Klaus Ulsenheimer

Arztstrafrecht in der Praxis


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Bedenken begegnen“. [144]

      Hinsichtlich des Behandlungsagierens des Anästhesisten wird in diesem Beschluss in Relation zum Agieren des Zahnarztes festgestellt, „naheliegender“ komme

       „eher eine fehlerhafte medizinische Beurteilung zur Verlegungsfähigkeit des Kindes in den Ruheraum durch den (angeklagten Anästhesisten) in Frage, mithin eine einmalige Fehleinschätzung“.

      Diese eventuell „einmalige Fehleinschätzung“ betraf den Aspekt, ob das Kind angesichts seines konkreten postnarkotischen Zustands „bereits“ in einen „Ruheraum“ (nicht: „Aufwachraum“, siehe oben) verlegt werden durfte.

      Neben den „erheblichsten Bedenken“ hinsichtlich einer Strafbarkeit des Zahnarztes und der Annahme einer allenfalls „naheliegend eher“ in Rede stehenden einmaligen Fehleinschätzung des Anästhesisten waren für die Kammer für eine Verfahrenseinstellung gem. § 153a Abs. 2 StPO – mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der beiden Angeklagten – ein „(komplexer Ursachenzusammenhang) zwischen möglichem ärztlichen Fehlverhalten und dem Tod des Kindes“ maßgeblich. So war von den Sachverständigen in der II. (Tatsachen-)Instanz weitergehend problematisiert worden,

dass das Kind unter einem Williams-Beuren-Syndrom litt, was eventuell Bedeutung für das Eintreten und die Beherrschbarkeit der postoperativen Komplikation hatte, und
wie sich die weitere Behandlung des Kindes bis zu seinem Tod in der Kinderklinik gestaltet hat.

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      (f) Ein weiteres Beispiel bietet das – zivilrechtliche – Urteil des BGH zur Überwachung sedierter Patienten.

      Der Chefarzt hatte seinen Patienten, bei dem eine Magenspiegelung durchgeführt werden sollte, vor der Sedierung über die Risiken des invasiven Eingriffs aufgeklärt und belehrt, dass er nach dem Eingriff kein Kraftfahrzeug führen dürfe. Eine entsprechende Belehrung hatte der Patient bereits durch seinen Hausarzt erhalten. Da am Untersuchungstag das Kind des Patienten erkrankt und seine Frau daher nicht abkömmlich war, kam er mit dem eigenen Wagen, sagte dem Arzt aber, er werde mit dem Taxi nach Hause fahren.

      Der große und schwergewichtige Patient erhielt zur Sedierung 20 mg Buscopan und 30 mg Dormicum. Nach der gegen 8.30 Uhr vorgenommenen Untersuchung verblieb der Patient zunächst eine halbe Stunde im Untersuchungszimmer unter Aufsicht, danach hielt er sich auf dem Flur vor den Dienst- und Behandlungsräumen des Chefarztes auf, der wiederholt Blick- und Gesprächskontakt zu ihm hatte. Ohne vorher entlassen worden zu sein, entfernte er sich kurz vor 11.00 Uhr und fuhr mit seinem Pkw weg. Dabei geriet er nur wenig später aus ungeklärter Ursache auf die Gegenfahrbahn und stieß mit einem Lastzug zusammen. Bei dem Unfall erlitt er tödliche Verletzungen.

      Der BGH stellte – im Gegensatz zu den beiden Vorinstanzen – fest:

      (3) Fallgruppen 2-4: Zusammenarbeit zwischen Facharzt für Allgemeinmedizin und anderen Fachärzten, niedergelassenem Arzt und Krankenhausarzt sowie bei Hinzuziehung eines Konsiliarius

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      Der Vertrauensgrundsatz als tragendes haftungseinschränkendes Kriterium gilt auch in den übrigen Fällen horizontaler Arbeitsteilung:

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