Peter Behrens

Europäisches Marktöffnungs- und Wettbewerbsrecht


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letzteren.

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      Die Existenz von Handelsbeschränkungen lässt sich politökonomisch damit erklären, dass die vom Wettbewerb ausländischer Konkurrenten bedrohten inländischen Produzenten vergleichsweise überschaubare Gruppen bilden, die sich relativ leicht organisieren und ihre Interessen im politischen Prozess schlagkräftig durchsetzen können. Demgegenüber sind Konsumenten in der Regel zu zahlreich, um sich als Gruppe organisieren und im politischen Wettbewerb durchsetzen zu können. Allerdings gibt es auch Produzentengruppen, die an einer Marktöffnung interessiert sind, weil sie ihre profitabelsten Chancen gerade auf den Exportmärkten sehen. Der Zugang zu Auslandsmärkten ist nämlich in der Regel nur um den Preis des entsprechenden Zugangs von Auslandsunternehmen zu den Inlandsmärkten zu haben (Reziprozitätsprinzip). Je stärker also der politische Einfluss der exportorientierten Produzentengruppen, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Außenwirtschaftsverkehr von staatlichen Beschränkungen befreit (liberalisiert) wird. Dies allerdings in der Regel nur auf der Grundlage völkervertraglich abgesicherter gegenseitiger „Konzessionen“ der Staaten, die zu einem gewissen Grad mit Verbindlichkeit auf den Einsatz außenwirtschaftspolitischer Steuerungsinstrumente verzichten müssen. Handelsliberalisierung verlangt daher eine rechtlich-institutionelle Absicherung.

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III. Liberalisierung des internationalen Wirtschaftsverkehrs (Integration)

      Literatur:

      Viner The Customs Union Issue (1950); Balassa The Theory of Economic Integration (1961); Tinbergen International Economic Integration (1965); Machlup A History of Thought on Economic Integration (1977); Behrens Integrationstheorie – Internationale wirtschaftliche Integration als Gegenstand politologischer, ökonomischer und juristischer Forschung, RabelsZ 45 (1981) 8; Pelkmans European Integration – Methods and economic analysis (3rd ed. 2006); Kirchner Europa als Wirtschaftsgemeinschaft, in: Schuppert/Pernice/Haltern (Hrsg.) Europawissenschaft (2005) 375; Molle The Economics of European Integration – Theory, Practice, Policy (5th ed. 2006); Wagener/Eger Europäische Integration – Wirtschaft und Recht, Geschichte und Politik (3. Aufl. 2014); Baldwin/Wyplosz The Economics of European Integration (5th ed. 2015).

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      Übersicht: Integrationstypen

Freiheit von Zöllen und Zollsubstituten Gemeinsamer Außenzoll Faktormobilität Harmonisierung der Wirtschaftspolitiken Vereinheitlichung der Politiken und Institutionen
Freihandelszone X
Zollunion X X
Gemeinsamer Markt X X X
Wirtschaftsunion X X X X
Vollintegration X X X X X

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      Unterhalb der Schwelle zur Integration bleibt eine rein einseitige (nicht reziproke) Gewährung von Importerleichterungen (etwa in Gestalt niedrigerer Präferenzzölle) für ausländische Waren, denen keine entsprechenden Erleichterungen des Marktzugangs für Inlandswaren im Ausland gegenüber stehen. Solche asymmetrischen Liberalisierungen sind typisch für die Handelspolitik der EU im Rahmen der Assoziierung von Entwicklungsländern (siehe dazu im Einzelnen unten Rn. 206 ff.).

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