Александр Дюма

Königin Margot


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Schriftsteller sagt irgendwo: Es ist gut, die Seele an den Schmerz und den Magen an den Hunger zu gewöhnen.«

      »Ah! Ihr versteht also Griechisch?« rief Coconnas erstaunt.

      »Gewiß!« antwortete La Mole, »mein Lehrer hat mir darin Unterricht gegeben.«

      »Mordi, Graf, dann ist Euer Glück gesichert; Ihr macht Verse mit König Karl IX., und sprecht Griechisch mit der Königin Margarethe.«

      »Abgesehen davon,« fügte La Mole lächelnd bei, »daß ich mit dem König von Navarra Gascognisch sprechen kann.«

      In diesem Augenblick wurde die Thüre der Gallerie, welche nach der Wohnung des Königs führte, geöffnet; es ertönte ein Tritt, man sah in der Dunkelheit einen Schatten sich nahen. Dieser Schatten wurde ein Körper. Dieser Körper war der von Herrn von Besme.

      Er schaute den zwei jungen Männern in das Gesicht, um den seinigen zu erkennen, und bedeutete Coconnas durch ein Zeichen, er möge ihm folgen.

      Coconnas grüßte La Mole mit der Hand.

      Von Besme führte Coconnas an das Ende der Gallerie, öffnete eine Thüre und befand sich mit ihm auf der ersten Stufe einer Treppe.

      Hier angelangt, blieb er stille stehen, schaute rings um sich her, dann aufwärts, dann abwärts und sagte endlich:

      »Herr von Coconnas, wo wohnt Ihr?«

      »Im Gasthofe zum Schönen Gestirne.«

      »Gut, gut, in der Rue de l’Arbre-Sec, zwei Schritte von hier. Begebt Euch schnell in Euern Gasthof und diese Nacht…«

      Er schaute abermals um sich her.

      »Nun, diese Nacht?« fragte Coconnas.

      »Diese Nacht kommt mit einem weißen Kreuze an Euerem Hute wieder hierher. Das Losungswort istGuise. Stille, reinen Mund gehalten.«

      »Um welche Stunde soll ich kommen?«

      »Sobald Ihr die Sturmglocke hört.«

      »Gut, ich werde hier sein.«

      Und sich vor Herrn von Besme verbeugend, entfernte er sich, ganz leise sich fragend:

      »Was Teufels will er damit sagen, und warum soll die Sturmglocke ertönen? Gleichviel, ich bleibe bei meiner Meinung, es ist ein vortrefflicher Deutscher, dieser Herr von Besme. Soll ich auf den Grafen de La Mole warten? Meiner Treue, nein; er wird wahrscheinlich mit dem König von Navarra zu Nacht speisen.«

      Und Coconnas wandte sich nach der Rue de l’Arbre-Sec, wohin ihn das Schild zum Schönen Gestirne wie eine Geliebte zog.

      Während dieser Zeit öffnete sich eine Thüre der Gallerie, welche mit den Gemächern des Königs von Navarra in Verbindung stand, und ein Page trat auf Herrn de La Mole zu.

      »Ihr seid wohl der Graf de La Mole’?« sagte er.

      »Ich bin es.«

      »Wo wohnt Ihr?«

      »Im Schönen Gestirne«

      »Gut, das ist vor dem Thor des Louvre. Hört: … Seine Majestät läßt Euch sagen, sie könne Euch in diesem Augenblicke nicht empfangen, werde Euch aber vielleicht in dieser Nacht holen lassen. Habt Ihr morgen früh keine Nachricht von dem König, so kommt jedenfalls in den Louvre.«

      »Wenn mir aber die Schildwache den Eintritt verweigert?«

      »Ah! Ihr habt Recht… Das Losungswort istNavarra; sagt dieses Wort und alle Thüren werden sich vor Euch öffnen.«

      »Ich danke.«

      »Wartet, Herr, ich habe Befehl, Euch bis an die Pforte zurückzuführen, man befürchtet, Ihr könntet Euch im Louvre verirren.«

      »Wie steht es mit Coconnas?« sagte La Mole zu sich selbst, als er sich außerhalb des Palastes befand. »Oh! er wird ohne Zweifel bei dem Herzog von Guise zum Abendbrod geblieben sein.«

      Als er aber wieder bei Meister La Hurière eintrat, war das erste Gesicht, welches unser Mann erblickte, das von Coconnas, der vor einem riesigen Speckpfannekuchen saß.

      »Oh! Oh!« rief Coconnas laut lachend, »Ihr habt eben so wenig bei dem König von Navarra zu Mittag, als ich bei dem Herzog von Guise zu Nacht gespeist.«

      »Meiner Treu, nein.«

      »Und der Hunger ist Euch gekommen?«

      »Ich glaube ja.«

      »Trotz Plutarch?«

      »Herr Graf,« erwiederte La Mole lachend, »Plutarch sagt an einer andern Stelle: derjenige, welcher hat, muß mit dem, welcher nicht hat, theilen. Wollt Ihr Plutarch zu Liebe Euern Pfannekuchen mit mir theilen? Wir sprechen, während wir essen, von der Tugend.«

      »Oh! meiner Treue, nein,« versetzte Coconnas, »das ist gut im Louvre, wenn man behorcht zu werden befürchtet und der Magen leer ist. Setzt Euch hierher und eßt mit mir.«

      »Hört Graf, ich sehe, daß uns das Schicksal offenbar unzertrennlich macht. Schlaft Ihr hier?«

      »Ich weiß es nicht.«

      »Ich auch nicht.«

      »In jedem Falle weiß ich wohl, wo ich die Nacht zubringen werde.«

      »Wo?«

      »Wo Ihr sie selbst zubringt; das ist unfehlbar.«

      Und Beide fingen an zu lachen und machten sodann dem Pfannekuchen des Meister La Hurière alle Ehre.

       VI.

      Die bezahlte Schuld

      Will der Leser nun wissen, warum Herr de La Mole nicht vom König, warum Herr von Coconnas nicht von Herrn von Guise empfangen wurde, und warum endlich Beide statt im Louvre Fasanen, Feldhühner und Rehbraten zu speisen, im Gasthause zum Schönen Gestirne einen Speckpfannekuchen verzehrten, so muß er mit uns in den alten Palast der Könige zurückkehren und der Königin Margarethe von Navarra folgen, welche La Mole am Eingange der Gallerie aus dem Auge verloren hatte.

      Als sie die Treppe hinabstieg, war der Herzog Heinrich von Guise, den sie seit ihrer Hochzeitnacht nicht gesehen hatte, in dem Cabinet des Königs. An dieser Treppe, welche Margarethe hinabstieg, war ein Ausgang. An dem Cabinet, in welchem sich Herr von Guise befand, war eine Thüre; diese Thüre und dieser Ausgang führten nun beide in einen Corridor, und dieser Corridor führte in die Gemächer der Königin Mutter, Catharina von Medicis.

      Catharina von Medicis war allein. Sie saß an einem Tische, den Ellenbogen auf ein halb geöffnetes Gebetbuch gelehnt, den Kopf auf ihre Hand gestützt, welche immer noch merkwürdig schön war, was sie den cosmetischen Mitteln des Florentiners René zu danken hatte, welcher die doppelte Stelle eines Parfumeurs und eines Giftmischers der Königin Mutter inne hatte.

      Die Wittwe von Heinrich II. trug die Trauerkleider, welche sie seit dem Tode ihres Gemahls nicht abgelegt hatte. Es war zu dieser Zeit eine Frau von zweiundfünfzig bis dreiundfünfzig Jahren, welche durch eine Rundung voll Frische noch Züge ihrer ersten Schönheit bewahrte. Ihr Gemach war wie ihr Gewand das einer Wittwe. Alles hatte einen düstern Charakter: Stoffe, Wände, Meubles. Nur sah man über einem Prachthimmel, welcher einen königlichen Stuhl bedeckte, auf dem in diesem Augenblick das Lieblingswindspiel der Königin lag, das ihr Schwiegersohn, Heinrich von Navarra, ihr geschenkt, und dem man den mythologischen Namen Phöbe gegeben, einen gemalten Regenbogen, umgeben von der Devise:Er bringt das Licht und die Heiterkeit, welche von Franz l. herrührte.

      Plötzlich und in dem Augenblick, wo die Königin Mutter tief in einen Gedanken versunken war, welcher auf ihre mit Karmin gemalten Lippen ein langsames, zögerndes Lächeln brachte, öffnete ein Mann die Thüre, hob den Vorhang, zeigte sein bleiches Gesicht und sprach:

      »Alles geht schlecht.«

      Catharina schaute empor und erkannte den Herzog von Guise.

      »Wie, Alles geht schlecht?« erwiederte die Königin. »Was wollt Ihr damit sagen, Heinrich?«

      »Ich will damit sagen, daß der König mehr als je von seinen verdammten Hugenotten umgarnt ist, und daß wir, wenn