der Außenzölle und Handelsbeschränkungen gegenüber Drittstaaten in der Autonomie der Partnerstaaten belassen, die Außenwirtschaftspolitik gegenüber Drittstaaten wird also nicht vergemeinschaftet. Daraus resultiert eine immanente Schwäche der Freihandelszone: Die außenwirtschaftspolitische Autonomie ihrer Mitglieder macht nämlich nur Sinn, wenn die Partnerstaaten gegenüber Drittstaaten ein jeweils unterschiedliches Schutzniveau (insbesondere ein unterschiedliches Zollniveau) aufrechterhalten wollen. Dies aber hat zur Folge, dass Importe in die Freihandelszone zunächst in das Land mit dem niedrigsten Zollniveau gelenkt werden und erst anschließend von dort in die Bestimmungsländer gelangen. Um zu verhindern, dass den übrigen Partnerstaaten auf diese Weise der Außenzoll des Niedrigzolllandes faktisch als gemeinsamer Außenzoll aufgedrängt wird und die Zolleinnahmen ausschließlich in diesem Land anfallen, bedarf es administrativer Verfahren, um solche Handelsumlenkungen zu verhindern. So müsste die Zollfreiheit von Importen auf Erzeugnisse beschränkt werden, die ihren Ursprung in den Partnerstaaten der Freihandelszone haben bzw. es müssten Ausgleichszölle auf Erzeugnisse erhoben werden, die ihren Ursprung in Drittstaaten haben. Die Bestimmung des Ursprungs von Waren erfordert jedoch hochkomplexe Regeln (Ursprungsregeln),[7] deren Administration mit erheblichen Kosten verbunden ist. Das kann dazu führen, dass die Zollschranken zwischen den Partnerstaaten der Freihandelszone letztlich doch weiter aufrecht erhalten werden müssen, um die entsprechenden Kontrollen durchführen zu können.
c. Zollunion
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Die Zollunion[8] beschränkt sich nicht auf die Beseitigung von Zöllen und anderen Handelshemmnissen zwischen den Partnerstaaten. Ihr Spezifikum besteht in der Vereinheitlichung der Zölle (gemeinsamer Außenzoll) und anderer handelspolitischer Maßnahmen im Außenverhältnis. Die Außenhandelspolitik wird also vergemeinschaftet. Darin liegt streng genommen bereits ein gewisses Maß an „positiver Integration“. Damit kommen die Wirkungen des internen Zollabbaus voll zum Tragen: sie werden nicht durch interne Grenzkontrollen zur Feststellung des Ursprungs von Waren unterminiert. Der Zollabbau hat nun innerhalb der Zollunion eine Umlenkung der Nachfrage von vergleichsweise teureren Inlandsgütern zu billigeren (oder besseren) Auslandgütern zur Folge. Dies ist die handelschaffende Wirkung der Zollunion: was bisher im Inland hergestellt wurde, wird nunmehr zum Teil importiert. Damit erhöht sich die Kaufkraft der Konsumenten und die Konsumwahl wird erweitert. Die Chance, dass sich am Markt die wahren Konsumentenpräferenzen durchsetzen, verbessert sich (dh die Allokationseffizienz wird gesteigert). Dem stehen aber im Verhältnis zu Drittstaaten auch gewisse handelsablenkende Wirkungen gegenüber: Waren, die bisher billiger aus Drittstaaten bezogen werden konnten, sind nunmehr möglicherweise noch billiger aus den Mitgliedstaaten der Zollunion zu beziehen. Aufgrund der veränderten relativen Preisverhältnisse wird also Nachfrage bis zu einem gewissen Grade von Drittstaaten abgezogen. Hieraus resultieren unter Umständen erhebliche Einkommensumverteilungen zugunsten der Zollunion und zu Lasten von Drittstaaten.
d. Gemeinsamer Markt
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Während sich die Freihandelszone und die Zollunion auf die Liberalisierung des Warenhandels beschränken, bezieht der Integrationstyp des Gemeinsamen Markts[9] auch die Dienstleistungen und die Mobilität der Produktionsfaktoren (Kapital, Arbeit) in die Liberalisierung des zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehrs unter den Mitgliedstaaten mit ein. Die Integration erstreckt sich also auch auf die Dienstleistungs-, die Arbeits- und die Kapitalmärkte, um so eine insgesamt optimale internationale Arbeitsteilung zu erreichen. Zugleich vermeidet der Gemeinsame Markt die Schwierigkeiten und Verzerrungen, die mit einer Freihandelszone oder einer bloßen Zollunion stets verbunden sind.
e. Wirtschaftsunion
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Die wohlfahrtssteigernden Wirkungen einer umfassenden Liberalisierung des zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehrs in einem Gemeinsamen Markt können nicht voll zur Geltung kommen, wenn die mitgliedstaatlichen Wirtschaftspolitiken eine optimale Arbeitsteilung im Integrationsraum behindern. Der Einsatz bestimmter wirtschaftpolitischer Steuerungsinstrumente (wie beispielsweise der Geldpolitik) seitens der einzelnen Partnerstaaten kann angesichts der Verflechtung der Güter- und Faktormärkte erhebliche Rückwirkungen auf die jeweils anderen Partnerstaaten haben und dazu führen, dass sich diese Instrumente in ihren Wirkungen gegenseitig behindern oder gar aufheben. Die von Tinbergen[10] als „negative“ Integration bezeichnete Beseitigung der Handelsschranken muss also durch ein gewisses Maß an „positiver“ Integration der staatlichen Wirtschaftspolitiken begleitet werden. Wie weit die wirtschaftspolitische Integration gehen soll, richtet sich nach ihrer Eignung, zur Steigerung der Wohlfahrt im gemeinsamen Wirtschaftsraum beizutragen. So vermindert beispielsweise die Integration der Geldpolitik die Transaktionskosten des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs und fördert dadurch die Wohlfahrt. Dem trägt der Integrationstyp der Wirtschaftsunion, die eine Währungsunion einschließt, Rechnung.[11] Die wirtschaftspolitische Integration setzt allerdings den Konsens unter den Partnerstaaten über die grundlegenden wirtschaftspolitischen Ziele und deren Rangverhältnis voraus, eine einigermaßen gleichmäßige Bewertung der tatsächlichen Entwicklungen, eine Übereinstimmung hinsichtlich der generellen wirtschaftspolitischen Strategien und die gegenseitige Berücksichtigung der Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf die Partnerstaaten.
f. Vollintegration
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Der Zustand der Vollintegration[12] ist idealtypisch erst erreicht, wenn gewisse wirtschaftspolitische Entscheidungskompetenzen vollständig vergemeinschaftet (zentralisiert) sind. Anstelle der nationalen Regierungen der Partnerstaaten entscheiden dann supranationale Instanzen mit Verbindlichkeit für alle Partnerstaaten. Der Integrationsraum ist dann nicht mehr nur ein Binnenmarkt, in dem die wohlfahrtssteigernde Wirkung der Arbeitsteilung voll zum Zuge kommen kann, sondern auch ein politischer Raum, in dem darüber hinausgehende Ziele verfolgt werden, die möglicherweise sogar eine internationale Umverteilung von Ressourcen erfordern. Dieser Grad der Integration ist historisch bislang nur im Zuge der Integration vergleichsweise homogener Regionen zu Nationalstaaten erreicht worden. Auch die wirtschaftliche und politische Integration im Rahmen der EU bleibt dahinter zurück, enthält aber durchaus Ansätze dazu (beispielsweise in Gestalt der Regionalpolitik bzw. Kohäsionspolitik, durch die ein grenzüberschreitender Transfer von Ressourcen bewirkt wird). Selbst im Fall der Vollintegration geht es aber nicht um die Zentralisierung sämtlicher wirtschaftspolitischer Entscheidungen auf der supranationalen Ebene. Vielmehr sollten die entsprechenden Kompetenzen – ähnlich wie in föderalen Nationalstaaten – auf die verschiedenen Ebenen verteilt werden, je nachdem auf welcher Ebene die Kompetenzen am besten wahrgenommen werden können.[13]
2. Globale Integration
Literatur:
Nunnenkamp/Gundlach Globalisation of Products and Markets, Kieler Studien 262 (1994); Siebert Weltwirtschaft (1997).
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Unter wohlfahrtökonomischen Gesichtspunkten ist es nicht zweckmäßig, die Liberalisierung des zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehrs auf bestimmte Regionen oder Staatengruppen zu begrenzen. Die Aussagen der Außenwirtschaftstheorie bezüglich der grundsätzlich wohlfahrtssteigernden Wirkungen der internationalen Arbeitsteilung und Spezialisierung gemäß dem Prinzip der komparativen Kostenvorteile sowie der Öffnung der Märkte sind allgemein gültig. Demgemäß gibt es keine Integrationsräume, die sich gegenüber dem Rest der Welt völlig abschließen. Was heute als Globalisierung bezeichnet wird, ist nichts anderes als ein ständig fortschreitender Prozess der Liberalisierung des Wirtschaftsverkehrs zwischen allen Staaten und Integrationsräumen der Welt. Allerdings ist die Intensität der globalen Integration wesentlich niedriger als sie bisher in regionalen Integrationszusammenhängen wie der EU verwirklicht worden ist.