Александр Дюма

Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4


Скачать книгу

Was liegt Ihnen daran, daß Mirabeau schlecht mit seiner Frau gelebt hat? Was liegt Ihnen daran, daß Mirabeau Frau von Monnier verführt hat? Was liegt Ihnen daran daß Mirabeau eine halbe Million Schulden hat? Bezahlen Sie diese halbe Million Schulden, Sire; dann fügen Sie diesen fünfmal hundert tausend Franken eine Million, zwei Millionen, zehn Millionen bei, wenn es sein muß! Mirabeau ist frei, lassen Sie Mirabeau nicht entschlüpfen; nehmen Sie ihn, machen Sie einen Rath, einen Minister aus ihm; hören Sie, was seine mächtige Stimme Ihnen sagen wird, und was sie Ihnen gesagt hat, wiederholen Sie Ihrem Volke, Europa, der Welt!«

      »Herr von Mirabeau, der Tuchhändler in Aix, geworden ist, um vom Volke ernannt zu werden, Herr von Mirabeau kann seinen Comittenten nicht dadurch lügen, daß er die Partei des Volkes verläßt, um zu der des Hofes überzutreten.«

      »Sire, Sire, ich wiederhole Ihnen, Sie kennen Mirabeau nicht: Mirabeau ist ein Aristokrat, ein Adeliger, ein Royalist vor Allem. Er hat sich vom Volke erwählen lassen, weil ihn der Adel verachtete, weil in Mirabeau das erhabene Bedürfniß war, welches die Männer von Genie quält, das Bedürfniß, durch irgend ein Mittel zum Ziele zu gelangen. Er werde die Volkspartei nicht der Hofpartei zu Liebe verlassen, sagen Sie? Ei! Sire, warum gibt es eine Volkspartei und eine Hofpartei? Warum bilden diese zwei Parteien nicht eine? Nun, das wird Mirabeau machen  . . .Nehmen Sie Mirabeau, Sire! Durch Ihre Verachtung zurückgestoßen, wird sich Mirabeau morgen vielleicht gegen Sie wenden, und dann, Sire, dann, – ich sage Ihnen das, und dieses Bild von Karl I. wird es Ihnen nach mir sagen, wie dasselbe es Ihnen vor mir gesagt hat, – dann wird Alles verloren sein!«

      »Mirabeau werde sich gegen mich wenden, sagen Sie? ist das nicht schon geschehen, mein Herr?«

      »Ja, scheinbar vielleicht; doch im Grunde gehört Mirabeau Ihnen. Fragen Sie den Grafen von der Mark, was er ihm gesagt hat nach der Sitzung vom 21. Juni, denn Mirabeau allein liest mit erschrecklichem Scharfsinn in der Zukunft.«

      »Nun, was sagt er?«

      »Er ringt vor Schmerz die Hände und ruft aus: »»So führt man die Könige zum Schaffot!«« und drei Tage nachher fügt er bei: »»Diese Leute sehen die Abgründe nicht, die sie unter den Schritten der Monarchie graben! Der König und die Königin werden dadurch um das Leben kommen, und das Volk wird über ihren Leichen in die Hände klatschen.««

      Der König schauerte, erbleichte, schaute das Portrait von Karl l. An, und schien einen Augenblick bereit, sich zu entschließen, plötzlich aber sagte er:

      »Ich werde hierüber mit der Königin reden, vielleicht entschließt sie sich, mit Herrn von Mirabeau zu sprechen; aber ich, ich werde nicht mit ihm sprechen. Ich mag gern den Leuten, mit denen ich rede, die Hand drücken, wie ich die Ihrige in diesem Augenblick drücke, und ich möchte nicht um den Preis meines Thrones, meiner Freiheit, meines Lebens Herrn von Mirabeau die Hand drücken.«

      Gilbert wollte etwas erwiedern; vielleicht wollte er weiter in den König dringen, doch in diesem Augenblick trat ein Huissier ein und meldete:

      »Sire, die Person, welche Eure Majestät diesen Morgen empfangen soll, ist angekommen und wartet im Vorzimmer.«

      Ludwig XVI, machte eine Bewegung der Unruhe, während er Gilbert anschaute.

      »Sire.« sagte dieser, »wenn ich die Person, welche Eure Majestät erwartet, nicht sehen soll, so werde ich durch eine andere Thür gehen.«

      »Nein, mein Herr,« erwiederte Ludwig XVI., »gehen Sie durch diese; Sie wissen, daß ich Sie für meinen Freund halte und kein Geheimniß für Sie habe; überdies ist die Person, welche ich erwarte, ein einfacher Edelmann, der früher im Hause meines Bruders angestellt war und von diesem mir empfohlen wurde. Er ist ein treuer Diener, und ich will sehen, ob es möglich ist, etwas, wenn nicht für ihn, doch wenigstens für seine Frau und seine Kinder zu thun. – Gehen Sie, Herr Gilbert, Sie wissen, daß Sie stets willkommen sind, so oft Sie mich besuchen wollen, selbst wenn Sie kämen, um von Herrn Riquetti von Mirabeau zu sprechen.«

      »Sire,« fragte Gilbert, »muß ich mich also für völlig geschlagen betrachten?«

      »Ich habe Ihnen gesagt, mein Herr, ich werde mit der Königin sprechen, ich werde es überlegen; später wollen wir sehen.«

      »Später, Sire! von jetzt bis zu diesem Augenblick werde ich zu Gott beten, daß es frühe genug sein möge.«

      »Ho! Ho! glauben Sie denn, die Gefahr sei so drohend?«

      »Sire,« sprach Gilbert, »lassen Sie nie aus Ihrem Zimmer das Portrait von Karl Stuart wegnehmen, es ist ein guter Rathgeber.«

      Und, sich verbeugend, ging er gerade in dem Augenblick weg, wo die vom König erwartete Person bei der Thüre erschien.

      Gilbert konnte einen Schrei des Erstaunens nicht zurückhalten, – Dieser Edelmann war der Marquis von Favras, den er acht oder zehn Tage früher bei Cagliostro getroffen, und von welchem dieser ihm einen so erschrecklichen, nahe bevorstehenden Tod verkündigt hatte.

       XX

      Favras

      Während sich Gilbert entfernte, erfaßt von einem unbekannten Schrecken, den ihm nicht die wirkliche Seite, sondern die unsichtbare und geheimnißvolle Seile der Ereignisse einflößte, wurde der Marquis von Favras, wie wir im vorhergehenden Kapitel gesagt haben, bei Ludwig XVI. eingeführt.

      Wie es der Doctor gemacht, blieb er bei der Thüre stehen, aber der König, der ihn schon bei seinem Eintritt gesehen, winkte ihm, näher zu kommen.

      Favras trat vor, verbeugte sich und wartete ehrfurchtsvoll, daß der König ihn anrede.

      Ludwig XVI. heftete auf ihn den forschenden Blick, der einen Theil der Erziehung der Könige zu bilden scheint und mehr oder minder oberflächlich, mehr oder minder tief ist, je nach dem Geiste desjenigen, welcher ihn anwendet.

      Thomas Mahi, Marquis von Favras, war ein Edelmann von vornehmer Miene, fünf und vierzig Jahre alt, von eleganter und zugleich fester Tournure, mit einer offenen Physiognomie.

      Die prüfende Betrachtung war also günstig für ihn, und etwas wie ein Lächeln schwebte über die Lippen des Königs, die sich schon öffneten, um ihn zu befragen.

      »Sie sind der Marquis von Favras, mein Herr?« fragte der König.

      »Ja, Sire,« antwortete der Marquis.

      »Sie haben mir vorgestellt zu werden gewünscht?«

      »Ich habe gegen Seine Königliche Hoheit den Herrn Grafen von Provence den lebhaften Wunsch, meine Huldigung zu den Füßen des Königs niederlegen zu dürfen, ausgedrückt.«

      »Mein Bruder hat großes Vertrauen zu Ihnen.«

      »Ich glaube es, Sire, und ich gestehe, daß es mein glühender Ehrgeiz ist, Eure Majestät möge dieses Vertrauen theilen.«

      »Mein Bruder kennt Sie seit langer Zeit, Herr von Favras  . . .«

      »Während Eure Majestät mich nicht kennt, ich begreife; aber Eure Majestät wolle mich gnädigst befragen, und in zehn Minuten wird sie mich so gut kennen, als mich ihr erhabener Bruder kennt,«

      »Sprechen Sie, Marquis,« sagte Ludwig XVI., während er einen Seitenblick aus das Portrait von Karl Stuart warf, das weder ganz aus seinem Geiste kommen, noch sich ganz aus dem Rayon seines Auges entfernen konnte; »sprechen Sie, ich höre Sie.«

      »Eure Majestät wünscht zu wissen?  . . .«

      »Wer Sie sind und was Sie gethan haben,«

      »Wer ich bin, Sire? Die Meldung meines Namens hat es Ihnen gesagt: ich bin Thomas Mahi. Marquis von Favras; geboren in Blois; im Jahre 1745 bin ich mit fünfzehn Jahren bei den Musketieren eingetreten und habe in diesem Corps den Feldzug von 1761 mitgemacht; ich wurde sodann ’Kapitän und Regimentsadjutant im Regimente Belzunce, später Lieutenant der Schweizer der Garde des Herrn Grafen von Provence.«

      »Und in dieser Eigenschaft haben Sie meinen Bruder kennen lernen?«

      »Sire, ich habe die Ehre gehabt, ihm ein Jahr früher vorgestellt zu werden, so daß er mich schon kannte.«

      »Und Sie haben seinen Dienst verlassen?«

      »Im