Valentina Gass

Das glück ist nah


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wieder”, Alex verzog tragisch sein Gesicht. – “Was ist so lustig? Ich bin aufrichtig und du…”

      – “Okay, okay, ich beherrsche mich”, versprach Linda.

      – “Ich schlage vor, zu versuchen, zusammen zu leben”.

      – “Wow! Sehr unerwartet”.

      – “Ich weiß. Aber ich denke, dass wir dann in der Lage sein werden, unsere Beziehung vollständig zu testen und uns irgendwie aneinander zu gewöhnen oder so. Und unsere Treffen für… naja… zum Vergnügen, sind meiner Meinung nach sehr oberflächlich”.

      – “Tatsächlich sind die Freuden unserer Treffen sehr oberflächlich”, – Linda konnte nicht widerstehen. “Aber wir können es zumindest versuchen”.

      – “Ich hoffe, dein brillanter Plan sieht nicht vor, mit Maya in meiner Wohnung zu wohnen?”

      – “Nein, natürlich nicht!” Alex winkte sogar ein paar Mal mit den Händen.

      – “Ich habe an alles gedacht. Lass uns erstmal in meiner Zweizimmerwohnung leben. Und Maya… naja, sie ist doch schon erwachsen. Sie wird sogar glücklich sein, wenn sie in Ruhe gelassen wird. Aber du wirst natürlich ab und zu zu ihr kommen, alles kontrollieren und so weiter”.

      – “Hast du lange darüber nachgedacht?”

      – “Du bist nicht einverstanden?”.

      – “Nein, das ist Unsinn”.

      – “Warte”, Alex drückte seine Hand auf seine Brust. -“Sei nicht so voreilig. Lass uns nochmal nachdenken. Niemand zwingt uns”.

      – “Nein, nein, keiner zwingt uns…”

      – “Ach, übrigens, kann ich dich noch um etwas bitten?”

      – “Um was denn?”

      – “Du hattest doch mal gesagt, dass du einen guten Bekannten in einer Autowerkstatt hast. Ich muss den Motor an meinem Auto tauschen. Ich bin ohne das Auto, wie ohne meine Hände. Du weißt doch was für einen Job ich habe! Ich habe mich schon um den neuen Motor gekümmert, ihn sogar reserviert, aber wie es der Zufall wollte, musste ich meinem Verwandten eine große Summe Geld leihen. Ich wollte bei der Arbeit einen Vorschuss nehmen, aber mein Chef ist nicht drauf eingegangen. Und wenn ich das noch länger rauszögere, dann ist der Motor oder der Rabatt dafür weg.

      – “Ich verstehe nicht ganz, was habe ich damit zu tun?” Linda runzelte die Stirn.

      – “Nun, ich brauche nur ein paar tausend Euro. Ich wollte sie mir bei dir leihen, nur bis zu meinem Zahltag. Das sind nur ein paar Tage! Nächste Woche bekommst du sie wieder zurück!”

      – “Bist du noch ganz bei Sinnen?” kicherte Linda hysterisch. “Sehe ich aus wie Mrs. Rockefeller?”

      – “Ich dachte, dass… Nun, vielleicht hast du ja Ersparnisse… Kleine…”

      – “Alle meine Ersparnisse sind in Säcken”, sagte Linda.

      – “In welchen Säcken?”

      – “Diese hier”, Lnda berührte rücksichtslos ihr Gesicht und zog ihr Augenlid leicht nach unten. – “Tränensäcke unter den Augen…”

      – “Du hast kein Geld?”

      – “Gar nichts”.

      – “Dann bin ich tot. Ohne Auto werden sie mich feuern und auf die Straße werfen”.

      – “Ich kann dir nicht helfen”, Linda sah gleichgültig und teilnahmslos aus.

      Nach dieser Aussage schwieg Alex eine Weile.

      So saßen sie sich schweigend auf der Couch gegenüber.

      – “Nun denn”, sagte der Mann schließlich. “Dann werde ich wohl gehen”.

      Linda kam es so vor, als würden Alex’ Augen funkeln, als würde er gleich weinen. Sie unterdrückte den aufwallenden Wunsch, eine Person, die ihr nicht ganz fremd war, irgendwie zu trösten. Oder zumindest ermutigen. Stattdessen folgte sie Alex stumm in den Flur.

      – “Tschüss”, sagte er und zog seinen Mantel an.

      – “Tschüss”, wiederholte Linda.

      Fünf Minuten später saß sie am Küchentisch und starrte eine verschlossene Weinflasche an. Einerseits wollte sie sofort ein Glas füllen und trinken. Sie konnte schon diese herbe Wärme spüren, die sich in ihr ausbreiten und all ihre Probleme ein wenig beiseite schieben würde. Aber auf der anderen Seite verspürte sie ein unerträgliches Unbehagen. Davon, dass sie Alex so unschön behandelt hat. Er kam mit der letzten Hoffnung zu ihr, und sie… Er bot sogar an, zusammen zu leben, wow! Nicht, dass Linda dem zustimmen könnte, egal unter welchen Bedingungen. Aber allein die Tatsache des Angebots veranlasste sie, die Situation etwas anders zu behandeln.

      Jetzt fühlte sich Linda wie eine herzlose Schlampe. Sie hätte den Menschen wenigstens irgendwie unterstützen können. Ach, wenn sie bloß Geld hätte, dann…

      Linda nahm die Flasche, hob die Verpackung mit ihrem Fingernagel auf, wickelte sie aus und entfernte den Korken. Dann überlegte sie ein paar Sekunden und stellte den Wein wieder auf den Tisch.

      Sie ging ins Zimmer, nahm ihr Smartphone und wählte “Schwester” aus der Kontaktliste.

      – “Hallo”, – Ira antwortete nach dem ersten Piepton, als würde sie auf einen Anruf warten.

      – “Ich bin es”, sagte Linda. – “Kannst du sprechen?”

      – Ja. Was ist passiert?” – man konnte die Sorge in Irinas Stimme hören.

      – “Nichts, nichts”, beeilte sich Linda, sie zu beruhigen. – “Alles ist in Ordnung, alle sind am Leben und wohlauf”.

      – “Was ist denn dann?”. .

      – “Ich brauche dringend Geld”.

      – “Wie viel?”

      – “Zweitausend Euro. Nur für eine Woche”. Linda wartete mit angehaltenem Atem auf eine Antwort, aber ihre Schwester schwieg.

      – “Darf ich fragen wozu”? fragte Irina.

      – “Nein, lieber nicht”.

      – “Ich verstehe. Aber du würdest mich nicht fragen, wenn es nicht absolut notwendig ist. Nicht wahr?

      – “Gibst du mir das Geld oder nicht?”

      – “Ach Lin, ich hoffe du lässt dich nicht wieder auf etwas komisches ein…”

      – “Ja?”

      – “Hast du das Geld schon gefunden?”

      – “Ich habe niemanden mehr, den ich fragen könnte”.

      – “Komm nochmal zu mir”.

      – “Wozu?”

      – “Ich habe zweitausend für dich”.

      – “Was?!”

      – “Was du gehört hast”.

      – “Aber wie? Jetzt …, wirklich”?

      – “Wirklich, wirklich. Beeil dich, ich habe noch was zu tun”.

      – “Linda, du bist einfach wundervoll. Wie sieht es eigentlich mit dem Umzug aus?”

      – “Damit lassen wir uns erstmal noch Zeit”.

      – “Okay, du hast keine Ahnung, wie dankb…”

      – “Kommst du oder nicht?”

      – “Ich komme. Besser gesagt, ich fliege schon”!

      Warum