von den Hörner bis zum Schwanz wuchs ihm eine flauschige, rosafarbene Mähne, die mit einer langen Quaste an der Spitze seines Schwanzes endete.
Lutan war ein hoffnungsloser Träumer. Sein Kopf war immer „in den Wolken“, mal betrachtete er eine Blume auf der Wiese, mal beobachtete er wie ein Marienkäfer auf seiner Schnauze herumkrabbelte. Lutan wollte gerne neue, ihm bisher unbekannte Orte besuchen. Er wollte so schnell wie möglich frei werden und sich ohne Aufsicht des Vaters, für weite Strecken vom Schloss und den Wachen entfernen.
Den dritten Bruder – Largo – zeichnete besonders aus, dass er viel nachdachte, manchmal viel zu viel. Ständig dachte er sich etwas aus, überlegte, spielte Dinge durch und plante. Oft waren seine Ideen und Vorschläge eine große Hilfe in den väterlichen Geschäften. Largos Kopf war nicht „in den Wolken" wie der seines Bruders Lutan, er war sehr praktisch veranlagt. Geboren wurde er mit eher hellen Farben, aber mit den Jahren wurden seine Schuppen dunkler und seit seiner Volljährigkeit hatte er die Farbe einer Krähe. Der Körper des dritten Bruders glänzte in der Sonne, als ob seine Schuppen nass wären. Er schillerte blauschwarz und manchmal war es möglich sich in ihm, wie in einem Spiegel zu betrachten. Die Unterseite seines Bauchs bis hin zum Schwanz war hellblau. Im Unterschied zu seinen Brüdern, hatte er einen massiven Nacken und massive Flügel mit Krallen. Seine Ohren liefen in eine Art himbeerfarbene „Flossen“ über, die einen Teil seiner etwas verdrehten Hörner bedeckten. Eine weitere blutrote „Flosse“ wuchs seinen Körper entlang und die dunkle Farbe des Körpers ging, vom Rücken zu den Spitzen der Flügel stufenlos in ein Purpurrot über. Der Stein auf seiner Stirn hatte die gleiche Farbe.
* * *
Am Tag der Volljährigkeit seiner Söhne, veranstaltete König Nait eine fulminante Feier. Alle Vertreter der Drachenwelt kamen auf Schloss Leimader zusammen. Gemessenen Schrittes zog der Drachenadel, in Begleitung seiner Nachkommen und Vasallen, vom Landeplatz vor dem Schloss hin zum Haupttor. Neben dem Tor, wie neben allen Türen standen Wachen. Sie waren ein fester Bestandteil von Leimader und ergänzten durch ihr Auftreten noch mehr die Schönheit des Schlosses.
Alle Wächterdrachen trugen Rüstung. Auf ihren Helmen und ihrer Brust war ein, auf einem Turm sitzender, Drache eingraviert. Jeder Krieger hielt in seiner Hand einen Speer und in der anderen ein fast ovales Schild mit einem Schlitz. Dieses Schild war ein echtes Kunstwerk: mittig war ebenfalls ein Drachen eingeprägt, dieser hielt den heiligen Stein des Lichts.
Das Bild erinnerte an das Wappen, welches auf den Fahnen die
auf den Türmen und am Eingang des Schlosses wehten, zu sehen war. Am Gürtel jedes Kämpfers hing ein Schwert, das aus seltenem Metall von örtlichen Handwerkern geschmiedet worden war. Die Schwerter schimmerten als ob sie magisch wären, ihre geschnitzten Handgriffe trugen eine Beschriftung die Runen ähnelte und ein geordnetes Muster bildete. Und in der Fassung des Handgriffs lag ein Kristall.
Diese Rüstung wurde jeweils von Großvater zu Vater, von Vater zu Sohn vererbt. Gemäß der alten Tradition wurden Wächter aus ein und demselben Klan der Drachen gewählt. Mit Bedacht wurden die stärksten, größten und zähesten ausgesucht. Daher war es immer eine Freude sie anzusehen – sie waren der Stolz von Leimader…
Ebenso wie die Ritter, nahmen auch die Wachen an Turnieren teil und waren fixer Bestandteil der Festzüge, die mehrmals im Jahrhundert zu Ehren der Stadt veranstaltet wurden. Die Wachen gingen immer voran, stolz ihren Schild und Speer präsentierend.
Nico
Nico wurde zwar in eine adlige Familie geboren, aber von Geburt an unterschied er sich völlig von seinen Brüdern und Schwestern. Sie hänselten und beleidigten ihn ständig auf Grund seiner seltsamen Erscheinung. Niemand wusste wieso, aber Nico wuchs einfach nicht weiter (er war in etwa so groß, wie ein mittelgroßer Hund auf dem Planeten Kitur, der sich auf seine
Hinterpfoten stellt). Nicos Hinterpfoten waren sehr groß und stark im Vergleich zu den Vorderpfoten, die sehr klein und kurz waren. Daher waren die Momente wenn sein Rücken juckte, die quälendsten für ihn, denn er musste sich an verschiedene Flächen reiben, um sich kratzen zu können.
Seine lang gedehnte Schnauze mit großen Augen und genauso
großen Vorderzähnen sah lustig aus und ließ ihn wie eine Art Tierchen aussehen, die auf dem Planeten Kitur lebten. Zusammen mit seinen langgezogene Ohren, dem vorgewölbten Bauch, langen Schwanz und seinem Gefieder das nicht ganz ausgebildet war, wurde er zum Gegenstand ständigen Spotts seitens der anderen Kinder. Besonderen Kummer machten ihm seine nicht durchgebrochenen Hörner, denn Hörner sind der größte Stolz eines jeden Drachens. Mann kann nicht sagen, dass Nico wirklich hässlich war, aber seine kreisförmigen, seltsamen Federn machten den kleinen Drachen noch lächerlicher und merkwürdiger. Sogar seine Farbe war nicht so leuchtend wie bei den Anderen – er war braungrau mit einem so undeutlichen Muster, dass es aussah, als ob es Schmutzflecken wären. Nicos schmächtige Flügel hatten die richtige Form und waren so wie bei den anderen Drachen, aber sie waren nicht stark genug, um ihn in die Luft zu heben.
Der kleine Drache litt diesbezüglich sehr und dass seine Schwestern und Brüder ihn auslachten, machte sein Leben noch unerträglicher. Eines Tages, nach einem abermaligen, bösen Streich der Geschwister, riss klein Nico von zu Hause aus.
Er streunte durch die Gärten, ernährte sich von Obst und Beeren, fing Frösche und lernte die Welt um ihn herum kennen. Eines Tages, auf einer Wiese inmitten von dichtem Gras liegend, bemerkte Nico, dass auf den Blüten um ihn Bienen saßen, Nektar sammelten und in ihr Nest brachten. Der Geruch von Honig lockte ihn. Seit seiner Kindheit kannte er diesen berauschenden Duft, denn seine Mutter gab ihm Milch mit Honig. Wie hypnotisiert folgte er dem Geruch, ohne auf den Weg zu achten, denn seine Augen waren auf den grauen „Sack“ gerichtet, der von einem dicken Ast hing. Einzig, er wusste nicht wie man Honig erntet.
Er kletterte auf den Kirschbaum und kroch zum Bienennest. Der Ast unter ihm bog sich tiefer und tiefer und als der glücklose Drache fast sein Wunschziel erreichte und den „Sack“ beinahe in den Pfoten hielt, brach der Ast und Nico fiel zusammen mit seiner Beute zu Boden.
Durch die unsanfte Landung erdrückte Nico das Bienenhaus und eine Unmenge wütender Bewohner stürmte hervor. Es bildete sich eine große, bedrohliche Wolke in der Luft, die sich direkt auf den Drachen stürzte. Erst stach ihn eine Biene, dann eine zweite…
Nico lief stolpernd über die Wiese, warf mit Zapfen nach den Bienen, versteckte sich hinter Bäumen und unter deren Wurzeln, aber die kleinen Bienen fanden ihn überall. Um der schrecklichen Horde zu entkommen, warf Nico einen Zweig nach ihnen. Der Bienenschwarm zerfiel für einen Moment, kam aber schnell wieder zusammen und attackierte den Zerstörer ihres Nestes erneut unter lautem Gedröhne. Jedoch gab, die vorübergehende Verwirrung der Bienen, Nico die Möglichkeit fortzulaufen und in ein kleines Gewässer in der Nähe eines Felsens zu springen.
Der glücklose Langfinger saß nun unter Wasser und seine riesigen Augen blickten, wie zwei starre Bälle, durchs Nass auf die Bienen, die darüber kreisten und ihm nun noch schrecklicher
vorkamen. Sie wollten offensichtlich nicht weg fliegen. Nico saß still, bis er fast keine Luft mehr hatte, dann kroch er auf dem Boden zum nächstgelegenen Ufer, dort wuchs Schilf und hohes Gras. Er machte sich aus Schilf ein Röhrchen, mit dessen Hilfe er atmen konnte und blickte sich um, fieberhaft überlegend, wie er nur aus dieser Situation herauskommen könnte. Plötzlich sah Nico unter Wasser eine ziemlich breite Felsspalte. Mit Hilfe seines neuen „Atemgeräts“ nahm er tief Luft, schob sich durch die Felsspalte und tatsächlich, schon bald erreichte er einen trockenen Platz. Er schaute sich um und begriff, dass er in einer kleinen Höhle gelandet war.
Bald stellte er fest, dass es einen weiteren Ausgang gab. Dieser war mit Gebüsch überwuchert und über ihm hing ein Teil eines Hauses. Aber die Höhle war Dank des Gebüschs so gut versteckt, dass niemand auf die Idee gekommen wäre, sie hier zu vermuten.
Auf diesem Weg fand Nico ein neues Zuhause. Auf Honigjagd ging er nicht mehr, er hatte genügend Obst und Beeren. Der kleine Drache war nie auf