wir von Sprache sprechen, dann meinen wir oft beides: gesprochene Sprache und geschriebene Sprache. Die Laute gehören zur gesprochenen Sprache. Sie sind deren kleinste Einheiten. Indem wir diese kleinsten Einheiten wie Bausteine miteinander kombinieren, bilden wir Silben und aus diesen Silben Wörter. Gesprochene Wörter.
Ganz besonders deutlich ist das in Wörtern, die auf den Buchstaben e enden. In Buche, Flasche oder blöde ist der e-Laut kaum noch zu hören. Er wird zum »Murmelvokal«. In den Nachsilben -em, – en und -el wird er ganz »verschluckt«. Aus dem geschriebenen fahren wird ein gesprochenes »fahrn« und aus Dünkel wird ein gesprochener »Dünkl«.
Sie erinnern sich: Nur »was du schwarz auf weiß besitzt, kannst du getrost nach Hause tragen«, sagt schon Mephisto in Goethes »Faust«. Beim Verschriften der gesprochenen deutschen Sprache bedienen wir uns im Wesentlichen des lateinischen Alphabets, das um einige Sonderzeichen ergänzt ist. Insgesamt kommen wir auf 26 Buchstaben – 52, wenn wir die Großbuchstaben separat zählen – sowie die Sonderzeichen für die Umlaute ä, ö, ü und natürlich das Dreierles-S ß. Alles in allem sieht das dann so aus:
a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z ä ö ü ß
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z Ä Ö Ü
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass es seit 2008 ganz offiziell auch eine großgeschriebene Form des ß gibt. Sie ist in der ISO-Norm ISO/IEC 10646 niedergelegt, muss uns aber in einer Grammatik nicht weiter interessieren. In die amtlichen Rechtschreibregeln hat sie ohnehin noch keinen Eingang gefunden.
Beispiele gefällig?
✔ Ein Laut / mehrere Buchstaben: eng, schön, Charme, dich, wach
✔ Mehrere Laute / ein Buchstabe: Xylofon, Nixe
Gar nicht so selten kommt es vor, dass im geschriebenen Deutsch ein und derselbe Laut durch unterschiedliche Buchstaben oder Verbindungen von Buchstaben wiedergegeben wird. Das erschwert die Rechtschreibung, hilft aber in manchen Fällen, Wortbedeutungen auseinanderzuhalten.
Auch hierzu ein paar Beispiele:
✔ Ein lang gesprochenes a: Wal, Wahl, Saal
✔ Ein lang gesprochenes i: wir, ihnen, Bier, Meeting, Lady
Beispiele:
✔ deutsches Wort: Garten, Gier, Laden
✔ »fremdes« Wort: Garage, Genie, Lady
Da Sprache dem Hauptzweck dient, über zwischenmenschliche Kommunikation gemeinsames, ergebnisorientiertes Handeln zu ermöglichen, geht es beim Sprechen und Schreiben darum, Nachrichten oder Botschaften, kurz: Inhalte auszutauschen. Wörter und aus Wörtern gebildete Sätze haben Bedeutungen, die es auszudrücken und zu verstehen gilt.
Auf den einzelnen Laut oder Buchstaben heruntergebrochen, gilt das allerdings nicht. Ein Laut oder Buchstabe hat, für sich genommen, keine Bedeutung. Sie können allerdings eine bedeutungsunterscheidende Funktion haben. Ein Baum ist eben doch etwas ganz anderes als ein Raum.
Kleiner Ausflug in die Sprachwissenschaft (1)
Was wir beim Sprechen unter Zuhilfenahme der aus der Lunge ausströmenden Atemluft und diverser anatomischer Gegebenheiten in Hals, Rachen und Mund-Nase-Raum als Laut bilden, ist für die Sprachwissenschaft ein Phon (Mehrzahl: Phone). Phone, die in Wörtern für Bedeutungsunterschiede sorgen, heißen Phonem (Mehrzahl: Phoneme). Das B in Baum und das R in Raum sind also nicht nur Phone, sondern darüber hinaus Phoneme. Dasselbe gilt für B und P in Bort und Port oder H und N in Hase und Nase, a und o in wagen und wogen und viele andere. Daneben gibt es bei einzelnen Lauten Aussprachevarianten, die keinen Bedeutungsunterschied zur Folge haben. Die heißen dann Allophon (Mehrzahl: Allophone). Ob Sie Franken mit einem »Zungenspitzchen-r« aussprechen, das r genüsslich in den Tiefen Ihres Rachens gurgeln oder nur ansatzweise artikulieren, weil Sie ein Kurpfälzer sind: Franken bleibt Franken, auch wenn es zu Bayern gehört. Geschrieben werden diese verschiedenen r-Laute natürlich immer gleich, nämlich: r. Weil Laute und Buchstaben irgendwie nicht voneinander zu trennen sind, wird auf der Ebene der Schrift aus dem Phon ein Graph und aus dem Phonem ein Graphem. Dass Sie auch Fon und Graf schreiben dürfen, wollen wir nicht weiter erörtern.
Bleibt noch eine weitere Besonderheit.
Am Beispiel von Kind können Sie sehen, dass unsere Rechtschreibung nicht sklavisch dem Grundsatz »Schreibe, wie du sprichst« folgt. Hier greift vielmehr das an den Wortformen orientierte morphologische Prinzip, wonach die unterschiedlichen gebeugten Formen ein und desselben Wortes auch bei wechselnder Aussprache weitgehend gleich geschrieben werden. Demnach eben: das Kind wie des Kindes, dem Kinde, die Kinder – die letzten drei Wortformen allesamt mit einem »weichen« d gesprochen. In Tabelle 1.1 finden Sie weitere Beispiele für stimmlose und stimmhafte Laute.
Tabelle 1.1: Beispiele für stimmlose und stimmhafte Laute
Wie wir Selbstlaute (Vokale) und Mitlaute (Konsonanten) schreiben
In diesem Unterkapitel soll das Thema »Laute und Buchstaben« noch ein klein wenig vertieft werden. Wir kommen vom Allgemeinen zum Besonderen.
Die Vokale (Selbstlaute)
Im Deutschen gibt es fünf gesprochene Vokale (Selbstlaute), die mit den Buchstaben a, e, i, o, u verschriftet werden. a, e, i, o, u heißen auch Grundvokale. Neben diese treten die Umlaute mit den Buchstaben ä, ö, ü.
Damit es nicht zu übersichtlich wird, gibt es neben den fünf »einfachen« Grundvokalen noch drei Doppelvokale. Die heißen auch Diphthonge (Einzahl: der Diphthong) beziehungsweise Doppellaut oder ähnlich und tauchen in der Schrift als ei/ai, au und eu auf. au gibt es auch als Umlaut, demnach äu.