Иван Гончаров

Oblomow


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geht nicht, zwei Jahre nacheinander . . .

      – Komme zu mir zum Essen, wir werden zu Ehren Deines Avancements ein Glas leeren! – sagte Oblomow.

      – Nein, ich bin heute beim Vicedirector geladen. Ich muß für Donnerstag einen Bericht ausarbeiten – eine Höllenarbeit! Man kann sich auf den Rapport aus den Gouvernements nicht verlassen. Man muß die Register selbst controlieren. Foma Fomitsch ist so mißtrauisch: er will alles selbst prüfen. Wir machen uns heute Nachmittag daran.

      – Wirklich, noch am Nachmittag? – fragte Oblomow ungläubig.

      – Ja, was glaubst Du denn? Es ist noch gut, wenn ich etwas früher damit fertig werde und Zeit habe, nach Jekaterinhof zu fahren . . Ja, ich bin gekommen, um Dich zu fragen, ob Du nicht mit mir spazieren fahren willst? Ich würde Dich abholen.

      – Ich bin nicht ganz wohl, ich kann nicht! – sagte Oblomow, indem er das Gesicht verzog, – ich habe auch viel zu thun . . .

      – Schade! – erwiderte Sudjbinskij, – es ist ein so schöner Tag. Ich hoffe wenigstens heute aufzuathmen.

      – Nun, was gibt es Neues bei euch? – fragte Oblomow.

      – Vieles! Man hat jetzt festgesetzt, in den Briefen statt »ergebener Diener«, »seien Sie versichert« zu schreiben; es ist angeordnet worden, nicht mehr zwei Exemplare Formularbogen einzureichen. Man hat unser Bureau um drei Tische und zwei Beamte vergrößert. Man hat unsere Commission aufgehoben . . Und noch viel anderes!

      – Nun und was ist mit unseren früheren Collegen?

      – Vorläufig gar nichts; Swinkin hat seine Acten verloren!

      – Wirklich? Was hat denn der Director gesagt? – fragte Oblomow mit zitternder Stimme. Er erschrak in der Erinnerung an die alten Zeiten.

      – Er hat ihm die Remuneration vorenthalten lassen, bis er die Acten findet. Es war ein wichtiges Document: »Über die Steuereintreibung«. Der Director glaubt, – fügte Sudjbinskij fast flüsternd hinzu, – daß er es . . . absichtlich verloren hat.

      – Also so ist die Sache: Du arbeitest immer! – sagte Oblomow, – Du mühst Dich ab.

      – Schrecklich, schrecklich! Aber es ist natürlich angenehm, mit einem solchen Menschen wie Foma Fomitsch zusammen zu arbeiten: Bei ihm bleibt niemand ohne Remuneration; er vergißt selbst an die nicht, die nichts thun. Sobald die Zeit des Avancements da ist, schlägt er gleich vor; demjenigen, der noch kein Amt und keinen Orden bekommen kann, verschafft er Geld . .

      – Wieviel bekommst Du?

      – 1200 Rubel Gehalt, 750 Diäten, 600 Wohnungsgeld, 900 Zulagen, 500 Meilengeld und an 1000 Rubel Remuneration.

      – Aber zum Teufel! – sagte Oblomow, vom Sofa aufspringend, – hast Du eine so schöne Stimme? Das klingt ja wie bei einem italienischen Sänger!

      – Das ist noch gar nichts! Pereswjetow bekommt Gratificationen und arbeitet weniger als ich, er versteht auch nichts. Nun, er hat natürlich auch nicht dieses Renommée. Ich werde sehr geschätzt, – fügte er bescheiden, mit gesenkten Augen hinzu, – der Minister hat sich neulich ausgedrückt, daß ich die »Zierde des Ministeriums« sei.

      – Du bist ein Hauptkerl! – sagte Oblomow. – Aber diese Arbeit! von acht bis zwölf und von zwölf bis fünf, und dann noch zu Hause – oh, oh!

      Er schüttelte den Kopf.

      – Was sollte ich denn thun, wenn ich keinen Posten hätte? – fragte Sudjbinskij.

      – Man kann Verschiedenes thun! lesen, schreiben . . . – sagte Oblomow.

      – Ich thue ja auch jetzt nichts, als lesen und schreiben.

      – Das ist doch ganz was anderes; Du würdest Deine Sachen drucken lassen . . .

      – Es können ja nicht alle Schriftsteller sein, Du schreibst doch auch nicht!

      – Dafür habe ich ein Gut, das auf mir lastet, – sagte Oblomow seufzend. – Ich überlege mir einen neuen Plan; ich führe allerlei Reformen ein. Ich quäle mich damit ab . . . Und Du beschäftigst Dich ja nicht mit Eigenem, sondern mit Fremdem.

      – Was soll man thun! Man muß arbeiten, wenn man bezahlt wird. Im Sommer werde ich ausruhen: Foma Fomitsch verspricht eigens für mich eine Dienstreise auszudenken . . . . dann bekomme ich Reisegeld, das für fünf Pferde berechnet wird, drei Rubel tägliche Diäten und Ertragelder . . .

      – Das geht ja wie geschmiert! – sagte Oblomow voll Neid; dann seufzte er und vertiefte sich in seine Gedanken.

      – Ich brauche Geld, ich heirate im Herbst, – fügte Sudjbinskij hinzu.

      – Was?! Wirklich? Wen denn? – fragte Oblomow theilnahmsvoll.

      – Scherz beiseite, die Muraschin. Weißt Du noch, sie haben neben mir auf dem Lande gewohnt! Du hast bei mir Thee getrunken und hast sie, scheint mir, gesehen.

      – Nein, ich erinnere mich nicht! Ist sie hübsch?

      – Ja, sie ist lieb. Wenn Du willst, können wir zum Mittagessen zu ihnen hinfahren . . .

      Oblomow wurde verlegen.

      – Ja . . . gut, aber . . .

      – Nächste Woche, – sagte Sudjbinskij.

      – Ja, ja, nächste Woche, – willigte Oblomow erfreut ein, – mein Anzug ist noch nicht fertig. Machst Du eine gute Partie?

      – Ja, der Vater ist Hofrath; er gibt ihr zehntausend, und dann bekommen wir eine Amtswohnung. Er hat für uns die Hälfte seiner Wohnung bestimmt, zwölf Zimmer; außerdem bekommen wir die dazu gehörigen Möbel und freie Beheizung und Beleuchtung: Man kann also leben . . .

      – Ja, man kann! Und ob! Bist Du aber ein Kerl, Sudjbinskij! – fügte Oblomow nicht ohne Neid hinzu.

      – Ich lade Dich zu meiner Hochzeit als Kranzelherr ein denke daran . . . .

      – Aber gewiß! Nun, und was ist mit Kusnezow, mit Wassiljew, mit Machow?

      – Kusnezow ist längst verheiratet, Machow hat meinen früheren Posten eingenommen und Wassiljew ist nach Polen versetzt worden. Iwan Petrowitsch hat den Wladimirorden bekommen, Oleschkin ist Excellenz geworden.

      – Er ist ein guter Kerl! – sagte Oblomow.

      – Ja, ja; er verdient es.

      – Ein sehr guter Kerl, er hat einen so sanften, gleichmäßigen Charakter, – fügte Oblomow hinzu.

      – Er ist auch so dienstfertig, – bemerkte Sudjbinskij, – und weißt du, er hat nicht dieses Bestreben, sich vorzudrängen, einem zu schaden, ein Bein zu stellen oder zuvorzukommen . . er thut alles, was er kann.

      – Ein prachtvoller Mensch! Wenn man manchmal in den Acten etwas verdreht oder nicht beachtet hat und eine andere Folgerung, ein anderes Gesetz untergeschoben hat, hat er gar nichts gesagt; er hatʼs nur von jemand anderem verbessern lassen. Ein ausgezeichneter Mensch! – schloß Oblomow.

      – Unser Sjemjon Sjemjonitsch ist dagegen unverbesserlich, – sagte Sudjbinskij, – er versteht nur, Sand in die Augen zu streuen. Was er da vor kurzem angestellt hat: Aus den Gouvernements ist ein Project eingelaufen, daß an den zu unserem Departement gehörigen Gebäuden Hundehütten, zum Schutze des Staatseigenthums gegen Raub, errichtet werden; unser Architekt, ein tüchtiger, gebildeter und ehrlicher Mann, hat einen sehr mäßig berechneten Kostenanschlag zusammengestellt; das ist ihm plötzlich zu theuer erschienen, und er hat sich darangemacht, Erkundigungen darüber einzuziehen, was das Fertigstellen einer Hundehütte kosten kann. Er hat irgendwo herausgefunden, daß es um dreißig Kopeken weniger kostet und reicht sofort einen Bericht ein.

      Es wurde wieder geläutet.

      – Adieu, – sagte der Beamte, – ich habʼ mich verplaudert, man wird mich dort gewiß schon brauchen . . .

      – Bleibʼ noch, – hielt ihn Oblomow zurück. – Ich werde mich bei der Gelegenheit mit Dir berathen; ich habe ein doppeltes Unglück gehabt . . .

      – Nein,