Thomas Rögner

Der ultimative Bike-Workshop


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auf dem Rückzug. Titan-Rahmen sind schwierig zu verarbeiten. Pfiffige Konstrukteure wie Scott Nicol (Ibis) nutzen die Elastizität von Titan, um »gefederte« Hinterbauten ohne Lager zu konstruieren. Für Puristen wegen der Langlebigkeit (rostet nicht) und seines Flairs weiterhin interessant.

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      Hochwertige Aluminiumrahmen werden in Deutschland, USA und Taiwan teils von Hand geschweißt. Schweißnähte mit gleichmäßigen Schuppen (Raupen) zeigen gute Verarbeitungsqualität.

      Carbon ist vom Exoten zu einem weit verbreiteten Rahmenmaterial geworden und wird sogar bei hochbelasteten Freeride-Rahmen verwendet. Vorteil: günstiges Gewichts-Steifigkeitsverhältnis. Nachteil: Bei Schäden nach Stürzen oder Rissen im Rahmen ist es aufwendig festzustellen, ob der Rahmen weiter verwendet werden kann oder wie er zu reparieren ist.

      Stahl ist bei Mountainbikes in den Hintergrund getreten, erlebt aber immer wieder ein Revival. Columbus, Tange, Mannesmann, True Temper, Ritchey und Reynolds sind klingende Namen für erfahrene Rahmenbauer mit hohen Qualitätsansprüchen. Aufkleber verraten, welche Qualitätsstufe verarbeitet wird und wie oft das Rohr konifiziert ist.

      Zum Thema Lack: Haltbarer, umweltfreundlicher und langlebiger als eine Nass-Lackierung sind Pulverbeschichtungen, die jedoch ein paar Gramm mehr auf die Waage bringen. Die Güte der Beschichtung oder Lackierung kann man ebenfalls nur optisch überprüfen. Sorgfältige Rahmenhersteller legen zusätzlich noch eine Schicht Klarlack über die Farbe. Falls Sie nur einen Rahmen kaufen und ihn selbst mit Komponenten bestücken wollen: Achten Sie darauf, dass die Gewinde im Tretlagerbereich und im Schaltungsauge frei von Farbe sind. Notfalls nachfräsen und säubern lassen. Kompaktlager für den Steuersatz lässt man ebenfalls am besten gleich vom Händler einpressen, weil man dazu Spezialwerkzeug braucht, das sich für die einmalige Montage kaum anzuschaffen lohnt.

      Sehr wichtig ist auch die Garantiefrage. Viele Hersteller geben zwar ein pauschales »lebenslänglich« auf den Rahmen, schränken dann aber in den (kleingedruckten) Bestimmungen vieles wieder ein, wie beispielsweise Wettkampfeinsatz und Sprünge. Sie sollten aber zumindest darauf achten, dass die Garantiekarte richtig ausgefüllt und vom Händler abgestempelt wird. Hat man sich für Rahmen oder ein bestimmtes Bike-Modell entschieden, bleibt die wichtige Frage nach den Komponenten. Für welche Qualität man sich entscheidet, sollte mehr vom Einsatzbereich als vom Geldbeutel abhängen, denn bessere Komponenten halten länger und schonen damit das Konto auf Zukunft gesehen. Den größten Einsatzbereich weisen Zweifach-Kurbelsätze auf. Bei Einfachkurbeln auf jeden Fall auf die Übersetzungsbandbreite achten (außer für Enduro- und Downhillbikes), die »alten« Dreifachkurbeln bieten die größere Bandbreite, wiegen natürlich auch am meisten.

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      Aluminiumrohre bilden das Hauptgerüst für Rahmen. Die Rohrsätze gibt es in unterschiedlichen Legierungen und Wandstärken. Modern und hochwertig sind fließende Rahmen mit der Hydroforming-Technik.

      SO FUNKTIONIERT CARBON

      Die Eigenschaften von Carbon sind – anders als bei Metallen – richtungsabhängig. In Richtung der Faser kann der Kunststoff extreme Kräfte übertragen. Matten werden deshalb entsprechend der Belastung ausgerichtet und kombiniert.

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      DIE FASER: Einzelne Fasern sind mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen. Die Verarbeitung erfolgt in Rovings (Bündel). In der Bike-Fertigung bilden 1000–6000 Fasern ein Roving. Carbon besitzt eine enorme Stärke – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen: Bei Metall ist die Festigkeit in allen Richtungen fast gleich. Bei einem Bauteil aus Carbon hängt es davon ab, wie die Fasern im Inneren angeordnet sind. Muss Carbon in allen Richtungen gleich stark sein, sinkt die Festigkeit schnell unter die Werte von Aluminium. Bei optimaler Bauteilkonstruktion übertrifft Carbon die Werte von Aluminium aber um das Zehnfache.

      DAS HARZ: Harz stützt die Fasern und hält sie in Position. Für die Festigkeit spielt es eine im Prinzip untergeordnete Rolle, bei Fehlern in der Harzschicht kommt es jedoch zum Kollaps der Fasern.

      DIE LAGEN: Bauteile sind immer aus mehreren Lagen aufgebaut. Wirken Kräfte in verschiedenen Richtungen, müssen mehrere Fasermatten in exakten Winkeln übereinandergelegt werden. Sehr aufwendig sind Knotenpunkte am Rahmen wie Tretlager und Steuerrohr.

      Welche Gruppen sind sinnvoll für Biker? Schönwetterfahrer die hin und wieder mal zur Arbeit radeln oder am Wochenende leichtere Touren unternehmen, sind mit einer Shimano Deore-Gruppe gut bedient. Der engagierte Sportbiker wird sich eher für SLX, XT oder gar XTR entscheiden. Die Schalt- und Bremsfunktion der günstigeren Gruppen ist zu Beginn genauso gut wie die der teuren. Den Unterschied macht das Gewicht und die Qualität der Lager, Dichtungen und des Materials aus. Faustregel: Für ernsthaftes Offroad-Biken sollte es eine Deore, besser eine SLX sein. Hier sind die Lager bereits so gut, dass sie Matsch und Modder klaglos wegstecken. Schwierig wird es, wenn Hersteller verschiedene Gruppen und Sram und Simano durcheinander mischen, Mogelpackungen sind jedoch selten geworden.

      Bei den Naben und beim Tretlager sollten Sie den Verkäufer noch mal nach deren Ausführung und der Lagerqualität befragen. Denn falls die Naben knirschen und getauscht werden müssen, muss man seine Laufräder komplett neu einspeichen lassen. Das wird entweder teuer oder kostet viel Zeit – oder beides. Ebenso verhält es sich mit dem Tretlager: Muss man es austauschen, braucht man zusätzliches Werkzeug (siehe Kapitel 5), oder das komplette Bike wandert in die Werkstatt und man sitzt bei schönstem Bike-Wetter zuhause auf der Couch.

      Einen aktuellen Überblick zu den Modellen und Preisen verschaffen Vergleichstests des Magazins BIKE in den verschiedenen Preiskategorien. Generell lässt sich sagen: Die untere Grenze für akzeptable Qualität liegt bei etwa 800 Euro. Mountainbikes die weniger kosten, und Räder die sich so nennen, sehen vielleicht robust aus, sind aber nur für gemütliche Spazierfahrten über Feldwege oder für den Ausflug zur Eisdiele geeignet. Mountainbike-Touren über mehrere Stunden, auf holprigen Schotterpisten und über wurzelgespickte Waldpfade, offenbaren schnell Schwachpunkte von Billig-Teilen. Bei rund 1000 Euro beginnt der Einstieg in die echte Mountainbike-Klasse bei Hardtails. Ein leichter Alurahmen und drecktaugliche Schaltkomponenten sind genauso obligatorisch wie eine brauchbare Scheibenbremsanlage. Achten Sie auf das Gesamtgewicht des Bikes: Spitzenreiter hier wiegen unter 11,5 Kilogramm, die schwersten knapp über 13 Kilogramm.

      Die Komponenten sollten mindestens aus den etablierten Shimano-Gruppen Deore oder SLX stammen oder auf SRAM X7-Niveau sein. Oft verbauen die Hersteller auch schon Teile aus der High-End-Gruppe Shimano XT. Erst ab 1500 Euro und mehr kann man Fullys wirklich empfehlen. In dieser Kategorie muss man bei der Ausstattung noch »schwere« Kompromisse eingehen. Bei Preisen über 2500 Euro geht es nicht um mehr Funktionalität und Qualität, sondern um Gewichtsvorteile, die man umgekehrt proportional bezahlt. Ein Fully um die zwölf Kilo kostet mindestens 3500 Euro. Nach oben sind (fast) keine Grenzen gesetzt.

      LEXIKON: RAHMEN

      AUSFALLENDE: U-förmige Enden des Rahmenhinterbaus und der Gabel, in denen die Laufräder befestigt sind.

      BONDED: Geklebt. Eine Rohrverbindung, bei Alu- oder Carbonrahmen angewendet.

      BUTTED: Variable Wandstärken eines Rahmenrohrs. Die Rohre können in der Mitte dünner sein als an den Enden, um Gewicht zu sparen, ohne an Belastbarkeit zu verlieren. Double (zweifach) oder triple (dreifach) butted (dt.: konifiziert).

      CHAIN SUCK DEVICE (oder Anti Chainsuck): Zusätzliche Platte am Tretlager, die ein Verklemmen der Kette zwischen Kettenblatt und Rahmen (chain suck) verhindern soll.

      CNC: Computer