Polly Adler

Pollywood


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dort stand auch zu lesen, auffallend viele junge Serienkiller wählten auch deswegen diesen Lebensweg, weil sie in ihren wichtigsten drei Entwicklungsjahren kaum bis gar nicht Gelegenheit hatten, eierschalfarbene Designercouchen mit chemiefreien Pigmentfarben zu schänden. Und irgendwo mussten die dann natürlich hin mit diesem kreativen Unterdrückungstrauma … ist ja auch irgendwie logisch … Himmel, da unten geht ja jetzt was weiter. Du bist die Beste! Ja, ja, bleib’ einfach dran, pressen, pressen, das haben wir doch so schön geübt!

      Ich liebe dich, mein Gott, ich werd verrückt, jetzt ist sie da. Diese kleinen Fussis, hat irgendjemand schon einmal so liebe Fussis gesehen? Eine Göttin von einem Kind, mein Gott, da werden sie sich anstellen, da werden wir sie wegschicken müssen, es ist ein Wunder, ein wirkliches Wunder. Schatzi, das ist deine beste Nummer, bis jetzt, Hilfe, ja, ja, ich nehm’s, tu ich ihr auch nicht weh? Ganz sicher nicht? Mein Lieber, das hat mir ja keiner g’sagt, wie schön das ist. Nein, ich wein’ überhaupt nicht, ich bin nur so glücklich, so wahnsinnig glücklich … Jetzt, jetzt endlich versteh’ ich dich, jetzt werd’ ich nämlich genau so gaga wie du … Jetzt sind wir endlich beide gaga. Uns kann jetzt nichts mehr auseinander bringen … Wir sind eine Familie, eine Oase inmitten dieser zynischen Spaßgesellschaft …

      Mickeys Empire

      Ich bastelte mir gerade einen Papierflieger aus dem Alimentationsherabsetzungsantrag des Kindsvaters, als E, voll bepackt mit Zimtsternchen und Lichterketten vor der Tür stand.

      »Von draußen aus dem Konsumentenparadies komm’ ich her«, gurrte sie, »Pollylein, es weihnachtet sehr.« »Mir ist nach Brennnesseltee und Gerstenkleie. Neue Schäbigkeit und so. Der Mann will allen Ernstes für seine Tochter nicht mehr als 150 Euro brennen.« Sie gluckste: »Es ist doch noch gar nicht Fasching. Belaste dich nicht! Lass’ uns ins Burgtheater stechen und pfeifen wir uns den pornografischen Großdarsteller Micky Blue in Jelineks ›Bambiland‹ rein. Das hebt die Laune …« »Schon gesehen …« »Ja und?«

      »Dass mir die Burg den besten Pornofilm meines Lebens beschert, find’ ich eigentlich bezaubernd. Bravo, Schlingensief, Chapeau, Bachler!« »Man erzählt sich ja Sagenhaftes. Ist das Ding von diesem Herrn Blue wirklich so …?!« »Ein ausführendes Organ von Empire-State-Building-Dimensionen. Von nichts anderem haben die Damen der Stadt an diesem Wochenende gesprochen …« »Und die Herren?« »Die Herren haben nur angemerkt, dass das ganz sicher nicht echt sein kann, und dass Micky, ganz abgesehen davon, nicht gerade nobelpreisverdächtig ausschaut. Zu Recht: Eine gewisse physiognomische Schlichtheit ist ihm nicht ganz abzusprechen …« »Die Männer, auf die ich am schärfsten war«, bemerkte E jetzt, »waren allesamt keine Leucht-Athleten. Man muss sich von dem Mythos verabschieden, dass Intelligenz und Sinnlichkeit im Doppelpack angeboten werden. Bezüglich dieses Denkansatzes haben uns die Herren der Schöpfung ja einiges voraus.«

      »Aber irgendwann muss doch auch was geredet werden, Scharfsein hin oder her.« »Du Bücher-Liesl! Reden können wir, wenn wir alt und tot sind«, ließ E nicht locker, »ich trinke auf die Blue-Hours des Jahres 2004.« Ich reichte ihr ein Tässchen Brennnesseltee und wählte die Nummer des Burgtheaters.

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