war eins meiner ersten Geschäfte bei meiner Zurückkunft, von der Lage Ihrer Angelegenheit vollständige Kenntniß zu nehmen. Die Sache verhält sich so: Es ist unstreitig Koref ein Ernst gewesen, Ihnen hier eine angemessene Stellung zu verschaffen, und sein erstes Augenmerk war, wie Sie wissen, auf die Akademie der Künste gerichtet. Die Schwierigkeit, die sich hierin hervorgethan, indem Herr von Altenstein eine vollständige Reform der ganzen Organisation beabsichtiget, und hiervon Ihre Anstellung abhängig gemacht, – welches aus mehren Gründen eine sehr langsam reifende Frucht getragen haben wird – scheint Koref’s Plan, Ihnen vorläufig ein Wartegeld auszuwirken, um Ihnen einen festen Standpunkt zu sichern, hervorgebracht zu haben. Hier kann ich aber nur sagen, es scheint, weil darüber keine Verhandlungen bei den Akten sind, sondern sich Alles in seiner Verwahrung befindet, und seinen Reden nicht immer Glauben geschenkt werden kann. Bevor er aber diesen Plan vollführen konnte, wozu freilich nicht jeder Zeitpunkt geschickt ist (obwol er mir von Zeit zu Zeit versicherte, der König habe bereits den Antrag des Herrn Fürsten Staatskanzlers genehmiget), traten unsre neuen Finanz-Discussionen ein, die ihn befürchten ließen, daß sein Plan gar keinen Eingang finden werde; er glaubte daher die sich ihm darbietende Gelegenheit, Ihnen das Gehalt der Professur des seligen Solger zu verschaffen, ergreifen zu müssen, wobei er voraussetzte, daß Sie die Pflichten dieser Professur durch einige Vorlesungen in der Woche, über Gegenstände der Wissenschaft und Kunst nach eigner Wahl, ohne Beschwerde würden erfüllen können. Diese Voraussetzung wurde durch das Urteil unsrer akademischen Philister über Solger, den sie nur für ein fünftes Rad am Wagen hielten, begünstigt.
Ich habe mir diese Tage die Sache nur aus den Gesprächen mit Koref, auf dessen Reden an sich, rücksichtlich der Wahrhaftigkeit, nicht viel zu geben ist, und mit Nicolovius, abstrahirt. Koref fügte hinzu, daß, da Sie auf den Antrag gar nicht geantwortet hätten, er die Sache als abgethan habe ansehn müssen. Nach Nicolovius ist inzwischen zwar über Solgers Gehalt verfügt, nicht aber über die Professur, so daß Sie noch immer würden eintreten können, wenn die Rücksichten, die Sie mir mündlich mitteilten, nicht dagegen entschieden. Die Vorlesungen selbst könnten Sie auch nach Nicolovius Meinung sich mit voller Bequemlichkeit selbst einrichten, da es nur darauf ankommt, Ihnen einen Fuß in den Bügel zu verschaffen. Herr v. Altenstein wird hiezu gern die Hand bieten, besonders, da es scheint, daß Sie die Gunst des Kronprinzen für Sich haben, mit dem er vielleicht in andrer Weise zerfallen ist. Das Gehalt wird wieder angewiesen. Den Plan, Ihnen auch ohne die Annahme der Professur vorläufig ein Wartegeld zu verschaffen, müssen wir jetzt, wie die Sachen dermalen liegen, und in Rücksicht auf die Persönlichkeit des Königs, unstreitig aufgeben. Können Sie daher Ihre Bedenklichkeiten gegen die Annahme der Solgerschen Professur überwinden, so will ich bei Herrn von Altenstein sogleich das Weitre einleiten. Vielleicht machen Sie mich mit Bedingungen bekannt, unter denen Sie sich geneigt erklären könnten; ich bin im voraus versichert, man wird Ihnen Alles zugestehen, und Sie sehr bereitwillig in eine Lage setzen, in der Ihre literarische Thätigkeit durch den Amtsberuf zu Vorlesungen nicht im geringsten beeinträchtiget wird. Kurz, man wird Sie gern so setzen, daß das Gehalt, wenn auch nicht dem Namen, doch der That nach, ein Wartegeld seyn wird, und die Zeit wird, wenn Sie nur erst hier und in einer Art von Praxis sind, bald herbeigeführt werden können, Sie nützlicher und für Sie einträglicher zu beschäftigen. Daß dabei auf Ihre Gesundheit immer eine Hauptrücksicht genommen werden müsse, versteht sich von selbst.
Die anderweite Organisation der Akademie ist, wie Herr von Altenstein selbst äußert, im weiten Felde. Er scheint sie ganz aufzugeben; indeß bin ich dieser Meinung so wenig, daß ich vielmehr glaube, der König sei für diese Maasregel noch am ersten zu gewinnen. Nur müssen die Künste einen kräftigern Fürsprecher haben, als Herr von Altenstein zuweilen ist. Immer, kann ich keinesweges behaupten. Sie selbst würden darauf einwirken können, wenn Sie hier sind. – Sie hatten sich vorgenommen, selbst an Herrn v. Altenstein zu schreiben, und ich würde jetzt noch mehr dazu rathen, als ich es mündlich in Dresden schon gethan, sobald Sie sich über die Annahme der Professur entschieden haben. Denn wenn es für diesen Zweck auch wesentlich nicht erforderlich seyn würde, so dürfte es doch schon für eine verbesserte Stellung in Ansehung des Gehalts von Nutzen seyn. Ich erinnere mich aber besonders noch aus frühern Jahren, welchen Eindruck ein Schreiben Adam Müllers, der damals in die dermalige Verkehrtheit noch nicht übergegangen war, obschon auf dem Wege dazu, auf ihn machte, und mit welcher Wärme er sich zu seinem Beschützer erklärte. Müllers Dialektik hatte nur wenigen Theil.
Ich sehe Ihrer gütigen Antwort baldmöglich entgegen und empfehle mich unter Versicherung der unveränderten Hochachtung und treuen Ergebenheit in Ihre freundschaftliche und wohlwollende Erinnerung
II
Ich bin nach dem Tode meiner verewigten Frau von unsern Töchtern beredet worden, einen Theil meiner, ihr gewidmeten Gedichte, die sich ein halbes Jahrhundert hindurch schlugen, in handschriftlicher Form drucken zu lassen, und so ist die Sonetten-Samlung entstanden, deren beiliegendes Exemplar wohlwollend anzunehmen ich Sie freundschaftlich bitte. Entschuldigen Sie geneigt, daß es später geschieht, als billig. Es kam mir aber vor, als ob solche kunstlose Herzens-Ergießungen, die nur der bis zum lezten Hauch angebeteten Freundin gefallen wollten, in ihrer zum Theil veralteten Erscheinung sich unter die Augen von Kennern schicklich nicht wagen sollten. Auch haben die rühmenden Anzeigen in einigen Zeitblättern meine Scheu keineswegs beseitigt, da ich sehr wohl weiß, was davon zu halten ist, wohl aber hat ein Brief von Schlegel aus der neuesten Zeit mich ermuthigt, auch in Ihre Erinnerung durch diese Mittheilung mich um so mehr zurückzurufen, als meine selige Frau sich zu Ihren Freundinnen zählte, und dessen besonders würdig war. Ich habe von jeher eine Abneigung gehabt, von meinen poetischen Productionen etwas drucken zu lassen, weil ich die Stunden, die ich daran gewendet, fast jederzeit den drückendsten Amtsverhältnissen habe abringen müssen, woraus niemals etwas Rechts werden kann, und nur der Haß gegen die Napoleonische Zeit und der Widerwille gegen die konstitutionellen Himmelsstürmer hat mich, zu meinem eigenen, nachmaligen Aerger, in Bewegung bringen können, da mein Gemüth ganz andre Neigungen hat, wie ich unter den Gedichten an meine selige Frau noch aus dem December 1805 eines vorgefunden habe, worin es heist:
mein Kriegs-Lied ist ein zart Sonett
Auf Amors sanfte Macht;
mein Feldgeschrei: „Elisabeth“
Bei Tag’ und stiller Nacht.
Die Zeit hat es anders gefügt, bald nach jenem December.
Meine Tochter Hedwig empfiehlt sich mit mir Ihrem wohlwollenden Andenken. Unter Versicherung der treusten Verehrung und Ergebenheit
Steffens, Henrik
Geboren am 2. Mai 1773 zu Stavanger in Norwegen, gestorben am 13. Febr. 1845 in Berlin.
Ueber die Idee der Universitäten (1809.) – Ueber geheime Verbindungen auf Universitäten (1835.) – Die gegenwärtige Zeit und wie sie geworden, 2 Bde. (1817.) – Die Carrikaturen des Heiligsten, 2 Bde. (1819–21.) – Anthropologie (1822.) – Von der falschen Theologie und dem wahren Glauben (1824.) – Wie ich wieder Lutheraner wurde (1831.) – Was ich erlebte, 10 Bde. (1840–45.)
Romane: Die Familien Walseth und Leith, 3 Bde. (1827.) – Die vier Norweger, 6 Bde. (1828.) – Malcolm, 2 Bde. (1831.) – Novellen &c. &c.
Daß der edle Norweger niemals ganz richtig deutsch lernte, und dennoch einer der begeisterndsten Redner in deutscher Sprache gewesen ist, wissen Alle die einst so glücklich waren, seine collegia zu hören. Was er für den Druck schrieb, ist durch nähere Freunde, oder durch den Hrn. Verleger von allerlei „physisch statt psychisch, Muscheln statt Muskeln, mir’s – mich’s – ihm’s – die’s“ &c. &c. gesäubert worden, wie’s recht und billig war. Seine Briefe, aus denen der Mensch zum Menschen aus der Ferne spricht, wollten wir nicht korrigiren. Mögen sie gedruckt werden, wie sie sind; mögen sie Lesern, die seine Hörer gewesen zu sein sich heute noch freuen, das lebendige Bild des theuren, edlen Verstorbenen recht lebhaft in’s Gedächtniß rufen, mit seinen Schwächen, – mit seiner Größe, seiner unwiderstehlichen Persönlichkeit; ja,