erfasst.
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b) Keine Körperlichkeit weisen dagegen Forderungen und sonstige Rechte auf,[34] ebenso wenig wie gespeicherte Computerdaten.[35] Im Gegensatz hierzu sind Urkunden, die eine Forderung verkörpern, wie etwa Sparbücher, Lebensmittelkarten, Schecks und Wechsel,[36] körperliche Gegenstände. Einzelne Teile eines Gegenstandes gelten ab dem Zeitpunkt, ab dem sie vom (Haupt-)Gegenstand getrennt wurden, als eigenständige Sachen. Der wirtschaftliche Wert einer Sache spielt keine Rolle.[37]
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c) Grundsätzlich keine Sachen im strafrechtlichen Sinn sind Körperteile. An ihnen kann im Regelfall kein Eigentum begründet werden;[38] sie erlangen aber Sachqualität, wenn sie vom Körper abgetrennt werden, ohne dass sie wieder in diesen integriert werden sollen.[39] Soweit die (natürlichen oder auch künstlichen) Körperteile durch Abtrennung Sachqualität erlangen, fallen sie analog § 953 BGB in das Eigentum des Trägers.[40] Bei Implantaten ist zu differenzieren: sog. Substitutiv-Implantate, wie etwa künstliche Gelenke, Zahnplomben oder Organe teilen das Schicksal natürlicher Körperteile und verlieren daher mit der Implantation ihre Sachqualität.[41] Dagegen wird vielfach davon ausgegangen, dass sog. Supportiv-Implantate (z.B. Herzschrittmacher) auch bei fester Verbindung mit dem Körper Sachen bleiben.[42]
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d) Was den lebenden Mensch selbst und auch den Embryo angeht, so können diese nicht als Sachen qualifiziert werden.[43] Dies ergibt sich schon aus der Menschenwürdegarantie.[44] Der menschliche Leichnam wird zwar – wenn auch nach durchaus nicht unbestrittener Ansicht – wohl zur Sache, jedoch kann daran grundsätzlich kein Eigentum begründet werden.[45] Eine Sacheigenschaft (und auch eine Eigentumsfähigkeit) ist aber zu bejahen, wenn der Leichnam nicht für die Bestattung, sondern für andere Zwecke (etwa Anatomien oder Museen) bestimmt ist. Entsprechendes gilt für Leichenteile.[46]
2. Beweglichkeit der Sache
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Sachen sind beweglich,[47] wenn sie nicht fest mit einem Grundstück verbunden sind, sondern tatsächlich fortbewegt werden können.[48] Der strafrechtliche Begriff der Beweglichkeit ist aber in einem natürlichen Sinne zu verstehen (und z.B. nicht von der zivilrechtlichen Einordnung als Zubehör o.Ä. abhängig).[49] Bestandteile unbeweglicher Sachen werden somit auch erfasst, wenn diese erst zum Zweck der Wegnahme beweglich gemacht werden, wie z.B. abgefressenes Gras,[50] gemähtes Getreide,[51] gestochener Torf o.Ä.[52] Es handelt sich hierbei um taugliche Diebstahlsobjekte, da die Bestandteile durch die Trennung Sachqualität i.S.v. § 94 Abs. 1 S. 1 BGB erlangen.[53] Cum grano salis kann man sagen: Wenn etwas weggenommen wird, dann ist das in aller Regel ein sehr starkes Indiz für seine Beweglichkeit. An diesem Merkmal kann daher im Einzelfall einmal die Unterschlagung, praktisch aber nie der Diebstahl scheitern.
3. Fremdheit
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a) Eine Sache ist fremd,[54] wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht und nicht herrenlos ist,[55] oder anders formuliert: wenn ein anderer zumindest Miteigentum an ihr hat.[56] Für die Bestimmung der Fremdheit ist der maßgebliche Zeitpunkt die Tathandlung,[57] wobei die Fremdheit als solche nicht während der gesamten Tatausführung vorliegen muss. Es führt daher nicht zu einer Verneinung der Fremdheit, wenn der Täter durch die Wegnahme zugleich das Eigentum an der Sache erlangt, da die Sache zumindest zu Beginn der Wegnahme noch fremd war.[58]
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Grundsätzlich richtet sich die Fremdheit der Sache nach den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen,[59] weshalb die Regeln des dinglichen Eigentumserwerbs nach den §§ 929 ff. BGB einschließlich des Abstraktionsprinzips ausschlaggebend sind.[60] Der Eigentumsübergang findet daher losgelöst von der Tatsache statt, ob z.B. das Verpflichtungsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, soweit das Verfügungsgeschäft hiervon unberührt bleibt.[61] Hingegen wird bei einem Eigentumserwerb durch einen Stellvertreter der Vertretene nur dann Eigentümer, wenn es sich entweder um eine offene Stellvertretung handelt und der Vertreter Besitzdiener des Vertretenen ist[62] oder wenn es sich (bei der verdeckten Stellvertretung) um ein „Geschäft für den, den es angeht“, handelt.[63]
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Eine Ausnahme von der Zivilrechtsakzessorietät bei der Bestimmung der Fremdheit besteht nach h.M. bei den zivilrechtlichen Rückwirkungsfunktionen.[64] Zum Beispiel haben diese im Fall einer Anfechtung der Übereignung nach der Wegnahme durch den Anfechtungsberechtigten keinen Einfluss auf die strafrechtliche Fremdheit der Sache zum Tatzeitpunkt, mit der Folge, dass die Sache weiterhin als fremd anzusehen ist.[65] In diesen Konstellationen ist jedoch diskutabel, ob dann die Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung verneint werden muss oder ob ein Strafaufhebungsgrund vorliegt.[66]
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b) Ebenso sind Sachen, die im Miteigentum (§§ 1008 ff. BGB) des Täters stehen, taugliche Diebstahlsobjekte.[67] Das Gleiche gilt für Gesamthandseigentum[68] und solche Sachen, an denen der Täter erst Vorbehaltseigentum erworben bzw. Sicherungseigentum bei einem anderen begründet hat. Eine Änderung dieser formalen Eigentumsposition erfolgt auch nicht durch (schuldrechtliche) Eigentumsverschaffungsansprüche bzw. Sicherungsabreden. Für den Alleingesellschafter einer (Ein-Mann-)GmbH sind im Eigentum der Gesellschaft stehende Sachen aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Selbstständigkeit juristischer Personen fremd, auch wenn die Gesellschaft und ihr Eigentum rein wirtschaftlich betrachtet dem Gesellschafter gehören.[69] Jedoch besteht in diesen Fällen grundsätzlich keine Strafbarkeit, wenn der Täter zugleich Alleingeschäftsführer ist,[70]