Zustimmungsvorbehalt (vgl. § 21 II Nr. 2 Alt. 2 InsO).
Einige Fragen zur Einführung in die InsO – Teil 2 › Lösung Fragen 11 – 20 › 13. Wozu dient die Insolvenzanfechtung?
13. Wozu dient die Insolvenzanfechtung?
Während der Übergang der Verfügungsbefugnis nach § 80 InsO dazu führt, dass die Insolvenzmasse nach Verfahrenseröffnung nicht geschmälert wird,[1] ermöglicht es die Insolvenzanfechtung, Vermögensverschiebungen aus der Zeit vor der Eröffnung des Verfahrens rückgängig zu machen.[2] Die Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO verfolgt damit denselben Zweck wie das AnfG im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung. Sie ist streng von der Anfechtung nach den §§ 119, 123, 142 BGB zu unterscheiden. Diese Vorschriften sollen die Privatautonomie schützen, während die Insolvenzanfechtung die Insolvenzmasse schützt, indem im Interesse der Gläubigergesamtheit Sondervorteile zugunsten einzelner Gläubiger unter bestimmten Umständen in die Masse zurückgefordert werden können.
Bei isolierter Anfechtung des Erfüllungsgeschäfts lebt die Forderung des Anfechtungsgegners nach Anfechtung des Erfüllungsgeschäfts wieder auf (§ 144 I InsO).
Exkurs: Reform des Anfechtungsrechts 2017
Zum 5.4.2017 trat eine Reform des Anfechtungsrechts in Kraft. Geändert wurden die §§ 133, 142 und 143 InsO.
§ 133 InsO: Die Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung wurde die Absätze 2 und 3 ergänzt. Der bisherige Absatz 2 wurde zum Absatz 4. Der neue § 133 III 2 verkürzt die Anfechtungsfrist für kongruente und inkongruente Deckungsgeschäfte von zehn Jahren auf vier Jahre. Deckungsgeschäfte sind die Sicherung oder Befriedigung des Schuldners (siehe § 130 InsO). Nach Absatz 3 Satz 1 tritt bei kongruenten Deckungen anstelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit die eingetretene Zahlungsunfähigkeit. Aus Absatz 3 Satz 2 folgt die Anerkennung von Zahlungserleichterungen bei vorübergehenden Liquiditätsengpässen durch die Vermutung der Nichtkenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. § 133 III InsO begrenzt damit die Vermutungswirkung des § 133 I 3 InsO.
Im Rahmen des § 142 InsO wurde der Schutz vor Anfechtung bei einem Bargeschäft ausgeweitet. § 142 I InsO schützt nun auch vor der Anfechtung nach § 133 InsO, es sei denn der Anfechtungsgegner hat erkannt, dass der Schuldner unlauter handelte (z.B. weil er Vermögen verschleudert hat oder kollusiv mit dem Anfechtungsgegner zusammengewirkt hat). Mit dem neu eingeführten § 142 II InsO entschied sich der Gesetzgeber mit Blick auf divergierende Entscheidungen von BGH und BAG zugunsten des BAG und ließ für die Unmittelbarkeit des Leistungsaustausches für Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt drei Monate genügen.
§ 143 InsO wurde um den Satz 3 ergänzt, um einen Anspruch auf Prozesszinsen gegenüber dem Anfechtungsgegner erst ab der Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter zu gewähren und keinen Anreiz für eine bewusst verzögerte Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen zu geben.[3]
Anmerkungen
Diese Wirkung kann über §§ 21 II 1 Nr. 1, Nr. 2 Alt. 2, 22 InsO in das Eröffnungsverfahren vorgezogen werden.
Vgl. Zimmermann, Grundriss des Insolvenzrechts, 11. Aufl. 2018, Rn. 392 ff.
Bisher gibt es den Anspruch auf Prozesszinsen bereits ab Verfahrensbeginn, da Forderungen mit Verfahrenseröffnung fällig werden (§§ 41, 143 Abs. 1 S. 2 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291, 288 BGB), vgl. BGH, NZI 2007, 230, beziehungsweise da ein Anspruch auf tatsächlich gezogene oder vorwerfbar nicht gezogene Nutzungen besteht (§§ 143 Abs. 1 S. 2 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 291 Abs. 2, 987 Abs. 1, Abs. 2 BGB), vgl. BGH, NZI 2005, 679.
Einige Fragen zur Einführung in die InsO – Teil 2 › Lösung Fragen 11 – 20 › 14. Welche Haftungsrisiken gibt es für GmbH-Geschäftsführer im Vorfeld der Insolvenz?
14. Welche Haftungsrisiken gibt es für GmbH-Geschäftsführer im Vorfeld der Insolvenz?
§ 15a InsO, § 823 II BGB: Nach § 15a InsO, § 823 II BGB ist der Geschäftsführer den Gläubigern zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er den Insolvenzantrag zu spät stellt.[1] Darüber hinaus drohen strafrechtliche Sanktionen nach § 15a IV, V InsO. Während der Rechtshängigkeit einer Restrukturierungssache nach dem StaRUG ruht die Insolvenzantragspflicht (siehe § 42 I 1 StaRUG). Die Geschäftsführer müssen den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung ohne schuldhaftes Zögern anzeigen (§ 42 I 2 StaRUG, strafbewehrt nach § 42 III StaRUG).
§ 15b IV 1 InsO:[2] Nach § 15b IV 1 InsO ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden, es sei denn die Zahlungen sind mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar. Um eine Kollision zwischen der Pflicht der Geschäftsführer, keine Zahlungen mehr zu leisten und ihrer gegenläufigen Pflicht, den Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge (vgl. § 266a StGB) und Steuern (§ 69 AO) abzuführen, zu vermeiden, haften sie mit guten Gründen nicht nach § 15b IV 1 InsO, soweit sie die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung abführen.[3] Diese Haftung, die den § 64 S. 1 GmbHG ersetzt, hat in der Praxis höchste Relevanz und führt bei verspäteter Antragsstellung schnell zu hohen Ersatzansprüchen gegenüber Geschäftsführern und Vorständen.
§ 15b V InsO:[4] Nach § 15b V InsO ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen an Gesellschafter verpflichtet, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten.
§ 43 II, III 1 GmbHG: Nach § 43 II, III 1 GmbHG ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen an Gesellschafter verpflichtet, die entgegen § 30 GmbHG geleistet wurden, das heißt die das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft angegriffen haben.[5]
Weitere Ansprüche können sich mit Blick auf Steuerforderungen ergeben (vgl. §§ 34, 69 AO).
Exkurs: Insolvenzgründe
a) Zahlungsunfähigkeit
Die Zahlungsunfähigkeit wird in § 17 II InsO wie folgt definiert: „Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.“[6]
Die umfasst sowohl eine Stichtags- wie eine Zeitraumbetrachtung.[7]
Schritt 1: Stichtagbetrachtung/Finanzstatus: Die verfügbare Liquidität und die fälligen Verbindlichkeiten werden gegenübergestellt. Verbindlichkeiten werden nicht berücksichtigt, wenn sie gestundet wurden oder eine Nichtvollstreckungsvereinbarung mit dem Gläubiger vereinbart wurde. Gesellschafterdarlehen werden als Verbindlichkeiten berücksichtigt, es sei denn ein Rangrücktritt mit Wirkung für die Zahlungsunfähigkeit wurde vereinbart. Wenn die Zahlungslücke kleiner als 10 % ist (vorsichtigere Ansicht: kleiner 0%), ist die Gesellschaft zahlungsfähig. Wenn die Zahlungslücke größer gleich 10 % ist (vorsichtigere