nicht möglich ist, diese Gegenstände in eine eigene Gewahrsamsenklave zu verbringen.[182]
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Daher liegt i.d.R. noch kein neuer Gewahrsam vor, wenn der Täter die Sache innerhalb des fremden Herrschaftsbereichs versteckt, um sie später abzutransportieren, wobei natürlich die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind. Kein Gewahrsamswechsel ist daher im Einstellen eines Buches in ein falsches Regal in einer Bibliothek gegeben, während dieser hingegen zu bejahen ist, wenn ein Schmuckstück zum späteren Abtransport in einen Müllsack gesteckt wird.[183] Bei Kraftfahrzeugen genügt zur Gewahrsamsbegründung das bloße Wegfahren bzw. Abschleppen,[184] wobei auch eine kurze Strecke ausreicht.[185]
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c) Die Begründung neuen Gewahrsams (in Zueignungsabsicht) ist gleichbedeutend mit der Vollendung des Diebstahls. Beendet ist er dagegen erst, wenn der Täter den neuen Gewahrsam gefestigt und derart gesichert hat, dass die Tat zu ihrem endgültigen Abschluss gekommen ist.[186] Eine derartige „Beutesicherung“ ist insbesondere anzunehmen, wenn der Täter die Sache in seine eigenen Räume oder ein Versteck verbracht hat.[187] Besondere Relevanz hat die Unterscheidung zwischen Vollendung und Beendigung insbesondere für die Abgrenzung von § 249 und § 252 StGB sowie für die Frage nach einer möglichen sukzessiven Teilnahme am Diebstahl zwischen Vollendung und Beendigung sowie den Beginn der Verjährung.
1. Absicht
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Zusätzlich zu dem allgemeinen Vorsatzerfordernis muss der Täter auf subjektiver Ebene absichtlich, also mit zielgerichtetem Willen, hinsichtlich der rechtswidrigen Zueignung der Sache an sich oder einen Dritten handeln.[188] Hierin besteht das maßgebliche Kriterium zur Abgrenzung zwischen Diebstahl und bloßer Sachentziehung und Gebrauchsanmaßung, die (abgesehen von bestimmten Fällen, wie etwa solchen des § 248b StGB) grundsätzlich straflos sind.[189] Ob es tatsächlich zur Zueignung kommt, ist insoweit nicht maßgeblich, da es sich bei § 242 StGB um ein Delikt mit überschießender Innentendenz bzw. um ein erfolgskupiertes Delikt handelt. Entscheidend ist allein die subjektive Absicht des Täters dahingehend im Zeitpunkt der Wegnahmehandlung. Im Falle eines Irrtums des Täters über den weggenommenen Gegenstand, kann im Einzelfall die Zueignungsabsicht (jedoch nicht der Vorsatz als solcher) zu verneinen sein, womit die Vollendungsstrafbarkeit hinsichtlich der weggenommenen Sache entfiele, da er eine Sache in seinen Gewahrsam bringt, die er gar nicht haben wollte.[190]
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Die Rechtswidrigkeit der angestrebten Zueignung ist nach h.M. ein objektives Tatbestandsmerkmal, da sich die Absicht des Täters nur auf objektive Elemente beziehen kann.[191] Vgl. zu den damit zusammenhängenden Fragen näher unten Rn. 64 ff.
2. Zueignung
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Unter Zueignung versteht man die Anmaßung einer eigentümerähnlichen Sachherrschaft („se ut dominum gerere“), indem der Täter die Sache selbst oder den in ihr verkörperten Sachwert dem eigenen Vermögen einverleibt[192] und damit sich oder einen Dritten wirtschaftlich in die Lage des Eigentümers versetzt.[193] Die Zueignung hat zwei Voraussetzungen, die sich im Hinblick auf Dauerhaftigkeit und Vorsatzintensität unterscheiden: Es bedarf sowohl der Enteignung im Sinne einer dauernden Verdrängung des Eigentümers aus seiner Machtstellung und der Aneignung als wenigstens vorübergehende Einverleibung der Sache in das Vermögen des Täters oder eines Dritten.
a) Gegenstand der Zueignung
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Was genau den Gegenstand der Zueignung darstellt, ist umstritten. Streitpunkt hierbei ist, ob sich die Zueignung auf die Sache selbst oder auf den ihr innewohnenden Vermögenswert beziehen muss. Eine grobe Unterscheidung dieser Ansichten ist in die Substanz-, die Sachwert- und die Vereinigungstheorie möglich (wobei die beiden Erstgenannten in ihrer Reinform heute kaum noch vertreten werden). Der Streit hat vor allem im Rahmen der Enteignung Relevanz, genauer, wenn der Täter plant, die Sache zum Eigentümer zurückzuführen, sich zuvor aber dessen Wert ganz oder teilweise zuführen möchte (vgl. auch Rn. 60).[194]
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Die Substanztheorie bezieht sich auf die Sache selbst, diese muss der Täter dem Eigentümer entziehen.[195] Teilweise erfährt die Theorie insoweit eine Modifikation, dass nicht auf die Sache selbst, sondern vielmehr auf die an ihr bestehenden Herrschaftsbefugnisse abgestellt wird, so dass auch der Entzug der der Sache innewohnenden Gebrauchs- und Funktionsmöglichkeiten ausreichend wäre.[196] Nach der Sachwerttheorie hingegen ist allein der in der Sache verkörperte Wert Gegenstand der Zueignung.[197] Es bedarf daher auch keiner dauernden Entziehung der Substanz der Sache gegenüber dem Eigentümer, solange der Täter ihren Wert teilweise oder vollständig entzieht. Bei wirtschaftlich wertlosen Sachen freilich scheidet diese Art der Zueignung aus, insoweit werden hier die Grenzen zwischen Eigentums- und Vermögensdelikten verwischt.[198]
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Die heute h.M. in Literatur und Rechtsprechung vertritt die Vereinigungstheorie. Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Substanz- und Sachwerttheorie, mit dem Zweck, die Verletzung des Eigentums möglichst weitreichend zu erfassen.[199] Nach dieser Ansicht muss der Täter entweder die Sache selbst oder den ihr innewohnenden Wert entziehen wollen.[200] Zur Abgrenzung zu Bereicherungsdelikten wie § 263 StGB wird der Sachwert enger ausgelegt, als dies bei der Sachwerttheorie der Fall ist. Sachwert i.S.d. Vereinigungstheorie ist daher nur der nach Art und Funktion mit der Sache verbundene Wert („lucrum ex re“), während der erzielbare Veräußerungserlös an der Sache („lucrum ex negotio cum re“) nicht erfasst wird.[201] Die Eigentumsfunktion wird damit insbesondere in der Sachnutzung gesehen.[202]
b) Enteignungskomponente
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aa) Nach der Vereinigungstheorie betrifft die (opferbezogene) Enteignungskomponente die auf Dauer angelegte Entziehung der Sache, also ihrer Substanz oder ihres Sachwertes, von ihrem Eigentümer.[203] Notwendig ist daher eine Verdrängung des Eigentümers aus seiner faktischen Herrschaftsposition und damit aus seiner umfassenden Befugnis nach § 903 BGB[204] über die Sache. Dies hat aber keinerlei Einfluss auf seine zivilrechtliche Eigentumsposition entsprechend § 935 Abs. 1 BGB.[205] Um die Zueignungsabsicht zu bejahen, muss der Täter Vorsatz auf die Enteignung haben. Hierfür genügt einfacher Vorsatz, also mindestens dolus eventualis und billigende Inkaufnahme des endgültigen Verlustes des Eigentümers an der Sache.[206]
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bb) Ein etwa vorhandener Rückführungswille des Täters (zum Tatzeitpunkt) schließt den Enteignungsvorsatz grundsätzlich aus, da die Enteignung dauerhaft sein muss. Rechnet der Täter also nicht damit, dass dem Eigentümer die Sache dauerhaft entzogen bleiben könnte, so fehlt der Enteignungsvorsatz, und der Gebrauchsdiebstahl bzw. die Gebrauchsanmaßung (furtum usus), bei dem der Täter die Sache nur eine Zeit lang benutzen und anschließend zurückgeben will, wird damit von § 242 StGB nicht erfasst.[207] Ebenso fehlt der Enteignungsvorsatz, wenn die Sache nur als „Pfand“ für die Durchsetzung einer anderweitigen Forderung dienen und anschließend an das Opfer zurückgegeben werden soll, es sei denn, der Täter möchte die weggenommene Sache unabhängig von der Erfüllung der gestellten Forderung behalten oder verwerten[208] bzw. behält sich zumindest vor, sie nicht zurückzugeben, wenn seine Forderung nicht erfüllt wird. Die Gebrauchsanmaßung ist