Planfeststellungsverfahren durchgeführt wird. Eine derartige Aufteilung ist nicht nur zulässig[158], sondern gerade bei Verkehrswegen in vielen Fällen unerlässlich[159]. Probleme können sich insofern ergeben, als die abschnittsweise Planung und Realisierung Zwangspunkte schafft, die sich bei nachfolgenden Streckenabschnitten als Bindungen darstellen. Die Herausforderung besteht hier darin, die Folgen des Gesamtvorhabens jedenfalls soweit mit in die Planung des Abschnitts mit einzubeziehen, als die Entscheidungen für spätere Abschnitte bereits determiniert werden[160].
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Erforderlich ist zunächst ein vorläufiges positives Gesamturteil bezüglich des Gesamtvorhabens. Dies verlangt für nachfolgende Abschnitte die Prognose, dass der Verwirklichung des Vorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegenstehen[161]. Anderenfalls fehlt es dem Teilabschnitt an der Planrechtfertigung[162]. Bei der Planung eines Abschnittes müssen die folgenden Abschnitte nicht mit der gleichen Intensität auf rechtliche Hindernisse geprüft werden[163]. Es ist aber jeweils gesamtvorhabenbezogen zu prüfen, ob die Gründe, die für die Planung sprechen, so gewichtig sind, dass sie die Beeinträchtigung der entgegenstehenden Belange rechtfertigen[164]. Hingegen kann nicht verlangt werden, dass bereits geprüft wird, ob auch die weiteren Abschnitte mit Sicherheit realisierbar sind[165]. Weiterhin unterliegt die Abschnittsbildung selbst den Anforderungen des Abwägungsgebots[166]. Das erfordert ein planerisches Konzept für das Gesamtvorhaben. Des Weiteren muss die Auswahl der einzelnen Abschnitte frei von sachwidrigen Erwägungen erfolgen[167].
IV. Zwingende materiell-rechtliche Regelungen („Planungsleitsätze“)
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Bereits in seiner B42-Entscheidung nannte das Bundesverwaltungsgericht auch die Planungsleitsätze als eine Form der Planbindung[168]. Der Begriff des Planungsleitsatzes hat viele Unklarheiten verursacht und Kritik hervorgerufen[169]. Heute dürfte weitgehend Einigkeit darüber bestehen, dass es sich bei Planungsleitsätzen um materiell-rechtliche Regelungen handelt, die – unabhängig von ihrer Herkunft – strikt zu beachten sind und keine Gestaltungsspielräume lassen. Sie sind damit in der Abwägung nicht überwindbar[170]. Es handelt sich also nicht um die Planungsentscheidung lediglich leitende, sondern bindende Vorschriften.[171]
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Zwingende Regelungen finden sich zum einen in den Fachplanungsgesetzen selbst, daneben aber auch in anderen Gesetzen, die auf das Vorhaben anwendbar sind[172]. Sie können sich aus Bundes- oder Landesrecht ergeben. Auch Bundesbehörden sind bei der Planfeststellung an das jeweilige Landesrecht gebunden[173], wodurch es zu einem atypischen Vollzug von Landesrecht durch Bundesbehörden kommt[174]. Die zwingenden Vorschriften sind von solchen zu unterscheiden, deren Vorgaben in der Abwägung überwunden werden können, die also letztlich nur Abwägungsbelange normieren. Einige Fachplanungsgesetze sehen spezielle Voraussetzungen für die Erteilung des Planfeststellungsbeschlusses oder umgekehrt zwingende Versagungsgründe vor. Dabei werfen allerdings insbesondere Gemeinwohlklauseln § 36 Abs. 1 Nr. 1 KrWG die Frage nach der Abgrenzung zur Abwägung auf.
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Eine große Rolle vor allem für Verkehrsvorhaben spielen auch immissionsschutzrechtliche Vorgaben. So enthalten die §§ 41 ff. BImSchG in Verbindung mit der 16. BImSchV (Verkehrslärmschutzverordnung) zwingende Vorgaben für den Lärmschutz[175]. Offen ist hingegen die Charakterisierung des § 41 Abs. 2 BImSchG als zwingendes Recht[176]. Keine strikte Bindungswirkung ergibt sich aus § 50 BImSchG[177]. Das Gleiche gilt auch für die Einhaltung der in der 22. BImSchV normierten Immissionsgrenzwerte für Schadstoffe in der Luft, jedenfalls dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Einhaltung der Grenzwerte in nachfolgenden Verwaltungsverfahren, insbesondere mit Mitteln der Luftreinhalteplanung, gesichert werden kann[178].
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Besondere Bedeutung kommt schließlich auch naturschutzrechtlichen Bestimmungen zu. Zu beachten ist zunächst die Eingriffsregelung der §§ 13 ff. BNatSchG. Anders als im Bauplanungsrecht, das die Eingriffsregelung gemäß § 1a Abs. 3 BauGB in das Prüfprogramm des Abwägungsgebots einordnet, wird der Eingriffsregelung im Fachplanungsrecht in allen Bestandteilen eine strikte, durch die fachplanerische Abwägung nicht überwindbare Bindungswirkung zugeschrieben[179]. An die Feststellung des Vorliegens eines Eingriffs knüpft hiernach die „Rechtsfolgenkaskade“ bestehend aus der Pflicht zur Vermeidung, der Vornahme von Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen, der naturschutzrechtlichen Abwägung sowie der Verpflichtung zur Kompensation durch eine Ersatzzahlung an[180]. Spezielle Vorschriften gelten auch zum Schutz von Natura 2000-Gebieten. Die in § 34 BNatSchG geregelten Schutzmechanismen sind strikt bindendes Recht. Soweit die Prüfung letztlich zu dem Ergebnis der Unzulässigkeit des Vorhabens kommt, unterliegt dies nicht der planerischen Abwägung[181]. Zunehmende Bedeutung für die Planfeststellung erlangen außerdem artenschutzrechtliche Bestimmungen. Insbesondere die Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG können einer Vorhabenverwirklichung entgegenstehen, sofern nicht Ausnahmen oder Befreiungen zugelassen werden[182].
1. Grundlagen
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Die bedeutendste Schranke der planerischen Gestaltungsfreiheit ist das Gebot der gerechten Abwägung der von einer Planung berührten Belange. Das Bundesverwaltungsgericht hat die wesentlichen Aspekte des Abwägungsgebots zunächst für die Bauleitplanung formuliert[183] und später auf das Fachplanungsrecht übertragen[184]. Dies ist möglich, da das Abwägungsgebot aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleiten ist und damit unabhängig von seiner gesetzlichen Anordnung für jede rechtsstaatliche Planung gilt[185]. Aber selbst dort, wo das Abwägungsgebot ausdrücklich angeordnet wird[186], werden seine Anforderungen – wie im Bauplanungsrecht auch – nicht umfassend geregelt. Diese Vorschriften bestimmen vielmehr nur sehr allgemein, dass bei der Planfeststellung „die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen“ sind (§ 17 S. 2 FStrG).
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Im Fachplanungsrecht gelten dementsprechend im Wesentlichen die gleichen von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen wie im Bereich des Bauplanungsrechts[187]. Die Abwägung stellt sich danach als ein gestufter Vorgang dar, der sich in vier Stufen vollzieht:
1. | eine sachgerechte Abwägung muss überhaupt durchgeführt werden, die planende Behörde darf sich nicht irrtümlich für gebunden erachten; |
2. | alle nach Lage des Falls relevanten Gesichtspunkte sind zu ermitteln und in die Abwägung mit einzubeziehen; |
3. | die Bedeutung und Gewichtung der betroffenen Belange muss zutreffend erkannt werden; |
4. | der Ausgleich zwischen den betroffenen Belangen muss so vorgenommen werden, dass er nicht außer Verhältnis zu ihrer objektiven Gewichtung steht. |
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Dieses als Handlungsanweisung an die planende Verwaltung adressierte Abwägungsprogramm wird ergänzt durch die Abwägungsfehlerlehre, die das Abwägungsgebot aus der Rechtsschutzperspektive umreißt. Danach korrespondieren den vier Stufen der Abwägung vier Abwägungsfehler:
1. | Abwägungsausfall, wenn eine notwendige Abwägung gar nicht vorgenommen wird; |
2. |
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