sagte Bruno, ich begreife es, denn ich habe mich von ihrer Wichtigkeit überzeugt; das erste ist Ihre Bestallung als Brigadier, und ich habe ihr eine Bemerkung hinzugefügt, welche bestätigt, dass Sie sich hinlänglich gut benommen haben, um Wachtmeister zu werden; das zweite ist mein Signalement, und ich habe mir erlaubt, ihm einige kleine Berichtigungen hinzuzufügen, zum Beispiel zu den besonderen Zeichen habe ich hinzugefügt, incantato (bezaubert); das dritte endlich ist ein Brief Sr. Exzellenz des Vizekönigs an die Gräfin Gemma von Castel-Nuovo, und ich habe zu viel Dankbarkeit gegen diese Dame, dass sie mir ihr Schloss leiht, um ihren Liebesbriefen Hindernisse in den Weg zu legen. Hier sind daher Ihre Papiere, mein Wackerer, ein letztes Glas auf Ihre Gesundheit. Morgen um fünf Uhr werden Sie sich wieder auf den Weg begeben; glauben Sie mir, es ist weit vorsichtiger, bei Tage als bei Nacht zu reisen, denn vielleicht würden Sie nicht immer das Glück haben, in so gute Hände zu fallen.
– Ich glaube, dass Sie Recht haben, sagte Tommasi, indem er seine Papiere einsteckte, und Sie scheinen mir ein noch weit rechtschaffenerer Mann zu sein, als viele rechtschaffene Leute, die ich kenne.
– Es freut mich sehr.
Sie mit solchen Ansichten zu verlassen, Sie werden dadurch weit ruhiger schlafen. Apropos, ich muss Sie vor einem warnen, nämlich nicht in den Hof hinabzugehen, denn meine Hunde könnten Sie leicht zerreißen.
– Ich danke für die Warnung, antwortete der Brigadier.
– Gute Nacht, sagte Bruno, und er verließ das Zimmer, indem er es dem Brigadier freistellte, sein Abendessen bis in das Unendliche zu verlängern oder sich schlafen zu legen.
Am folgenden Tage um fünf Uhr kehrte Bruno, wie es verabredet war, in das Zimmer seines Gastes zurück; dieser war schon aufgestanden und bereit, abzureisen; er ging mit ihm hinab und führte ihn an das Thor. Er fand dort den vollständig angespannten Munitionswagen und ein prachtvolles Reitpferd, auf welches man Sorge getragen, das ganze Geschirr dessen zu legen, das der Yatagan Ali’s dienstunfähig gemacht hatte. Bruno bat seinen Freund Tommasi, dieses Geschenk als ein Andenken von ihm anzunehmen. Der Brigadier ließ sich durchaus nicht bitten, schwang sich auf sein Pferd, peitschte das Gespann des Munitionswagens an und brach auf, indem er über seine neue Bekanntschaft entzückt zu sein schien.
Bruno sah ihn sich entfernen; als er dann zwanzig Schritte weit zurückgelegt, rief er ihm nach: – Vergessen Sie vor Allem nicht, der schönen Gräfin Gemma den Brief des Fürsten von Carini zu übergeben. – Tommasi nickte mit dem Kopfe und verschwand an die Ecke der Straße.
Wenn jetzt unsere Leser uns fragen, wie Pascal Bruno nicht durch den Karabinerschuss Paolo Tommasi’s getödtet worden ist, so werden wir ihnen das antworten, was uns Signor Cäsar Aletto, Notar von Calvaruso, geantwortet hat: – Nämlich, dass wahrscheinlich während des Weges von der Heerstraße nach der Feste der Bandit die Vorsichtsmaßregel getroffen hatte, die Kugel aus dem Karabiner zu ziehen.Was Paolo Tommasi anbelangt, so hat er es immer weit einfacher gefunden, zu glauben, dass Zauberei obwalte.
Wir überliefern die beiden Meinungen unsern Lesern und überlassen es vollkommen ihrem freien Willen, die anzunehmen, welche ihnen behagt.
VII
Man wird leicht begreifen, dass das Gerücht von solchen Taten nickt auf den Gerichtsbezirk des Dorfes Bauso beschränkt blieb, es war daher auch in ganz Sizilien nur die Rede von dem kühnen Räuber, der sich der Feste Castelnuovo bemächtigt hatte, und der von dort aus, gleich einem Adler von seinem Horste, sich auf die Ebene herabließ, bald um die Großen anzugreifen, bald um die Kleinen zu verteidigen. Unsere Leser werden sich daher auch nicht verwundern, den Namen unseres Helden in den Sälen des Fürsten von Butera aussprechen zu hören, der in seinem Hotel des Marineplatzes ein Fest gab.
Bei dem Charakter, den wir an dem Fürsten kennen, wird man begreifen, was ein von ihm gegebenes Fest sein musste. Besonders dieses da übertraf wahrhaft alles das, was die Einbildungskraft am meisten Glänzende des träumen kann. Es war etwas wie ein arabisches Märchen; die Erinnerung daran hat sich daher auch in Palermo verewigt, obgleich Palermo die Stadt der Zaubereien ist.
Man stelle sich glänzende, gänzlich von der Decke bis zu dem Fußboden mit Spiegeln bedeckte Säle vor, von denen die einen in belaubte Gänge mit getäfelten Fußböden führten, von deren Gipfel die schönsten Trauben von Syracus und Lipari herabhingen, die andern zu Plätzen von blühenden und Früchte tragenden Orangen- und Granatbäumen gebildet, die ersten dienten für die englischen Tänze, die andern für die französischen Contretänze. Was die Walzer anbelangt, so reihten sie sich um zwei unermessliche Marmorbassins, von denen jedes eine prachtvolle Wassergarbe in die Luft sprühte. Von diesen verschiedenen Tanzsälen gingen mit Goldsand bestreute Wege aus.
Diese Wege führten nach einem kleinen, mit silbernen Springbrunnen umgebenen Hügel, die alle Erfrischungen enthielten, welche man wünschen konnte, und von Bäumen beschattet waren, welche statt natürlicher Früchte, überzuckerte Früchte trugen. Endlich befand sich auf dem Gipfel dieses Hügels, den zu ihm führenden Wegen gegenüber, ein viereckiger Schenktisch, der beständig mittelst eines inneren Mechanismus frisch besetzt wurde. Was die Musikanten anbetrifft, so waren sie unsichtbar, und nur der Klang der Instrumente gelangte bis zu den Gästen; man hätte es für ein von Luftgeistern gegebenes Fest halten können.
Jetzt stelle man sich, um diese zauberische Dekoration zu beleben, die schönsten Frauen und die reichsten Kavaliere von Palermo in Charakterkostümen vor, von denen die einen glänzender oder wunderlicher als die andern waren, die Maske vor dem Gesicht oder in der Hand, diese würzige Luft einatmend, sich an den unsichtbaren Melodien berauschend, von Liebe träumend oder sprechend, und man wird noch weit davon entfernt sein, sich von diesem Feste ein Bild gleich den Erinnerungen zu entwerfen, das bei meiner Durchreise nach Palermo, das heißt zwei und dreißig Jahre nach dem Ereignisse, die Personen bewahrt, welche ihm beigewohnt hatten.
Unter den Gruppen, welche in diesen Alleen und in diesen Sälen kreisten, befand sich besonders eine, welche die Blicke der Menge weit mehr auf sich zog; das war die, welche sich im Gefolge der schönen Gräfin gebildet hatte, und die sie wie eine Sonne ihre Trabanten nach sich zog; sie war so eben mit einer Gesellschaft von fünf Personen angekommen, welche, wie sie, das Kostüm der jungen Frauen und der jungen Adeligen angenommen hatte, die auf der prächtigen, von dem Pinsel Orgagnas an den Wänden des Campo Santo in Pisa zu sehen sind, singend und fröhlich, während der Tod an ihre Türe klopft. Dieser so ungekünstelte und zugleich so elegante Anzug des dreizehnten Jahrhunderts schien von Gemma ausdrücklich gewählt, um das herrliche Verhältnis ihrer Formen hervortreten zu lassen, und sie schritt unter einem Murmeln der Bewunderung von dem Fürsten Butera selbst geführt heran, der, als Mandarin verkleidet, sie an der Eingangstüre empfangen hatte und ihr vorausging, um sie, wie er sagte, der Tochter des Kaisers von China vorzustellen. Da man vermutete, dass es irgend eine neue, von dem Wirte aufgesparte Überraschung wäre, so folgte man dem Fürsten eifrig, und das Gefolge wuchs mit jedem Schritte. Er blieb vor einer von zwei chinesischen Soldaten bewachten Pagode stehen, die auf ein Zeichen die Türe eines gänzlich mit ausländischen Gegenständen geschmückten Zimmers öffneten, in dessen Mitte auf einer Erhöhung in einem prachtvollen chinesischem Kostüme, das allein dreißig Tausend Franken gekostet hatte, die Fürstin von Butera saß, welche, sobald sie die Gräfin erblickte, ihr von einem ganzen Hofe von Officieren Mandarinen und Magots, gefolgt, von denen die einen glänzender, mürrischer oder possierlicher waren als die andern, entgegenging. Diese Erscheinung hatte etwas so Orientalisches und Fantastisches, dass sogar diese ganze, an Luxus und Pracht gewöhnte Gesellschaft in Erstaunen ausbrach. Man umringte die Fürstin, man berührte ihr mit Edelsteinen gesticktes Kleid, man ließ die goldenen Glöckchen ihres spitzigen Hutes läuten, und einen Augenblick lang wendete sich die Aufmerksamkeit von der schönen Gemma ab, um sich ganz auf die Herrin vom Hause zu richten. Jeder sagte ihr Artigkeiten und bewunderte sie, und unter den übertriebensten Schmeichlern und Bewunderern befand sich der Hauptmann Altavilla, den der Fürst zur großen Betrübnis seines Haushofmeisters fortwährend bei seinen Mittagessen empfing, und der, ohne Zweifel als eine Verkleidung, seine Staatsuniform angelegt hatte.
– Nun! sagte der Fürst von Butera zu der Gräfin von Castelnuovo, was sagen Sie zu der Tochter des Kaisers von China?
– Ich