Александр Дюма

Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4


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Favras habe ich den Doctor Gilbert empfangen.«

      Die Königin bebte.

      »Ah!« rief sie, »ich vermuthete es! Und der Doctor Gilbert, wie es scheint  . . .«

      »Ist meiner Ansicht, daß wir Frankreich nicht verlassen sollen.«

      »Da er aber nicht der Ansicht ist, daß wir es verlassen sollen, mein Herr, so gibt er ohne Zweifel einen Rath, der uns den Aufenthalt möglich macht.«

      »Ja, Madame, er gibt einen; leider finde ich ihn, wenn nicht schlecht, doch wenigstens unausführbar.«

      »Nun, was für ein Ruth ist das?«

      »Wir sollen Mirabeau für ein Jahr kaufen.«

      »Und um welchen Preis?« fragte die Königin.

      »Mit sechs Millionen  . . .und einem Lächeln von Ihnen.«

      Die Physiognomie der Königin nahm einen tief nachdenkenden Charakter an.

      »In der That,« sagte sie, »das wäre vielleicht ein Mittel.«

      »Ja, aber ein Mittel, gegen das Sie sich Ihres Theils sträuben würden; nicht wahr, Madame?«

      »Ich antworte weder ja, noch nein, Sire,« erwiederte die Königin mit jenem Unglück weissagenden Ausdruck, den der Engel des Bösen seines Sieges sicher annimmt, »man muß das bedenken.«

      Dann, während sie sich entfernte, fügte sie leiser bei:

      »Und ich werde es bedenken!«

       XXI

      Wo sich der König mit Familienangelegenheiten beschäftigt

      Als der König allein war, blieb er einen Augenblick unbeweglich stehen; dann, als hätte er befürchtet, der Rückzug der Königin sei nur ein verstellter, ging er an die Thüre, durch die sie sich entfernt hatte, öffnete sie und tauchte seinen Blick in die Vorzimmer und Corridors:

      Da er nur die Leute vom Dienste erblickte, rief er halblaut.

      »François!«

      Ein Kammerdiener, der sich, als die Tbüre des königlichen Gemaches geöffnet wurde, erhoben hatte und die Befehle erwartend da stand, näherte sich alsbald und ging, als der König in sein Zimmer zurückgekehrt war, hinter ihm hinein.

      »François,« sagte Ludwig XVI., »kennen Sie die Gemächer von Herrn von Charny?«

      »Sire,« erwiederte der Kammerdiener, der kein Anderer war, als der, welcher, nach dem 10. August zum König berufen, Memoiren über das Ende seiner Regierung hinterließ; —«Sire, Herr von Charny hat keine Gemächer, er hat nur eine Mansarde oben im Pavillon de Flore.«

      »Und warum eine Mansarde einem Officier von diesem Range?«

      »Man wollte dem Herrn Grafen etwas Besseres geben, Sire, doch er hat es ausgeschlagen mit der Bemerkung, die Mansarde genüge ihm.«

      »Gut. Sie wissen, wo diese Mansarde ist?«

      »Ja, Sire.«

      »Holen Sie mir Herrn von Charny, ich wünsche ihn zu sprechen.«

      Der Kammerdiener ging sogleich ab und stieg in die Mansarde von Herrn von Charny hinauf; er fand ihn auf die Fensterstange gestützt und hinausstarrend auf den Ocean von Dächern, der sich am Horizont in Wellen von Ziegeln und Schiefer verliert.

      Zweimal klopfte der Kammerdiener an, ohne daß ihn Herr von Charny, in seine Betrachtungen versunken, hörte; was ihn, da der Schlüssel in der Thüre stak, von selbst, durch den Befehl des Königs ermächtigt, einzutreten bestimmte.

      Bei dem Geräusche, das er eintretend machte, drehte der Graf sich um.

      »Ah! Sie sind es, Herr Hue,« sagte er; »Sie holen mich im Austrage der Königin?«

      »Nein, Herr Graf,« erwiederte der Kammerdiener, »im Austrage des Königs.«

      »Im Auftrage des Königs!« versetzte Herr von Charny mit einem gewissen Erstaunen.

      »Im Austrage des Königs!« wiederholte der Kammerdiener.

      »Es ist gut, Herr Hue; sagen Sie Seiner Majestät, ich sei zu ihren Befehlen.«

      Der Kammerdiener zog sich mit der durch die Etiquette gebotenen Steifheit zurück, während ihn Herr von Charny mit jener Höflichkeit, welche der alte und ächte Adel gegen jeden von Seiten des Königs kommenden Mann beobachtet, mochte er nun die silberne Kette am Halse tragen oder mit der Livree bedeckt sein, zur Thüre geleitete.

      Als er sich allein sah, preßte Herr von Charny seinen Kopf einen Augenblick zwischen seinen Händen, als wollte er seine verworrenen, aufgeregten Gedanken zwingen, ihren Platz wieder einzunehmen; so bald aber die Ordnung in seinem Gehirne wiederhergestellt war, schnallte er seinen Degen, den er auf ein Fauteuil geworfen, um, nahm seinen Hut unter seinen Arm und ging hinab.

      Er fand in seinem Schlafzimmer Ludwig XVI., der, den Rücken dem Gemälde von Van Dyck zugewandt, sich hatte Frühstück serviren lassen.

      Der König schaute empor und erblickte Herrn von Charny.

      »Ah! Sie da, Herr Graf,« sagte er; »sehr gut. Wollen Sie mit mir frühstücken?«

      »Sire, ich bin gezwungen, diese Ehre auszuschlagen, weil ich gefrühstückt habe,« erwiederte der Graf, sich verbeugend.

      »In diesem Falle,« sagte Ludwig XVl., »da ich Sie zu mir zu kommen gebeten habe, um von Angelegenheiten, und zwar von ernsten zu sprechen, warten Sie einen Augenblick; ich liebe es nicht, von Angelegenheiten zu reden, wenn ich esse.«

      »Ich bin zu den Befehlen des Königs,« erwiederte Charny.

      »Dann sprechen wir einstweilen von etwas Anderem, von Ihnen, zum Beispiel.«

      »Von mir, Sire? in welcher Hinsicht kann ich es verdienen, daß Eure Majestät sich mit meiner Person beschäftigt?«

      »Als ich so eben fragte, wo Ihre Wohnung in den Tuilerien sei, wissen Sie, was mir François geantwortet hat, mein lieber Graf?«

      »Nein, Sire.«

      »Er hat mir geantwortet, Sie haben die Wohnung, die man Ihnen angeboten, ausgeschlagen und nur eine Mansarde angenommen.«

      »Das ist wahr, Sire!«

      »Warum dies, Graf?«

      »Sire, weil ich es, da ich allein bin und keine andere Bedeutung habe, als die, welche mir die Gunst Ihrer Majestäten geben will, nicht für nützlich erachtet habe, dem Gouverneur des Palastes einer Wohnung zu berauben, während eine einfache Mansarde Alles war, was ich brauchte.«

      »Verzeihen Sie, mein lieber Graf, Sie antworten aus Ihrem Gesichtspunkte und als ob Sie immer noch einfacher Officier und Junggeselle wären; doch Sie haben – und, Gott sei Dank, in den Tagen der Gefahr vergessen Sie es nicht – Sie haben einen wichtigen Dienst bei uns; überdies sind Sie verheirathet: was werden Sie mit der Gräfin in Ihrer Mansarde machen?«

      »Sire,« antwortete Charny mit einem Ausdruck von Schwermuth, der dem König nicht entging, so wenig zugänglich er für dieses Gefühl war, »ich glaube nicht, daß Frau von Charny mir die Ehre erweist, meine Wohnung mit mir zu theilen, mag sie groß oder klein sein.«

      »Aber, Herr Graf, Frau von Charny ist, ohne eine Stelle bei der Königin zu bekleiden, ihre Freundin; die Königin kann, wie Sie wissen, ihrer nicht entbehren, obgleich ich seit einiger Zeit zu bemerken geglaubt habe, es walte zwischen ihnen eine gewisse Erkältung ob; wenn Frau von Charny in den Palast kommt, wo wird sie wohnen?«

      »Sire, ich denke nicht, daß ohne einen ausdrücklichen Befehl Eurer Majestät Frau von Charny je wieder in den Palast kommt.«

      »Ah, bah!«

      Charny verbeugte sich.

      »Unmöglich!« sagte der König.

      »Eure Majestät wolle mir verzeihen, aber ich glaube dessen, was ich behaupte, sicher zu sein.«

      »Nun, das setzt mich weniger in Erstaunen, als Sie sich denken können, mein lieber Graf; ich sagte Ihnen, wie mir scheint, so eben, ich