Novalis

Die wichtigsten Werke von Novalis


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Die hier ungestöret ruhn, geweint;

       Stunden sagt, wo seid ihr denn geblieben,

       Die ihr uns als Jünglinge vereint?

      Sprosset auf zu dunklen Trauermyrten

       Tränen, die die Liebe hier vergoß

       Grünt, um meine welke Stirn zu gürten,

       Meine Laute, der nur Schmerz entfloß.

      Kirchhof, Freund der trüben Knabentage

       Die mir schwanden tränenvoll dahin,

       Hörtest du nicht oft auch meine Klage,

       Wenn mich eine Freundin mußte fliehn?

       Inhaltsverzeichnis

      Es färbte sich die Wiese grün

       Und um die Hecken sah ich blühn,

       Tagtäglich sah ich neue Kräuter,

       Mild war die Luft, der Himmel heiter.

       Ich wußte nicht, wie mir geschah,

       Und wie das wurde, was ich sah.

      Und immer dunkler ward der Wald

       Auch bunter Sänger Aufenthalt,

       Es drang mir bald auf allen Wegen

       Ihr Klang in süßen Duft entgegen.

       Ich wußte nicht, wie mir geschah,

       Und wie das wurde, was ich sah.

      Es quoll und trieb nun überall

       Mit Leben, Farben, Duft und Schall,

       Sie schienen gern sich zu vereinen,

       Daß alles möchte lieblich scheinen.

       Ich wußte nicht, wie mir geschah,

       Und wie das wurde, was ich sah.

      So dacht ich: ist ein Geist erwacht,

       Der alles so lebendig macht

       Und der mit tausend schönen Waren

       Und Blüten sich will offenbaren?

       Ich wußte nicht, wie mir geschah,

       Und wie das wurde, was ich sah.

      Vielleicht beginnt ein neues Reich –

       Der lockre Staub wird zum Gesträuch

       Der Baum nimmt tierische Gebärden

       Das Tier soll gar zum Menschen werden.

       Ich wußte nicht, wie mir geschah,

       Und wie das wurde, was ich sah.

      Wie ich so stand und bei mir sann,

       Ein mächtger Trieb in mir begann.

       Ein freundlich Mädchen kam gegangen

       Und nahm mir jeden Sinn gefangen.

       Ich wußte nicht, wie mir geschah,

       Und wie das wurde, was ich sah.

      Sie ging vorbei, ich grüßte sie,

       Sie dankte, das vergeß ich nie –

       Ich mußte ihre Hand erfassen

       Und Sie schien gern sie mir zu lassen.

       Ich wußte nicht, wie mir geschah,

       Und wie das wurde, was ich sah.

      Uns barg der Wald vor Sonnenschein

       Das ist der Frühling fiel mir ein.

       Kurzum, ich sah, daß jetzt auf Erden

       Die Menschen sollten Götter werden.

       Nun wußt ich wohl, wie mir geschah,

       Und wie das wurde, was ich sah.

       Inhaltsverzeichnis

      Zum 29. April

       dem Tage des Gartenkaufs

      In diesem Saeculo im Jahre Siebenneunzig

       Starb hier ein Advokat, in seiner Rasse einzig,

       In praxi wohlgeübt ein Phönix seltner Art,

       In welchem Redlichkeit mit Klugheit sich gepaart.

       Der Witwe hinterließ er nicht das Geld bei Haufen,

       Drum suchte sie sogleich den Garten zu verkaufen,

       Mit Bäumen gut besetzt und einen Acker groß,

       Verwahrt mit roter Tür und einem großen Schloß.

       Die Frau Kreisamtmannin ersuchte den Kreisamtmann

       Den Garten zu erstehn – Sie sprach so sanft: »Verdammt, Mann!

       Ein jedes hat allhier so einen Gartenfleck,

       Und wir – was haben wir? – wir haben einen –

       Es ist nicht auszustehn, wo soll ich Kaffee trinken?

       Und muß die Stube nicht mir an im Sommer stinken?«

       Der Ehherr rief den Schmidt aus Konfraternität,

       Gab ihm den Auftrag, und des Preises Quantität.

       Der Auktionstermin ließ immer auf sich warten,

       Indes wir, voll Reform, auf die Entscheidung harrten.

       Der Garten ward besehn, bewundert und gelobt,

       Und dann voll Ungeduld nach Weiberart getobt.

       Den neunundzwanzigsten April vergeß ich nimmer.

       Apollo reiche mir zuvor den Saitenstimmer!

       Früh seifte der Barbier des Herrn Kreisamtmanns Bart,

       Als von dem Gartenkauf auch so gesprochen ward.

       »Wo trifft die Witwe wohl auf bessere Bezahler.

       Mein Ultimatum ist: Zweihundertsechzig Taler.«

       Der Herr der Bärte schrieb sich dieses hinters Ohr,

       Und trugs beim nächsten Bart des Kuratoris vor.

       »Gefunden« schrie entzückt Herr Topf, der Topf der Töpfe,

       Springt auf mit halbem Bart, sucht seine Hemdenknöpfe,

       Läuft zur Kurandin stracks, in Sprung, Galopp und Trab,

       Kommt, sieht den Käufer an, und schließt den Handel ab. –

       In frohern Hoffnungen war Cäsar nicht zerronnen,

       Als er die große Schlacht bei Pharsalus gewonnen,

       Als unsre Rahel jetzt, da nun der Schlüssel kam,

       Und sie, nach zartem Streit, ihn in Empfang nun nahm.

       Beglückwünscht ward sie hoch – bei Tisch ward manch Projekt

       Präliminariter von jedem ausgeheckt –

       Nur für Reformen und für Hüttchen hat sie Ohren.

       Er aber sitzt so kalt, als hätt er taube Ohren.

       Wir tranken Kaffee erst – ich redte, ohne Ruhm

       Zu melden, viel und schön, vom neuen Eigentum.

       Dann gingen wir hinaus – es weht ein leises Windchen –

       Voraus die Phantasie – wie einst Tobias' Hündchen.

       Wir langen an – er reicht den Hut und Schlüssel ihr.

       Ein jeder zieht den Hut – auf donnerte die Tür.

       Vor Adams offnem Maul lag so das Paradies,

       Als hier der Garten sich den trunknen Blicken wies.

       Zu kühne