Valentina Gass

Das glück ist nah


Скачать книгу

Wein reichen.”

      Es ist sechs Tage her, seit Alex den “Kredit” von Linda bekommen hat. Heute musste der Mann die Schulden zurückzahlen, und Linda den Betrag an ihre Schwester.

      Linda ist immer noch nicht zur Arbeit erschienen. Nachdem sie den Krankenstand beendet hatte, nahm sie sich eine weitere Woche “auf eigene Kosten”, sodass die Finanzen wirklich anfingen, “Romanzen” zu singen, und die Option, zu Alex zu ziehen, nicht mehr wirklich absurd aussah.

      Linda hatte ein wenig Angst, dass ihr der Wein ausgegangen war. Sie eilte in die Küche, öffnete den Schrank und fand mit Genugtuung an einem geheimen Ort eine kalte Flasche. Geheim, weil sie den Alkohol vor Mayas versteckte. Nachdem ihre Tochter sie als Alkoholikerin bezeichnet hatte, sprachen sie kaum noch miteinander. Aber Linda wollte Maya keine neuen Gründe zum streiten geben, und deshalb versuchte Linda, ihre aktuelle “Schwäche” auf jede erdenkliche Weise zu verbergen.

      Zufrieden mit der Anwesenheit einer “medizinischen” Flüssigkeit im Haus, setzte Linda ihre Überlegungen fort.

      – “Also Alex. Schließlich leben viele Menschen einfach deshalb mit Männern zusammen, weil es so normal ist. Die standesamtliche Eheschließung wird in der modernen Gesellschaft immer häufiger. Bin ich denn schlimmer als andere Frauen? Auch wenn Alex alles andere als ein Löwe im Bett ist, kommt man damit irgendwie zurecht. Alpha-Männer sind eindeutig nicht genug für alle Frauen da. Man sollte mit wenig zufrieden sein… Okay, es ist Zeit, meinen Mann anzurufen, gleichzeitig werde ich herausfinden, ob er seine Meinung über das Zusammenleben geändert hat. Obwohl nach dem, was ich für ihn getan habe, das letzte Ekelhafte seinerseits sein wird”.

      Linda wählte die Nummer, aber niemand antwortete.

      “Seltsam”, dachte sie. – “Wir haben es doch besprochen”.

      Die ersten Anzeichen von Angst zeigten sich in Linda, als Alex nach einer halben Stunde und auch nach einer Stunde nicht antwortete. Zwei Stunden später war sein Telefon aus. Linda ging ins Internet und entdeckte dort mit einem mulmigen Gefühl, dass “ihr Mann” alle Accounts gelöscht hatte.

      Um ehrlich zu sein, “roch der Sache nach Kerosin”.

      Wenn sie Irina die Schulden heute nicht zurückzahlt, wird sie einfach vor Scham untergehen. Aber was soll man machen?

      Linda durchsuchte hektisch die Notizen auf ihrem Handy. Obwohl sie noch nie in Alex’ “Zweizimmerwohnung” gewesen ist, gab er ihr mal die Adresse für alle Fälle, sie schrieb sie sich in die Notizen ihres Smartphones.

      Hier ist sie! Gefunden!

      Bevor sie sich eine Jacke überwarf und aus ihrem Haus rannte, wählte Linda noch einmal Alex’ Nummer – ohne Erfolg.

      Zu Alex seiner Wohnung musste Linda 6 Haltestellen fahren. Linda fuhr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin und spürte ein immer stärker werdendes nervöses Zittern in ihrer Seele.

      Als sie den Klingelknopf der gewünschten Wohnung drückte, erreichte ihre schmerzhafte Erregung ihren Höhepunkt.

      Das Schloss klickte – Linda erstarrte – und die Tür schwang auf. Doch statt Alex stand eine beleibte ältere Frau auf der Schwelle und musterte den ungebetenen Gast genau.

      “Seine Mutter, oder was?” Linda blitzte auf.

      – “Ich höre Ihnen zu”, sagte die Dame mit leiser, kecker Stimme.

      – “Ah”, Linda zögerte. “Wohnt Alex hier?”

      – “Alex hat hier gelebt”, die Frau kniff die Augen zusammen. “Aber er ist vor einer Woche ausgezogen”.

      – „Wie..ausgezogen?” Linda verstand nicht. – “Und wer sind sie für ihn?”

      – “Ich bin niemand für ihn”, erklärte die Dame. – “Ich bin die Eigentümerin der Wohnung, ich vermiete sie”.

      – “Das kann nicht sein…“, flüsterte Linda. “Wo ist er hin, wissen sie das?”.

      Die Frau kicherte. – “Ich habe keine Ahnung. Ehrlich gesagt habe ich ihn rausgeschmissen. Wegen Nichtzahlung. Ich hätte das schon viel eher tun sollen, als man ihn gefeuert hatte”.

      – “Wie gefeuert?” Lindas Augen weiteten sich unwillkürlich.

      – “Und Sie, meine Liebe, wer sind sie?”

      – “Ach, also, eine Bekannte.”

      – “Mir scheint es, als hätte er sie auch betrogen?, stellte die Frau fest “Ich bin nicht einmal überrascht. Er wurde schon vor einem Monat gekündigt. Und dank seiner Sucht verlor er seine Abfindung ganz schnell”.

      – “Was für eine Sucht?”

      – “Spielautomaten natürlich. Er ist ein Spieler, ein Zocker”.

      Die neuen Enthüllungen waren so ungeheuerlich, dass Linda sie nicht vollständig begreifen konnte. Sie war in völliger Erschöpfung und konnte die neuen Infos nicht in ihren Kopf integrieren. Es kam ihr vor, als hätte sich irgendein Irrtum eingeschlichen, und die Dame hatte jetzt eine ganz andere Person im Sinn.

      – “Sie reden von Alex …? „– Linda nannte seinen Nachnamen.

      – “Von wem sonst”, die Frau„tötete” Lindas letzte Hoffnung.

      – “Ich nehme an, er hat auch kein Auto”, murmelte Linda, eher eine Antwort auf ihre Gedanken, “weder kaputt noch intakt”.

      Die Dame sah sie besorgt an und bestätigte damit indirekt die letztere Annahme.

      – “Mein Gott…” Lindas Beine wurden plötzlich schwach und sie hatte Angst, dass sie gleich in Ohnmacht fallen würde.

      – “Sie sind etwas blass geworden”, runzelte die Frau besorgt die Stirn. -“Kommen Sie, ich gebe ihnen wenigstens einen Tee…”

      – “Herr Bayer?”

      – “Genau dieser. Und du bist, nehme ich an, Linda, das nette Mädchen aus dem Bus?”

      – “Ja das bin ich”.

      – “Der Stimme nach zu urteilen, ist dir etwas passiert?”

      – “Sie haben Recht. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll. Ich schäme mich schrecklich. Aber für mich ist es eine echte Katastrophe. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Mein Leben geht den Bach runter”.

      – “Bitte beruhigen sie sich. Kein Problem gewinnt an Bedeutung, wenn es diskutiert wird. Gehen wir also der Reihe nach vor”.

      – “Ich… ich weiß nicht… ich…”

      – “Also. Ich habe das Gefühl, dass dies kein Telefongespräch ist. Komm in mein Büro. Ich bin immer noch bei der Arbeit. Jetzt sofort. Auf der Stelle”.

      – “Es ist mir so peinlich, dass ich ihre …”

      – “Hören sie auf. Wenn sie mich schon anrufen, bedeutet dies, dass die Angelegenheit dringend ist!”

      – “So ist es”.

      – “Dann ist es entschieden. Ich schicke ihnen die Adresse. Ein Kopf ist gut, aber zwei sind besser”.

      Onkel Gi‘s Plan

      – “Lassen wir das offizielle einfach”, sah Herr Bayer Linda, vielleicht sogar ein wenig fordernd, an. “Sie sind nicht bei einem Termin und ich bin nicht Ihr Psychoanalytiker. Lassen sie uns einfach wie zwei intelligente Menschen reden…”.

      Linda kicherte leicht. Sie wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Dort, im Bus, sah Herr Bayer beim ersten Treffen aus wie ein gewöhnlicher alter Mann, der Großvater einer großen Familie, wie sie gerne in Werbebroschüren dargestellt werden. Trocken, aber stark. Mit einem faltigen, aber freundlichen Gesicht. Hier, am Mahagonitisch im Büro des “Direktors”, bekam der ältere Herr neue Eigenschaften: Repräsentativität,