Александр Дюма

Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4


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uns statt: Sie sind zugleich für mich, Sire, der König und das Königthum. Unter diesem Titel bitte ich Sie also über mich zu verfügen.«

      »Vor Allem will ich von Ihnen wissen, Herr von Charny, an wen Sie sich in diesem Augenblick der Ruhe, in welchem wir uns vielleicht zwischen zwei Stürmen befinden, wenden würden, um die Spuren des vergangenen Sturmes zu verwischen und den zukünftigen Sturm zu beschwören?«

      »Wenn ich zugleich die Ehre und das Unglück hätte, König zu sein, Sire, so würde ich mich der Rufe erinnern, die meinen Wagen bei meiner Rückkehr von Versailles umgeben haben, und ich würde die rechte Hand Herrn von Lafayette und die linke Herrn von Mirabeau reichen.«

      »Graf,« versetzte der König lebhaft, »wie können Sie mir das sagen, Sie, der Sie den Einen verabscheuen und den Andern verachten?«

      »Sire, es handelt sich hier nicht um eine Sympathie, es handelt sich um das Heil des Königs und die Zukunft des Königreichs.«

      »Gerade dies hat mir auch der Doctor Gilbert gesagt,« murmelte der König, wie mit sich selbst sprechend.

      »Sire,« rief Charny, »ich bin glücklich, in meiner Meinung mit einem so erhabenen Manne, wie der Doctor Gilbert, zusammenzutreffen.«

      »Sie glauben also, mein lieber Graf, aus der Verbindung dieser zwei Männer können die Ruhe der Nation und die Sicherheit des Königs hervorgehen?«

      »Mit der Hilfe Gottes, Sire, würde ich viel von der Verbindung dieser zwei Männer hoffen.«

      »Aber wenn ich mir diese Verbindung gefallen ließe, wenn ich zu diesem Vertrag einwilligte und, trotz meines Wunsches, trotz des ihrigen vielleicht, die ministerielle Combination, die sie verbinden soll, scheiterte, was denken Sie, daß ich thun müßte?«

      »Ich glaube, daß es, wenn er alle von der Vorsehung in seine Hände gelegte Mittel erschöpft, wenn er alle durch seine Stellung ihm auferlegte Pflichten erfüllt hätte, Zeit wäre, daß der König an seine Sicherheit und die seiner Familie dächte.«

      »Dann würden Sie mir vorschlagen, zu fliehen?«

      »Ich würde Eurer Majestät vorschlagen, sich mit denjenigen von ihren Regimentern und ihren Edelleuten, auf welche sie zählen zu können glaubte, in eine Festung wie Metz, Straßburg oder Nancy zurückzuziehen.«

      Das Gesicht des Königs strahlte.

      »Ah! ah!« sagte er, »und von allen den Generalen, die mir Beweise von Anhänglichkeit gegeben haben, sprechen Sie offenherzig, Charny, Sie, der Sie alle kennen, welchem würden Sie den gefährlichen Auftrag, seinen König zu entführen oder zu empfangen, anvertrauen?«

      »Oh! Sire, Sire,« erwiederte Charny, »es ist eine schwere Verantwortlichkeit, den König bei einer solchen Wahl zu leiten  . . . Sire, ich erkenne meine Unwissenheit, meine Schwäche, meine Ohnmacht  . . .Sire, ich verwerfe mich  . . .«

      »Nun wohl, ich will es Ihnen leicht machen. Die Wahl ist getroffen; zu diesem Manne will ich Sie schicken. Hier ist der Brief geschrieben, welchen Sie ihm zu überreichen beauftragt sein werden; der Name, den Sie mir angeben, wird also keinen Einfluß auf meine Entscheidung haben; nur wird er mir einen treuen Diener mehr bezeichnen, der ohne Zweifel auch Gelegenheit haben wird, seine Treue zu zeigen. Sprechen Sie, Herr von Charny, wenn Sie Ihren König dem Muthe, der Redlichkeit, dem Verstande eines Mannes anzuvertrauen hätten, welchen Mann würden Sie bezeichnen?«

      »Sire,« antwortete Charny, »ich schwöre Eurer Majestät, nicht weil Bande der Freundschaft, ich möchte beinahe sagen, der Familie, mich mit ihm verbinden, aber es gibt in der Armee einen Mann, der bekannt ist durch die große Ergebenheit, die er für den König hegt, einen Mann, der als Gouverneur der Inseln unter dem Winde während des amerikanischen Krieges unsere Besitzungen der Antillen sehr wirksam beschützt und selbst den Engländern mehrere Inseln genommen hat, der seitdem mit verschiedenen wichtigen Commandos beauftragt war und zu dieser Stunde, glaube ich, General-Gouverneur der Stadt Metz ist; dieser Mann, Sire, ist der Marquis von Bouillé. – Als Vater würde ich ihm meinen Sohn, als Sohn würde ich ihm meinen Vater, als Unterthan würde ich ihm meinen König anvertrauen!«

      So wenig demonstrativ Ludwig XVI. war, er folgte doch mit einer offenbaren Bangigkeit den Worten des Grafen, und man hätte können sein Gesicht immer mehr sich aufklären sehen, je mehr er die Person zu erkennen glaubte, welche Charny mit seinen Worten bezeichnete. Als der Graf endlich den Namen dieser Person aussprach, konnte er sich eines Freudenschreies nicht erwehren.

      »Sehen Sie, sehen Sie, Graf,« sprach er, lesen Sie die Adresse dieses Briefes und sagen Sie, ob es nicht die Vorsehung selbst ist, die mir den Gedanken, mich an Sie zu wenden, eingegeben hat!«

      Charny nahm den Brief aus den Händen des Königs und las folgende Aufschrift:

      An Herrn François Claude Amour,

      Marquis von Bouillé, General-Commandanten

      der Stadt Metz.

      Thränen der Freude und des Stolzes stiegen zu den Augenlidern von Charny empor.

      »Sire,« rief er, »ich vermöchte Ihnen hiernach nur noch Eines zu sagen: ich bin bereit, für Eure Majestät zu sterben,«

      »Und ich, mein Herr, ich sage Ihnen, daß ich nach dem, das vorgefallen ist, mich nicht mehr für berechtigt halte, Geheimnisse gegen Sie zu haben, weil, wenn die Stunde gekommen ist, Sie es sind, Sie allein, hören Sie wohl? dem ich meine Person, die der Königin und die meiner Kinder anvertrauen werde. Hören Sie mich also wohl an und vernehmen Sie, was man mir vorschlägt und was ich ausschlage.«

      Charny verbeugte sich, tiefe Aufmerksamkeit bezeichnend.

      »Es ist nicht das erste Mal, Herr von Charny, wie Sie sich wohl denken können, daß mir die Idee kommt, mir und denjenigen, welche mich umgeben, einen Plan dem ähnlich auszuführen, von welchem wir gerade reden. In der Nacht vom 5. aus den 6. October dachte ich darauf, die Königin entweichen zu lassen; ein Wagen hätte sie nach Rambouillet gebracht, ich hätte sie zu Pferde eingeholt, und von dort aus würden wir leicht die Grenze erreicht haben, denn die Wachsamkeit, welche uns heute umgibt, war noch nicht thätig. Der Plan scheiterte, weil die Königin nicht ohne mich abreisen wollte und mich meinerseits schwören ließ, nicht ohne sie zu reisen.«

      »Sire, ich war dabei, als dieser fromme Schwur zwischen dem König und der Königin, oder vielmehr zwischen dem Gatten und der Gattin ausgetauscht wurde.«

      »Seitdem hat Herr von Breteuil Unterhandlungen mit mir eröffnet, – durch die Vermittelung des Grafen von Innisdal, und vor acht Tagen habe ich einen Brief von Solotburn erhalten.«

      Der König hielt inne, und als er sah, daß der Graf stumm und unbeweglich blieb, sagte er;

      »Sie antworten nicht, Graf?«

      »Sire,« erwiederte Charny sich verbeugend, »ich weiß, daß Herr Baron v. Breteuil der Mann Oesterreichs ist, und ich befürchte, die gerechten Sympathien des Königs in Betreff der Königin seiner Gemahlin und des Kaiser Joseph II. seines Schwagers zu verletzen.«

      Der König ergriff die Hand von Charny, neigte sich zu ihm und sagte leise:

      »Befürchten Sie nichts, Graf, ich liebe Oesterreich ebenso wenig, als Sie es lieben.«

      Die Hand von Charny bebte vor Erstaunen zwischen den Händen des Königs.

      »Graf! Graf! wenn ein Mann von Ihrem Werthe sich hingeben, das heißt, sein Leben zum Opfer bringen will für einen andern Mann, der vor ihm nur den traurigen Vorzug hat, König zu sein, so muß er auch denjenigen kennen, für welchen er sich opfert. Graf, ich habe Ihnen gesagt und wiederhole Ihnen, ich liebe Oesterreich nichts ich liebe Maria Theresia nicht, welche uns in den siebenjährigen Krieg verwickelt hat, wobei wir zweimal hundert tausend Mann, zwei Millionen und siebenzehn hundert Meilen Terrain in America verloren haben: welche Frau von Pompadour, eine Prostituirte, ihre Cousine nannte; welche sich ihrer Töchter als diplomatische Agenten bediente; welche durch die Erzherzogin Caroline Neapel regierte; welche durch die Erzherzogin Marie Antoinette Frankreich zu regieren, gedachte.«

      »Sire, Sire,« sagte Charny, »Eure Majestät vergißt, daß ich ein Fremder bin, ein einfacher