Various

Briefe an Ludwig Tieck 4


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August mit „die humoristischen Studien“ und „die 7 Mädchen in Uniform;“ beide Piecen gingen vortrefflich.

      Gestern reiste der König von hier wieder fort.

      Verehrtester Herr Hofrath, daß meine Frau und ich es sehr bedauerten Sie nicht in Dresden getroffen zu haben, werden Sie ganz in der Ordnung finden; denn Ihren Vorlesungen beiwohnen zu können, zähle ich (nur aus dem, was ich davon erzählen hörte) zu dem herrlichsten und größten Kunstgenuß unserer Zeit, und die Eile, mit der ich nach Hause berufen wurde, brachte mich darum; doch wir werden nicht versäumen kommendes Frühjahr oder Sommer Ihnen unsere ergebenste Aufwartung zu machen, und dann zweifle ich nicht an Ihrer Gewogenheit, daß Sie uns durch Ihr so schönes, seltenes Talent Gelegenheit geben werden, Sie einigemal bewundern zu können.

      Indem wir uns Ihrem gütigem Wohlwollen bestens empfehlen, unterzeichne ich mich als

Dero ganz ergebenster DienerMax. Joh. Seidel.

      P. S. Ich gebe Ihnen noch eine kleine Anekdote zum Besten, die sich in der sich hier befindenden Menagerie der Herrn van Aken und Martin ereignete, als der König von Baiern selbe besuchte. Der Wärter dieser Thiere, welchen die Gegenwart des Königs verlegen machte, zeigte unter anderm auch den sich dabei befindenden großen Löwen, und sagte: Hier ist Sr. Majestät, der größte jezt lebende König – der Thiere. – Wir alle lachten, doch der König von Baiern schien es nicht gehört zu haben.

      Vermuthlich wollte er sagen: Hier Majestät, hier sehen Sie den größten Löwen, der in Deutschland gezeigt wird (welche Rede er zu jedem andern spricht).

      Skepsgardh, Otto von

      Das völlig verrückte Buch: „Drei Vorreden. Rosen und Golem-Tieck, eine tragikomische Geschichte, mit einer Vorrede von Friedr. Rückert“ hat trotz seiner wahrhaft niederträchtigen Ausfälle gegen Tieck so wenig Beachtung gefunden, daß wir lange vergeblich nach einem Menschen suchen mußten, der es nur angesehen. Als wir’s denn endlich selbst in Händen hielten, fanden wir’s noch unter der niedrigsten Erwartung. Der Verfasser hat gerade so viel produktives Talent besessen, um sich einzureden, daß er ein Poet sei; aber auch nicht ein Fünkchen mehr. Wo es ihm an Fähigkeit fehlte zu schaffen, da vermeinte er, es fehle den Andern an Fähigkeit ihn zu fassen; an gutem Willen ihn zu fördern. In Tieck, der ihn lange mit freigebiger Hand unterstützte, erblickte er einen Neider. Er sagt in der Vorrede zu jenen „drei Vorreden“ (lauter unsinniges Zeug!) „Tieck verschmähte es sogar nicht, mir zu zeigen, daß er mich fürchte. Gäbe Gott, er bekäme Ursache dazu!“

      Was er eine Kritik Rückerts nennt, sind ein Paar Zeilen, die dieser gutmüthig und mitleidig einem Unbekannten, der sich an ihn drängte, über einen ersten Versuch hinwarf – gewiß nicht ahnend, daß der Empfänger die Frechheit haben werde, diese Zeilen vor ein hirnverbranntes opus zu setzen, dessen Schluß die gemeinsten Anschuldigungen wider seinen Wohlthäter enthält. Doch spricht eigentlich aus dem Autor wie aus dessen Buche schon der Wahnsinn. – In diesem soll er denn auch – (denn er ist längst verschollen) – seinem unseligen Dasein ein Ende gemacht haben.

      In zwei Punkten ist jedoch Tieck hier abermals anzuklagen. Erstens, wegen der wahrhaft leichtsinnig-gutmüthigen Schwäche, womit er jedem Zudringlichen Ohr, Herz und Hand öffnete, bevor er ihn genauer kannte; zweitens wegen der Saumseligkeit, die er sich dann zu Schulden kommen ließ, wenn er einen solchen Menschen endlich durchschaut hatte, und den nothwendigen Bruch verschob, aus Mangel an Entschluß.

      Hätte er dem eitlen Narren sein Manuskript umgehend zurückgeschickt und kurz erklärt, was er davon halte, so könnten die Vorwürfe ihn nicht getroffen haben, die der dritte Brief enthält.

      I

Berlin, d. 12ten August 1843.Hochverehrter Herr Geheimerrath!

      Im Vertrauen auf die mir, als einem Strebenden von Ihnen so freundlich zu Theil gewordene Berücksichtigung erlaube ich mir Ihnen den zweiten Theil meines Romans so umgearbeitet zu überschicken, wie ich ihn gern gleich damals gesehn hätte, als Sie so gütig waren dem rohen Entwurf Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Wieder muß ich’s bedauern, Sie damals mit dem ungefügen Produkt belästigt und Ihnen so vielleicht die Lust, es noch einmal durchzusehn, benommen zu haben. Doch ist der größeste Theil völlig neu und das Alte nur an wenigen Stellen geblieben wie es war. Ich glaube alles gethan zu haben, was in so kurzer Zeit und bei meiner Lage an einem Werke zu thun möglich ist, dem man entwachsen zu sein glaubt, oder dessen gute Idee man doch mindestens gern von vorn herein ganz anders angelegt wünschte. Ihre Winke hab’ ich mir, wie Sie sehn werden, überall zu Nutz gemacht und bitte Sie nur sehr, sich durch das erste Kapitel nicht abschrecken zu lassen, das mit Fleiß etwas sandig angelegt ist, damit das Interesse in dem Maße zunähme, als man sich der Poesie des Landlebens nähert. Indem ich Ihre Erlaubniß, Sie am Schlusse des Werkchens einführen zu dürfen, benutzte, hab’ ich daselbst alles gesagt, was ich von der Angelegenheit mit der Vorrede fürchte und hoffe. Sollte Ihnen etwas im Werkchen misfallen und Sie darum Bedenken tragen, meinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen, so haben Sie die Güte, das Mißfällige fortzustreichen und wenn auch darüber die halbe Arbeit draufginge. Wer schlechtes einbüßt gewinnt. In einigen Tagen werde ich nach Ihrer Anweisung auch mit dem ersten Theil, aber hier nur bescheidend verfahren, womit ich in 8 Tagen fertig zu sein hoffe. All’ meine Hoffnung, so wie die meiner armen Schwester, ist jetzt auf das Werkchen und Sie gerichtet. Sein Sie mir nicht böse, daß ich an der Stelle, wo ich Sie in das Märchen einführen durfte, meiner Begeistrung keine zu engen Schranken anlegte3, ich bin Ihnen mehr schuldig als Sie vielleicht ahnen, ich habe Ihnen die Idee zu verdanken, in welcher allein die Poesie liegt, daß nur die allmächtige Leidenschaft poetisch sei, und daß alle Kunst darin bestehe, diesen Strom von seinem Ursprunge an bis an das Meer zu verfolgen, indem man weder die Blumen am Ufer noch die künstlichen Hemmungen vergißt, welche des Stromes Gewalt vergrößern, indem sie ihn aufhalten, so daß er in Diamanten stäuben und in Strahlen schäumen muß. Jetzt verstehe ich Romeo und Julie, Werther, Coriolan u. a. Meisterwerke erst. Sie werden vielleicht über den jungen Menschen lächeln, der eine Ihnen sicher längst geläufige Idee so prahlend hervorhebt, aber solche Gedanken entscheiden mehr als alles, das fühl ich, über die Richtung, die ein strebender Geist einschlägt; oder sie ersparen wenigstens ein langwieriges Tappen auf gut Glück. – Wenn doch das Schicksal mir den einen stolzen Wunsch gewährte, einem Manne in der Litteratur, bevor er vom Leben scheidet Freude zu machen, einem verehrten Manne, bei dem man sich eben nicht auf die honetteste Weise eingeführt hat.

      Ich will Sie nicht mit zu langem Geschwätz ermüden, zumal auch meine Schwester sich’s nicht nehmen läßt an Sie zu schreiben. Gott schenke Ihnen noch lange Gesundheit und heitern Muth, damit auch ich noch lange von einem Auge weiß, das auf mir ruhend mich zu Thaten anspornt.

      Mit vollkommner Hochachtung

Ihr ergebensterOtto v. Skepsgardh.

      II

Berlin, d. 31sten August 1843.Hochverehrter Herr Geheimrath!

      Ich bin so frei Ihnen wieder ein Werkchen zu schicken, diesesmal jedoch nur mit der Bitte um Ihr Urtheil darüber. Es ist in vier Tagen aufgefaßt und niedergeschrieben, als Ableitung einer peinigenden Ungeduld. Um den dritten Akt bin ich etwas besorgt, da ich ihn gleich gestern Abend in’s Reine geschrieben. Noch keine meiner Arbeiten hat mir jedoch unmittelbar nach der Vollendung so im Ganzen gefallen, als dieser melankolische Scherz und ich nehme das für ein gutes Zeichen. Freuen würd’ es mich, wenn das Stück sich Ihre Zufriedenheit erwürbe, da ich als Dramatiker nicht wohl bei Ihnen zum ersten Male bestanden. Ist es wohl werth aufgeführt zu werden? Welchen Weg hätte ich da einzuschlagen. Ein bloßes Hinsenden an eine Direktion ist langwierig und mir wäre es lieb wegen meiner Schwester, je eher desto lieber einen kleinen Einfluß auf die Bretterwelt zu erlangen. Werden Sie mich auch nicht für unleidlich zudringlich ansehn müssen? Aber setzen Sie sich in meine Lage, die in diesem Augenblick nicht die beste ist, wäre nicht noch das Bißchen Hoffnung, so müßte man verzweifeln. Alle meine Schritte für uns das Nothwendige zu besorgen, sind bis heute fruchtlos im Wesentlichen geblieben. Nun faßte ich den Plan, meine Vorreden an einen kunstliebenden, mir bekannten hiesigen Bankier, der mir