Josef Parzinger

Falltraining Insolvenzrecht


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InsO). Dieser Sachverständige ist häufig zugleich der vorläufige Insolvenzverwalter (vgl. § 21 I, II Nr. 1, Nr. 2 InsO). Exkurs: Eröffnungsverfahren und Insolvenzgeld Im Eröffnungsverfahren kann das Gericht gemäß § 21 InsO Sicherungsmaßnahmen anordnen. Als gängige Sicherungsmaßnahme setzt das Gericht einen „schwachen“ vorläufigen Verwalter,[2] selten auch einen „starken“ vorläufigen Verwalter ein.[3] Auch die Untersagung der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner ist möglich. Das Eröffnungsverfahren, das auch vorläufiges Insolvenzverfahren genannt wird, beginnt mit der Antragstellung und endet mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse, § 26 InsO. Das Eröffnungsverfahren nimmt in den meisten Fällen zwei bis vier Monate in Anspruch. Da das Insolvenzgeld für maximal drei Monate gezahlt wird, erstreckt sich das Eröffnungsverfahren häufig über diese drei Monate. Das Insolvenzgeld umfasst die weitgehende Übernahme der Lohnkosten durch die Bundesagentur für Arbeit, finanziert durch eine durch Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (§ 361 SGB III) jährlich neu festgelegte Umlage der Arbeitgeber. Geregelt wird das Insolvenzgeld in den §§ 165 ff. SGB III (Drittes Buch Sozialgesetzbuch). 3. Eröffnungsbeschluss: Das Insolvenzgericht beschließt über die Verfahrenseröffnung (§ 27 InsO) oder die Abweisung der Eröffnung mangels Masse (§ 26 InsO). Auch nach Eröffnung des Verfahrens kann es zur Einstellung des Verfahrens mangels Masse (§ 207 I InsO) oder wegen Masseunzulänglichkeit (§ 211 I InsO) kommen. Die Einstellung des Verfahrens erfolgt ebenfalls durch einen Beschluss des Insolvenzgerichts. 4. Insolvenztabelle: Der Insolvenzverwalter erfasst die Forderungen der Insolvenzgläubiger in der Insolvenztabelle (§§ 174 ff. InsO). Festgestellte Forderungen nehmen an der Verteilung im Insolvenzverfahren teil. 5. Anfechtung: Der Insolvenzverwalter maximiert die Insolvenzmasse (u.a. durch (Nicht-)Erfüllungswahl nach den §§ 103 ff. InsO und Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO. Zudem zieht er die ausstehenden Forderungen des Schuldners ein. Bilanziell erfolgt damit ein Aktivtausch, d.h. die Barposition erhöht sich und die Forderungen werden weniger. 6. Berichtstermin: Im Berichtstermin stellt der Insolvenzverwalter den Stand der Dinge dar und es wird unter Umständen die Fortführung des Unternehmens beschlossen (§§ 29 I Nr. 1, 156, 157 InsO). 7. Prüfungstermin: Im Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen festgestellt oder bestritten (§§ 29 I Nr. 2, 176 ff. InsO). Bisweilen fallen Berichts- und Prüfungstermin auch zusammen. 8. Verwertung der Masse: §§ 156 ff. InsO. Für Gegenstände an denen Absonderungsrechte (Sicherungsrechte) bestehen, §§ 165 ff. InsO 9. Verteilung des Erlöses: §§ 187 ff. InsO. 10. Beendigung des Verfahrens: Aufhebungsbeschluss des Insolvenzgerichts (§ 200 InsO).

      Anmerkungen

       [1]

      Vgl. Gleußner, Insolvenzrecht, 2015, S. 151 ff.

       [2]

      Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts nach § 21 II 1 Nr. 1 u. Nr. 2 Alt. 2 i.V.m. § 22 II InsO.

       [3]

      Auferlegung eines allgemeinen Verfügungsverbotes nach § 21 II 1 Nr. 1 u. Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 22 I InsO.

      Einige Fragen zur Einführung in die InsO – Teil 1Lösung Fragen 1 – 10 › 8. Darf ein Prokurist einen Insolvenzantrag stellen? Wie verhält es sich bei einem Gesellschafter?

      8. Darf ein Prokurist einen Insolvenzantrag stellen?

      Wie verhält es sich bei einem Gesellschafter?

      Die Antragsberechtigung bei juristischen Personen ergibt sich aus § 15 InsO. Der Insolvenzantrag ist ein Geschäft des Prinzipals. Es handelt sich nicht um ein Geschäft, das der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 I HGB). Prokuristen dürfen daher keinen Insolvenzantrag stellen.

      Gesellschafter juristischer Personen sind nur dann antragsberechtigt, wenn die Gesellschaft führungslos ist (§ 15 I 2 InsO; Antragsrecht für Aktionäre umstritten). Führungslosigkeit liegt nicht bereits dann vor, wenn sich der Geschäftsführer weigert, den Insolvenzantrag zu stellen. Die Gesellschaft darf keinen Geschäftsführer mehr haben (vgl. § 10 II InsO).

      Mit dem Antragsrecht korrespondiert die Antragspflicht, wobei die Aktionäre der Aktiengesellschaft keine Antragspflicht haben (vgl. § 15a III InsO).

      Einige Fragen zur Einführung in die InsO – Teil 1Lösung Fragen 1 – 10 › 9. In welche Gruppen lassen sich die Gläubiger des Schuldners einordnen (§§ 38 ff. InsO)? Was ist für die jeweilige Gruppe kennzei...

9. In welche Gruppen lassen sich die Gläubiger des Schuldners einordnen (§§ 38 ff. InsO)? Was ist für die jeweilige Gruppe kennzeichnend?

      a) Aussonderungsberechtigte Gläubiger

      Hierzu zählen zunächst dingliche Aussonderungsansprüche. Dies sind insbesondere Eigentümer von Sachen, die sich im Besitz des Schuldners befinden. Die Gläubiger können hier die Herausgabe nach § 985 BGB verlangen, sobald das Recht zum Besitz erloschen ist.

      Eine wichtige Fallgruppe sind Vorbehaltseigentümer (vgl. auch § 107 II InsO), d.h. Lieferanten, die vor der Insolvenz unter Eigentumsvorbehalt an den Schuldner geliefert haben. Wichtig zu beachten ist, dass der Vorbehaltskäufer zum Besitz berechtigt ist, solange der Insolvenzverwalter nicht die Erfüllung des Geschäfts abgelehnt hat. Für diese Entscheidung wird dem Insolvenzverwalter eine Zeit bis nach dem Berichtstermin eingeräumt. So kann er das betriebsnotwendige Vermögen zunächst erhalten und den Betrieb fortführen (§ 107 II 1 InsO).

      Daneben gibt es schuldrechtliche Aussonderungsansprüche. Sie umfassen die „persönlichen“ (schuldrechtlichen) Rückgabeansprüche beispielsweise des Vermieters nach § 546 InsO oder des Verleihers nach § 604 I BGB.

      Die aussonderungsberechtigten Gläubiger können die Gegenstände aus der Insolvenzmasse herausverlangen. Im Eröffnungsverfahren kann das Gericht als Sicherungsmaßnahme (§ 21 I, II 1 Nr. 5 InsO) anordnen, dass die entsprechenden Gegenstände vorerst nicht ausgesondert werden dürfen. Auf diese Weise soll die Fortführung des Unternehmens ermöglicht werden. Ein dadurch entstehender Wertverlust ist dem Gläubiger zu ersetzen.

      Die entsprechende Vorschrift in der Einzelzwangsvollstreckung ist § 771 ZPO.

      Anmerkungen

       [1]

      Vgl. Zimmermann, Grundriss