Александр Дюма

Liebesdramen


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Damen, welche in Begleitung der Gäste zum Souper gekommen waren, hatten, als sie sich Morgens entfernten, einige Male einen Auflauf in der Nachbarschaft veranlaßt. Bertrand möblirte nun, um den Anstand zu beobachten, einige Zimmer im zweiten Stockwerke seines Hauses; seine verspäteten »Cousinen« konnten nun bei ihm verweilen, bis die Nacht angebrochen war.

      Das Gegenmittel erwies sich aber schlimmer als das Uebel. Der köstliche Bratengeruch war einigen der jungen Damen, welche das Gasthaus besuchten, so unwiderstehlich, daß sie sich nicht entschließen konnten diese duftende Atmosphäre zu verlassen; sie verschoben ihr Fortgehen von einem Abend zum andern, bis sie am Ende bei dem Speisewirth ihren Wohnsitz erwählten und die »goldene Sonne« zu einem nicht eben empfehlenswerthen Hotel garni machten.

      Altes aus Anstandsrücksichten!

      Am Abende des Tages, an welchem die eben beschriebenen Ereignisse stattgefunden halten, klopfte Louis von Fontanieu an die Thür dieses Gasthauses.

      Er war sehr aufgeregt gewesen,, seitdem er das Hotel Escoman verlassen hatte. Der arme Louis hatte eine zu lebhafte Phantasie, er vergeudete Zeit und Thatkraft in leeren Träumereien. Wie ein Opiumraucher und Hatschisesser baute er Luftschlösser auf die geringsten Hoffnungen. Die Folge davon war, daß es ihm an Energie und Willenskraft fehlte, um seine Ideen in Ausführung zu bringen.

      Seit einigen Stunden hatte seine erregte Phantasie die verschiedensten Entwickelungen des Abenteuers gefunden, dessen Held er war. Er sah sich, trotz der Feindseligkeit Susannens, als den Wiederhersteller des Friedens im Hause des Marquis; er sah, wie er den beiden Gatten einen späten Honigmonat bereitete, und gefiel sich in der Ausschmückung seines Liebeswerkes.

      Wir wollen indeß nicht behaupten, daß sich sein Herz über alle selbstsüchtigen Nebengedanken erhoben hätte. Seine erregte Phantasie setzte vielmehr ein Nachspiel in die Scene, in welcher seine Rolle gerade nicht die unangenehmste war.

      Da er jedoch nicht alle Gewissensscrupel hinsichtlich dieser kleinen Abänderung des ursprünglichen Themas beseitigen konnte, so wurde er durch diese täuschende Luftspiegelung nicht beschwichtigt, sondern noch mehr aufgeregt. Er hatte ja gesehen, wie gleichgültig der Marquis gegen, Emma war, und konnte sich des Gedankens nicht erwehren, daß er ihm im Grunde wenig Unrecht thue, wenn er die Liebe der schönen Frau zu gewinnen suchte und den lieblichen Blumenstrauß, den man in einem Winkel verwelken ließ, aufnähme und an seinem Herzen erfrischte. Und überdies war ja, wie es unter solchen Verhältnissen immer der Fall ist, die Leidenschaft nach Maßgabe der zu überwindenden Hindernisse größer geworden.

      Es war in der That zu fürchten, daß Susanne ihren Verdacht gegen Emma ausgesprochen. Wie abgeschmackt auch der Argwohn war, daß Fontanieu mit dem Marquis einverstanden sei, so war jenem doch der Gedanke unerträglich, bei der Marquise in einem zweideutigen Lichte zu erscheinen. Er fürchtete, daß sie den Einflüsterungen Susannens, die so viel über sie vermochte, nicht widerstehen werde, und er hielt es für unmöglich sich der Marquise vorzustellen, bevor er einen ernsten Versuch gemacht, sein Versprechen zu halten.

      Sein erster Versuch war freilich nicht glücklich gewesen, die kurze Unterredung mit dem Marquis hatte ihn überzeugt, daß dieser nicht leicht in das Ehejoch zu bringen war.

      In seiner Unerfahrenheit dachte er an den Chevaliers von Montglas, der ihm in dieser schwierigen Lage gewiß mit Rath und That würde beistehen können, und er beschloß sich an den alten Roué zu wenden, jedoch ohne ihn völlig zu seinem Vertrauten zu machen.

      Fontanieu war also einige Minuten vor der bestimmten Stunde zur »goldenen Sonne« gekommen, in der Erwartung, den Chevalier zu finden; denn Montglas hatte alle Anordnungen für das Souper zu treffen und mußte früher da sein als die Andern.

      Eine alte Bäuerin, welche den doppelten Dienst einer Kellnerin und eines Küchenmädchens versah, führte Fontanieu in ein an den Speisesaal stoßendes Zimmer.

      In diesem Zimmer fand er den Chevalier.

      Der alte Roué saß in einem großen Lehnstuhle; vor sich hatte er eine Flasche Madeira, zwei Gläser, ein Blatt Papier und Schreibzeug.

      Neben ihm saß Frau Bertrand, welche der Chevalier, als galanter Cavalier, genöthigt hatte, in seiner unmittelbarsten Nähe Platz zu nehmen.

      Am andern Ende des Zimmers stand Bertrand mit ehrerbietiger Haltung. Er war in vollständiger Rüstung, in weißer Jacke, weißer Schürze, das Küchenmesser an der Seite.

      Der Congreß entwarf eben den Küchenzettel. Der Chevalier hatte unbeschränkte Vollmacht. Die Berathung war ungemein lebhaft.

      Der Kochkünstler, welcher nicht Zeit gehabt hatte umfassende Vorkehrungen zu treffen, hatte nur ganz einfache Speisen anzubieten. Der alte Feinschmecker war entrüstet, bei einem solchen Festessen hätte er gern gebratene Ortolanen und Fricassée von Feigenschnepfen auf der Tafel gesehen.

      Bertrand versprach vergebens die feinsten Saucen zu den Hühnern, Rehkeulen und Forellen, welche in der Speisekammer vorräthig waren, der Chevalier verschmähte Alles.

      Bertrand war tief betrübt. Die Frau vom Hause hatte Mitleid mit den Seelenleiden ihres Gatten und machte einen Vermittlungsversuch.

      Frau Bertrand war freilich nicht mehr in der ersten Jugendblüthe, aber sie wußte aus langer Erfahrung, daß ein Blick von ihr, daß ein Lächeln ihres Mundes mehr über den Chevalier vermochte, als alle Beredsamkeit des Speisewirthes.

      Montglas schlang zum Zeichen der Zustimmung den Arm um die Taille der Frau Bertrand und die vereinbarte Speise wurde auf den Küchenzettel geschrieben.

      Dann schlürfte er mit Behagen ein Glas Madeira.

      Die Berathung, das Lächeln, das Umschlingen der Taille, das Nippen aus dem Glase wiederholte sich, und so wurde der Küchenzettel voll, die Flasche aber leer.

      Der Chevalier von Montglas hatte natürlich zu viel Höflichkeit aus dem achtzehnten Jahrhunderte in das neunzehnte herübergebracht, als daß er das Glas an den Mund gesetzt hätte, ohne Frau Bertrand einzuladen ihm Bescheid zu thun. Dieser Einladung wurde auch jedesmal, wenn auch mit einigem Sträuben, Folge geleistet.

      Bertrand drehte unterdessen seine weiße Mütze zwischen den Fingern, ohne daß sich der Chevalier darum kümmerte.

      Als er Louis von Fontanieu erscheinen sah, trat er rasch auf seine Ehehälfte zu. Bertrand hielt auf Sitte und Anstand, er duldete die Vertraulichkeiten des Chevaliers nur hinter verschlossenen Thüren.

      Aber Montglas, dessen Grundsätze minder streng waren, umfaßte die Taille der Frau Bertrand, die sich scheinbar sträubte, aber trotzdem gar holdselig lächelte, – und mit der andern Hand schlug er den Speisewirth auf den Bauch.

      »Was fällt Ihnen denn ein?« sagte er. »Sind Sie toll? Wie können Sie sich erkühnen, mit Herrn von Fontanieu und mir im Zimmer zu bleiben? Sehen Sie ihm denn nicht an, daß er mir sehr wichtige Dinge mitzutheilen hat?«

      »Gott behüte mich, Herr Chevalier!« sagte Bertrand mit einer tiefen Verbeugung. »Wie könnte ich so zudringlich sein? – Komm’, Louise, wir wollen die Herren allein lassen.«

      »Nein, Ihre Frau bleibt. Eine hübsche Frau ist immer an ihrem Platze zwischen zwei Cavalieren. Wir haben auch noch die Entremets und das Dessert zu wählen.«

      Und als Bertrand dennoch blieb und sogar wieder näher trat, rief ihm der Chevalier zu:

      »In die Küche, Schmerbauch! Diable! ich leide nicht, daß Sie mich belauschen, wenn ich mit Madame spreche.«

      Der Chevalier neigte sich zu dem Ohre der Wirthin und flüsterte ihr einige Worte zu, die ihr das Blut in die Wangen trieben.

      Bertrand verschwand.

      »Was für ein guter Genius führt Sie denn als den Ersten hierher?« fragte der Chevalier den neuen Gast.

      »Der Wunsch, Ihnen Glück zu wünschen,« antwortete Louis von Fontanieu. »Ich hörte, daß Sie in Ihrem Duell mit Herrn von Guiscard unverletzt geblieben, und ging zu Ihnen, um mich davon zu überzeugen. Man sagte mir, Sie wären hier, und so bin ich gekommen, auf die Gefahr hin, Sie mitten in Ihren wichtigen Geschäften zu stören.«

      »Ei, welche