mit der Presse und dem Fernsehen nötig, aber Helmut Gröschel ließ seine guten Beziehungen spielen, und schließlich war alles unter Dach und Fach.
Als Falk am Abend das Regionalfernsehen einschaltete, wurde dort ein ausführlicher Bericht über Achim Welser ausgestrahlt, der tagsüber eilig aus bereits vorhandenem Material zusammengeschnitten worden war. Nicht nur die Familie von Langen und Isabel Rosner verfolgten den Bericht gespannt.
Auch Peter Schrödel saß vor seinem Fernsehgerät. Seine Augen funkelten, als die Reporterin den letzten und entscheidenden Satz verlas.
»Das letzte Opfer Achims hat sich in der Privatklinik Dr. Behnisch inzwischen soweit erholt, daß es morgen früh um zehn Uhr die Klinik in Begleitung Ihres Lebensgefährten, der den entscheidenden Hinweis zur Festnahme Welsers gegeben hat, verlassen kann.«
Mit diesem Hinweis endete die Sondersendung, und Schrödel lachte heiser.
Das ist die Gelegenheit, auf die ich gewartet habe, dachte er schadenfroh. In seinem Eifer bedachte er nicht, daß es recht ungewöhnlich war, einem Kleinkriminellen wie Welser soviel Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Peter Schrödel war so in seinen Rachegedanken gefangen, daß er ahnungslos in die für ihn vorbereitete Falle tappte.
Kurz vor zehn Uhr am nächsten Morgen ging Isabel aufgeregt in ihrem Zimmer auf und ab. Sie war nicht allein, und Christoph Bachmann versuchte ihre Ängste so gut es ging irgendwie zu zerstreuen.
»Was machen wir, wenn es nicht klappt?« fragte sie nervös.
»Schlimmstenfalls kommt er nicht«, versuchte er sie zu beruhigen.
»Aber wenn er einen Anschlag vorbereitet hat?«
»Die Beamten sind gut vorbereitet. Es wird nichts geschehen!« Seine Stimme klang zuversichtlich.
»Hoffentlich hast du recht!« seufzte Isabel. Da läutete das Telefon und Chris hob sofort ab. Er war genauso aufgeregt wie Isa, doch er hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als ihr das zu gestehen.
»Alles klar?« fragte er und legte dann zufrieden auf. »Das war das Startzeichen, es kann losgehen.« Er gab Isa einen letzten Kuß auf die Stirn und öffnete ihr dann die Tür, durch die sie zögernd auf den Klinikflur trat.
Kurz darauf hatte sie den Eingang erreicht. Einige Reporter standen schon bereit, um Aufnahmen zu machen. Auch Falk war da, um sie vor den Wartenden, deren Neugier durch die Reportage am Abend zuvor geweckt worden war, filmreif zu begrüßen. Helmut Gröschel und seine Beamten hielten sich im Hintergrund. Sie waren in Zivil, um keinen Verdacht zu erregen und sahen sich unauffällig, aber nicht minder aufmerksam um.
Auf einmal stieß Gröschel seinen Kollegen in die Seite.
»Es klappt. Da ist er!« flüsterte er und machte ein Zeichen. Der Beamte schaute so unauffällig wie möglich in die Richtung, und tatsächlich, Peter Schrödel hatte sich unter die Zuschauer gemischt und stand einige Meter entfernt schräg hinter ihnen.
»Was hat er vor?« raunte Gröschel und beobachtete Schrödel aufmerksam. Dieser war für die Jahreszeit viel zu warm gekleidet und hielt unter seiner Jacke einen Gegenstand versteckt.
Plötzlich wußte Gröschel, was Peter Schrödel zu tun gedachte. Er zögerte keinen Augenblick und schob so unauffällig wie möglich an den Schaulustigen vorbei, bis er knapp hinter dem Verbrecher zum Stehen kam. Es war keine Minute zu früh, denn in diesem Moment zog Schrödel die Waffe hervor, die er unter seiner Jacke verborgen hatte und zielte auf Falk von Langen, der nur einige Meter entfernt mit Isabel zum Wagen ging.
»Rache für Welser!« schrie er hysterisch, und die Umstehenden wichen mit einem Aufschrei zur Seite. Doch bevor sich ein Schuß aus der Waffe lösen konnte, holte Gröschel aus und versetzte dem Verbrecher einen heftigen Schlag auf den Kopf.
Mit einem Aufschrei ließ Schrödel die Waffe fallen und griff sich taumelnd an den Kopf. Diesen Moment nutzten die Beamten und umringten ihn.
Peter Schrödel hatte keine Chance. Das Spiel war aus.
An diesem Abend herrschte lebhaftes Treiben im Calimero und ausnahmsweise konnte Falk einmal nach Herzenslust mitfeiern. Ausgelassen saß er am Tisch neben Leslie und erzählte wohl zum wiederholten Male, was sich an diesem Morgen vor der Behnisch-Klinik zugetragen hatte. Auch Isabel und Christoph waren mit von der Partie, hielten sich jedoch zurück und lauschten lächelnd Falks Erzählungen, die nach jedem Bier ein wenig abenteuerlicher wurden. Leslie zuckte mit den Schultern und warf den beiden einen entschuldigenden Blick zu, doch Isa hatte Verständnis für seine ausgelassene Stimmung.
Ihr selbst war noch nicht zum Reden zumute. Zu tief saß ihr der Schreck noch in den Gliedern, und sie versuchte nicht daran zu denken, was alles hätte passieren können.
»Du siehst müde aus! Wollen wir gehen?« erkundigte sich Chris fürsorglich, als er bemerkte, daß Isabel verstohlen gähnte.
»Wenn du nichts dagegen hast?« erwiderte sie leise. In dem allgemeinen Trubel fiel es nicht auf, daß sich die beiden heimlich zurückzogen. »Mir ist das alles zuviel«, gestand sie, als sie schließlich im Freien standen. Sie atmete tief ein und seufzte dann.
»Geht es dir gut?« erkundigte sich Chris vorsorglich.
»Abgesehen von meinen angegriffenen Nerven könnte es mir nicht bessergehen. Dank dir sind nun alle vier Verbrecher hinter Schloß und Riegel, ich bin fast wieder gesund, und die Semesterferien haben begonnen«, zählte sie auf.
»Hast du nicht eine Kleinigkeit vergessen?«
»Laß mich mal nachdenken...«, tat sie verwundert, doch dazu blieb ihr keine Zeit mehr, denn seine Arme umschlangen sie und seine Lippen suchten die ihren.
*
Die Familie Norden saß fröhlich am Frühstückstisch auf der Terrasse und ließ sich die frischen Semmeln schmecken. Nur Jan und Dési waren nicht mit von der Partie. Sie waren schon wieder mit ihrer Omi unterwegs, die ein paar Rosen für die Vasen der Tische im Restaurant schneiden wollte.
»So läßt es sich aushalten«, seufzte Daniel zufrieden und streckte die Beine aus.
»Glaub nur nicht, daß unser Leben hier immer so unbeschwert und entspannt sein wird, wenn wir erst einmal das Sanatorium übernommen haben«, lachte Fee vergnügt.
»Das macht überhaupt nichts. Wie du weißt, arbeite ich für mein Leben gern. Was wichtig ist, ist die Umgebung...«
»Und die ist einfach perfekt hier!« beendete sie seinen Satz. »Ich fühle mich so frisch und erholt wie schon lange nicht mehr.«
»Du siehst auch so aus. Ehrlich gesagt habe ich mir in letzter Zeit große Sorgen um dich gemacht. Die Krankheit hat dir mehr zugesetzt, als du zugegeben hat«, stellte er nachdenklich fest.
»Ich wollte euch nicht beunruhigen«, gab sie zögernd zu.
»Wir sollten ernsthaft besprechen, wann wir hierher übersiedeln. Deine Gesundheit geht mir über alles. Wenn es nötig ist, gebe ich die Praxis eben jetzt schon auf.«
Fee sah ihn gerührt an. Sie wußte, welches Opfer dieser Schritt für Daniel bedeuten würde. »Wir dürfen nichts überstürzen, schon der Kinder wegen. Es wäre eine große Umstellung für sie, wenn wir sie aus ihrer gewohnten Umgebung herausreißen.«
»Trotzdem!« beharrte Daniel. Bevor er jedoch weitersprechen konnte, wurde ihr Gespräch unterbrochen. Das Telefon klingelte. Er erhob sich, um das Telefonat entgegenzunehmen.
»Isabel Rosner hat sich entschlossen, uns für einige Zeit Gesellschaft zu leisten«, erklärte er zufrieden, als er kurz darauf wieder nach draußen kam.
»Wie schön!« freute sich Fee sofort.
»Das finde ich auch. Im Moment wüßte ich keinen Menschen, der Ruhe und Erholung nötiger hat als sie.«
Jenny Behnisch hatte die Nordens über die Neuigkeiten in München auf dem laufenden gehalten.
Fee schauderte es immer noch, wenn sie daran dachte, was Isabel alles durchgemacht hatte.