Olaf Klemke

Einführung in die Praxis der Strafverteidigung


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• für alle Straftaten, bei denen eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist; • für alle Straftaten, bei denen die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in der Sicherungsverwahrung in Betracht kommt sowie • für alle Straftaten, bei denen die Staatsanwaltschaft gem. § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles[9] Anklage beim Landgericht erhebt.

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      Nach § 140 Abs. 1 Nr. 2 StPO ist die Mitwirkung eines Verteidigers erforderlich, wenn dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird. Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind (§ 12 Abs. 1 StGB).

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      Ein weiterer Fall der notwendigen Verteidigung ist ein Verfahren, das zu einem Berufsverbot (§§ 70 ff. StGB) führen kann, § 140 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Dieser Fall der notwendigen Verteidigung ist in der Praxis sehr selten.

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      Ebenfalls von eher untergeordneter Bedeutung sind die in § 140 Abs. 1 Nr. 6-8 StPO geregelten Fälle der notwendigen Verteidigung, nämlich die Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten, das Sicherungsverfahren und der Verteidigerausschluss gem. §§ 138a ff. StPO.

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      Von zunehmender Bedeutung ist der Fall, dass dem Verletzten nach den §§ 397a, 406h Abs. 3, 4 StPO ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist, § 140 Abs. 1 Nr. 9 StPO.

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      Dem ist zu folgen. Die Verbüßung von Freiheitsstrafe ist immer ein gravierender Einschnitt in das Leben des Betroffenen und seiner Angehörigen. Eine solche Strafe sollte daher aus rechtsstaatlichen Gründen nur in einem Verfahren verhängt werden, in dem durch die Bestellung eines Verteidigers die Waffengleichheit wenigstens in einem bescheidenen Umfang hergestellt ist. Ohne Belang ist dabei, ob die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Der Widerruf der Aussetzung ist schließlich theoretisch nie auszuschließen.