Gräfin. Sie haben geliebt! (Gemma lächelte geringschätzend.) Sie müssen also wissen, was Eifersucht ist; Sie müssen wissen, was man leidet und wie man sich dem Wahnsinn nahe fühlt. Wohl an! ich liebe Theresa, ich bin eifersüchtig auf sie, ich fühle, dass ich den Verstand verlieren würde, wenn diese Heirat sich nicht schließt, und dann. . .
– Und dann?
– Dann! . . . wehe dann, wenn ich mich des Käfigs erinnere, in welchem der Kopf meines Vaters ist, der Galeeren, auf denen meine Oheime leben, und des Grobes, in welchem meine Mutter schläft.
In diesem Augenblicke ließ sich ein seltsamer Schrei der ein Signal zu sein schien, unten an dem Fenster hören, und fast sogleich läutete eine Schelle.
– Da ist der Fürst! rief Gemma aus.
– Ja, ja, ich weiß es, murmelte Pascal mit dumpfer Stimme, aber bevor er an diese Tür gekommen ist, haben Sie noch die Zeit, mir Ja zu sagen. Ich bitte Sie inständigst, gnädige Frau, bewilligen Sie mir das, war« um ich Sie bitte, geben Sie mir Theresa, stellen Sie mich bei dem Fürsten an.
– Lassen Sie mich durch, sagte Gemma gebieterisch, indem sie auf die Tür zuschritt; aber weit davon entfernt zu gehorchen, stürzte Bruno auf den Riegel zu, den er vorschob. – Sollten Sie es wagen, mich zurückzuhalten? fuhr Gemma fort, indem sie die Schnur einer Schelle ergriff. – Zu Hilfe! zu Hilfe! zu Hilfe!
– Rufen Sie nicht, gnädige Frau, sagte Bruno, in» dem er sich noch beherrschte, denn ich habe Ihnen gesagt, dass ich Ihnen kein Leid zufügen wollte. – Ein zweiter Schrei gleich dem ersten, ließ sich unten an dem Fenster hören. – Es ist gut, es ist gut, Ali, Du wachst getreulich, mein Sohn, sagte Bruno. Ja, ich weiß, dass der Graf kommt, ich höre seine Schritte auf dem Korridor. Gnädige Frau, gnädige Frau, es bleibt Ihnen noch ein Augenblick, eine Sekunde, und alles das Unglück, welches ich voraussehe, wird nicht stattfinden.
– Zu Hilfe! Rodolfo, zu Hilfe! rief Gemma aus.
– Sie haben also weder Herz, noch Seele, noch Erbarmen, weder für sich noch für Andere! sagte Bruno, indem er mit seinen Händen in seine Haare fuhr und die Tür anblickte, welche man gewaltsam erschütterte.
– Ich bin eingeschlossen, fuhr die Gräfin fort, indem sie sich durch den herzukommenden Beistand beruhigte.
– mit einem Manne eingeschlossen, der mir droht. Zu Hilfe! zu Hilfe! Rodolfo, zu Hilfe! zu Hilfe!
– Ich drohe nicht, ich bitte . . . ich bitte noch . . . aber da Sie es wollen! . . .
Bruno stieß das Brüllen eines Tigers aus, und stürzte auf Gemma zu, um sie ohne Zweifel zwischen seinen Händen zu erdrosseln, denn, wie er gesagt, er hatte keine Waffen. Im selben Augenblicke ging eine geheime Tür im Hintergrunde des Alkovens auf, ein Pistolenschuss knallte, das Zimmer füllte sich mit Dampf, und Gemma sank in Ohnmacht.
Als sie wieder zu sich kam, befand sie sich in den Armen ihres Geliebten, ihre Augen suchten voller Entsetzen um sich herum in dem Zimmer, und sobald sie ein Wort auszusprechen vermochte, sagte sie:
– Was ist aus diesem Manne geworden?
– Ich weiß es nicht. Ich muss ihn gefehlt haben, antwortete der Fürst, denn, während ich über das Bett stieg, ist er aus dem Fenster gesprungen, und da ich Sie ohne Bewusstsein sah, habe ich mich nicht um ihn, sondern um Sie bekümmert. Ich muss ihn gefehlt haben, wiederholte er, indem er die Augen in dem Zimmer herum warf, und dennoch ist es sonderbar, ich sehe die Kugel nicht in der Tapete.
– Lassen Sie ihm nachsetzen, rief Gemma aus, und keine Gnade, kein Erbarmen für diesen Mann, gnädiger Herr, denn dieser Mann ist ein Bandit, der mich ermorden wollte.
Man suchte die ganze Nacht in der Villa, in den Gärten und an dem Ufer, aber vergebens; Pascal Bruno war verschwunden.
Am folgenden Morgen entdeckte man eine Blutspur, welche unten an dem Fenster anfing, und sich an dem Meere verlor.
III
Mit Tagesanbruch verließen Fischerbarken wie gewöhnlich den Hafen, und zerstreuten sich auf dem Meere; die eine von ihnen, auf welcher sich ein Mann und ein Knabe von zwölf bis vierzehn Jahren befanden, hielt indessen im Angesicht von Palermo an, zog ihr Segel ein, um beizulegen, und da diese Regungslosigkeit an einem für den Fischfang wenig günstigen Orte Verdacht auf sie ziehen konnte, so beschäftigte sich der Knabe damit, seine Netze auszubessern; was den Mann anbetrifft, so lag er in dem Boote, den Kopf auf eines der Borde gestützt, und schien in ein tiefes Sinnen versunken, von Zeit zu Zeit schöpfte er indessen wie mit einer maschinenmäßigen Bewegung Seewasser mit seiner rechten Hand, und goss dieses Wasser auf seine linke, mit einer blutigen Binde zusammengezogene Schulter. Dann zog sich sein Mund mit einem so wunderlichen Ausdrucke zusammen, dass man Mühe gehabt hätte zu unterscheiden, ob es ein Lachen oder ein Knirschen der Zähne wäre, das ihm diesen Ausdruck verlieh. Dieser Mann war Pascal Bruno, und dieser Knabe war der, welcher, unten an dem Fenster stehend, ihm zwei Male durch einen Schrei das Signal zur Flucht gegeben hatte; auf den ersten Blick konnte man ihn leicht für den Sohn eines noch weit heißeren Landes erkennen, als das, in dem sich die Ereignisse zutragen, welche wir erzählen. In der Tat, dieser Knabe war an der Küste von Afrika geboren, und sehen wir jetzt, wie Bruno und er einander begegnet waren.
Es war ungefähr ein Jahr her, dass Algerische Seeräuber, welche wussten, dass der Fürst von Moncada-Paterno, einer der reichsten Herren von Sizilien, in einem kleinen Speronaro von Pantellerie nach Cutanea, nur von ein Dutzend Männern seines Gefolges begleitet zurückkehrte, sich hinter der ungefähr zwei Meilen weit von der Küste gelegenen Insel Porri einschifften. Wie die Seeräuber es vorhergesehen, kam das Schiff des Fürsten zwischen der Insel und dem Ufer vorüber; aber in dem Augenblicke, wo sie es in der Meerenge sahen, verließen sie mit drei Barken die kleine Bucht, in welcher sie versteckt waren, und ruderten mit aller Macht, um dem, Schiffe des Fürsten den Weg abzuschneiden. Dieser befahl sogleich dem Lande zuzusteuern, und das Schiff auf den Strand von Fugello laufen zu lassen. Da an dem Orte, wo das Schiff aufgefahren war, das Wasser kaum drei Fuß Tiefe hatte, so sprangen der Fürst und sein Gefolge in das Meer, indem sie ihre Waffen über ihre Köpfe hielten, und das Dorf zu erreichen hofften, das sie ungefähr eine halbe Meile weit von da sich erheben sahen, ohne dass sie nötig hätten, sich ihrer zu bedienen. Kaum aber waren sie gelandet, als ein anderer Haufen von Seeräubern, der in der Voraussicht dieses Manövers mit einer Barke dem Bufaidonne wieder hinaufgefahren war, aus dem Schilfe hervorkam, in dessen Mitte der Fluss stießt, und dem Fürsten den Rückzug abschnitt, auf den er rechnete. Der Kampf begann sogleich, aber während die Leute des Fürsten mit diesem ersten Haufen zu tun hatten, langte der zweite an, und da jeder Widerstand sichtlich nutzlos wurde, so ergab sich der Fürst, indem er Lösegeld für sich und sein ganzes Gefolge zu bezahlen versprach. In dem Augenblicke, wo die Gefangenen ihre Waffen gestreckt hatten, erblickte man einen Haufen von Landleuten, welche mit Gewehren und Sensen bewaffnet herbeieilten. Die Seeräuber, welche, Heeren der Person des Fürsten, dem zu Folge den Zweck erreicht hatten, den sie wünschten, warteten die neu Ankommenden nicht ab, und schifften sich mit einer solchen Eile ein, dass sie drei Mann ihrer Mannschaft, welche sie für tot oder für tödlich verwundet hielten, auf dem Schlachtfelde zurückließen.
Unter denen, welche so herbeieilten, befand sich Pascal Bruno, dessen unstetes Leben ihn bald hier bald dorthin führt«, und den sein unruhiger Geist in alle abenteuerliche, Unternehmungen verwickelte. Auf dem Strande angelangt, wo der Kampf stattgefunden hatte, , fanden die Landleute einen Bedienten des Fürsten von Paterno tot, einen andern leicht an dem Schenkel verwundet, und drei Seeräuber in ihren, Blute ausgestreckt, aber noch atmend. Zwei Flintenschüsse hatten bald jedem von ihnen Gerechtigkeit widerfahren lassen, und ein Pistolenschuss sollte eben den dritten seinen Kameraden nachsenden, als Bruno, der bemerkte, dass es ein Kind wäre, die Hand abwandte, die eben das Pistole losdrücken wollte, und erklärte, dass er den Verwundeten unter seinen Schutz nähme. Einige Einsprüche erhoben sich gegen dieses Mitleiden, das unzeitig schien; wenn aber Bruno einmal etwas gesagt hatte, so beharrte er auch darauf; er spannte daher seine Büchse, und erklärte, dass er dem ersten den Kopf zerschmettern würde, der sich seinem Schützling näherte, und da man ihn als einen Mann kannte, der seine Drohung augenblicklich in Ausführung brachte, so ließ man ihn