Polly Adler

Pollywood


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zweiter Vorname. Wo werden wir, also eigentlich du, sparen?« »Das Wochenendhäuschen in Altaussee allenfalls kappen?« »Neihein! Das kannst du dir und vor allem uns, deinen erholungsbedürftigen Freunden doch nicht antun!« »Überredet! Bei den Schuhen vielleicht. Vorne spitz geht nämlich auch diese Saison noch durch …« »Ja, aber die Farben! Hellblau ist doch jetzt das Pink von 2005 …« Schwule Freunde sind wirklich unbezahlbar, was ihr tiefes Verständnis für Modetorheiten aller Art betrifft. »Vielleicht solltest du bei deinen Essenseinladungen den Rotstift ansetzen?«, grübelte er kooperativ weiter. »Und statt Filets vom wilden Pazifik-Thunfisch einen Spinatstrudel mit einem Doppler Orvieto reichen?« »Entschuldige, das geht zu weit, schließlich hat man einen Ruf zu verlieren.« »Die Urlaube ratzfatz streichen. Schließlich hast du sowieso Altaussee …« »Bei aller Liebe zur Volksmusik. Irgendwie muss man doch auch einmal den Blick über den Tellerrand heben, um zu sehen, was in fernen Ländern abgeht. Horizonterweiterung ist ein Budgetposten, den ich nicht so mir-nix-dir-nix aufzugeben bereit bin …«

      »Ich sehe«, begann er sich langsam zu langweilen, »heute ist kein guter Tag, um den Gürtel fester zu zurren. Wie wirst du’s aber anlegen?« »Das Verb anlegen ist in meinem Wortschatz nicht vorhanden«, antwortete ich, »sechsspännig ins Armenhaus lautet die Parole. Sonst seh’ ich keine Alternativen.« Jetzt vernahm ich ein Geräusch der Erleichterung.

      Wege zum Glück

      Sind die PR-Agenten von Tom Cruise in einen Obelix-Topf Valium geplumpst oder warum findet sich sonst keiner, der ihn knebelt und damit dieses enervierende »Ich-liebe-Katie-abgöttisch-und-nehm-sie-deswegen-Huckepack«-Gedöns unter Kontrolle kriegt? »Sei nicht immer so negativ«, faucht K, »es ist doch etwas sehr Schönes, wenn ein Mann zu seinen Gefühlen steht.« »Erstens sind diese Gefühle so echt wie Melanie Griffiths Möpse«, räumte ich K jetzt ihre Bienchen-Blümchen-Romantik runter, »und zweitens sind mir Menschen, die ihr Glück wie ein Transparent vor sich her tragen, generell suspekt.«

      Sie kennen sie doch sicher auch, diese Paare, die sich extern die Zungen und Sätze wie »Hab’-dich-soooolieb!« in die Ohren stecken, während intern eine hüllenlose CD zu einem Glaubenskrieg eskalieren kann. K’s Gesicht mutierte jetzt zu einem einzigen Fragezeichen. Sie war mir lieb und teuer, aber ihr IQ überschritt die Raumtemperatur nur unwesentlich. Womit sie im Sinn des Schriftstellers Gottfried Benn rein theoretisch bereits Sodbrennen vor lauter Glück haben müsste. Denn Benn sagte: »Dumm sein und Arbeit haben, das ist das Glück.«

      Doch K war insofern vom Pech verfolgt, als dass sie ihr Glück ausschließlich von einem Mann abhängig machen wollte. Hing in K’s kleiner Welt gerade kein Typ herum, der sie im Stundentakt mit »Vermissedich-schon-jetzt«-SMS bombardierte, erschien ihr das Leben grau, leer und bedeutungslos. »Das ist doch unverantwortlich«, flüsterte ich ihr zu, »jemand anderem die ganze Verantwortung für das eigene Wohlbefinden um den Hals zu hängen. Wenn du dich selbst nicht liebst, kann dich auch kein anderer lieben.«

      K nahm sich meine Ezzes insofern zu Herzen, als dass sie sich in der Volkshochschule ihres Vertrauens für den Workshop »Wege zum Glück« eincheckte. Und, hurra, dort hat sie inzwischen auch jemanden kennen gelernt, den sie mir schon sehr bald vorstellen möchte. Hilfe!

      Stressfaktor Sex

      »Lauter glückliche Paare kommen«, kündigte W die Besetzung eines dräuenden Abendessens an. »Ursupervoll«, seufzte ich, »was habe ich dann dort verloren?« »Du bist der Quoten-Single der Veranstaltung«, grinste er, »außerdem glüht in dir noch das olympische Feuer des Zotenreißens. Die anderen sind ziemlich langweilig.«

      »Klingt ausnehmend verführerisch. Mein Berufswunsch war schon immer Zwischengangs-Clown. Aber flüstere mir eines: Wo schlummert das Glücksgeheimnis dieser Lebensabschnitts-Langeweiler?« »Kein Sex!« »Wie bitte?« »Tja, der Austausch von Körpersäften wurde unter »Erledigt« abgehakt. Wahre Symbiotik erwächst diesen Menschen aus gemeinsamen Interessen …« »Allenfalls italienische Küche, Seidenmalerei und Schnepfenjagd?« »So ähnlich, nicht zu vergessen das wohl temperierte Gespräch nach des Tages Müh’ sowie der gemeinsam absolvierte Schicksalspfad.« »Hör’ bitte auf wie die ›Neue Post‹ zu sülzen. Für die italienischen Seidenschnepfen-Angelegenheiten hat man doch Freunde. Deswegen muss man sich doch nicht gleich einen Menschen in die Wohnung setzen.« »Freunde haben nicht immer Zeit.« »Und warum wirken diese Menschen trotzdem so ausgeglichen?« »Denk’ doch nach! Sex ist immer ein Stressfaktor. Ist er gut, will man mehr davon. Fällt er in die Rubrik »Entbehrlich« macht er schlechte Laune.«

      Irgendwie hatte W, der Elende, es jetzt geschafft, meine Gedankenmaschinerie in Bewegung zu setzen. Bei Lichte betrachtet, hatte ich nämlich den besten Sex mit Menschen, mit denen mir heute nach 47 Sekunden das Bächlein des Gesprächs gefrieren würde. Und umgekehrt hatte ich die größte Hetz’ mit jenen, für die ich noch keinen einzigen schmutzigen Gedanken gehegt hatte. Ich werde demnächst eine Standleitung nach ganz oben legen und einfach einmal anfragen, ob beim Andenken dieser ganzen Mann-Frau-Sache nicht dereinst schwere Strukturmängel aufgetreten sind.

      Amour fou ohne Hoffnung

      Es gehörte zum intellektuellen Atlantiktief meiner Karriere, als ich für ein Boulevardmagazin die verantwortungsvolle Aufgabe innehatte, das Paarungsverhalten von Hollywood zu beobachten. Nun gut: Das Kind war klein, der dazugehörige Vater verfügte über ein unregelmäßiges Einkommen, das er in der Regel ganz für sich behalten wollte, und abends konnte man sich ja von der Anderson Pamela bei Proust Marcel erholen.

      Für all die turbulenten Konkubinate, die es in dieser Zeit zu analysieren galt (Demi gegen Ashton, Pam versus irgendeinen Rockrabauken, etc. …) brachte ich eine Phrase inflationär zum Einsatz, die nichts im Dunklen beließ. Sie lautete: »Alles in allem handelte es sich um eine amour fou ohne Hoffnung.«

      Auch rein privat war ich Spezialistin auf dem »Amour-fou-ohne-Hoffnung«-Sektor. Mit der Zielsicherheit eines Mossad-Agenten nahm ich mir stets echte Patienten ins Visier. Männer eben, die entweder mit ihren Muttis zu wenig gekuschelt hatten oder dem Hobby »Narzissmus-aber-richtig!« frönten oder sich ganz generell auf nichts festlegen wollten – vor allem auf keine einzige Frau.

      »Das ist karmisch«, erklärte mir C unlängst, deren neuester Esoterik-Tick die Karma-Astrologie ist, »wenn man sich in einem seiner früheren Leben schlecht benommen hat, heißt es jetzt malochen in der Liebe«. Sie war insofern fein heraußen, als dass sie in einer früheren Existenz als ägyptische Tempeldienerin gewirkt hatte. Das Demütigungspensum fiele bei ihr also in die Rubrik »Erledigt« und deswegen wäre ihr akuter Franzi nun einmal ein guter Hauptabend-Kumpel, der auch bisweilen ohne viel Aufhebens ein kreatives Wok-Gericht zu zaubern imstande ist.

      Bleibt jetzt vor allem die Frage offen, wo sich meine Seele früher so rumgetrieben hat. War ich a) Kleopatras G-String, b) Stalins Schnauzbart oder einfach nur c) eine rotzfreche Neandertalerin, die sich beim Beerensammeln häufig gehen ließ?

      Das Millionen-Ding

      »Ich will mein Leben wieder zurück«, winselte ich, »mein schönes, kleines Leben …« »Nix da«, sagte S und donnerte den Brockhaus auf den Tisch, »leben kannst du, wenn’s um nichts mehr geht. Jetzt wird gebüffelt. Wo leben die Tamilen?« »Sind das die, die den Tamilen-Tee erfunden haben?« »Dir wird das Scherzen schon noch vergehen«, knurrte sie, »wir wärmen uns jetzt ein wenig mit Hauptstädten auf … also Ouagadougou …« »Burkina Faso, vormals Who cares«, piepste ich, »wollen wir noch ein wenig die Dialekte den Provinzen zuordnen? Ich brauche echte Herausforderungen.«

      Das Scherzen ist mir übrigens schon länger vergangen. Genau genommen seit letzten Freitag, als mir eine Dame am Telefon zu der Tatsache gratulierte, dass ich als Kandidatin für die »Millionen-Show« erwählt wurde. Seither zapple ich im Würgegriff der Zuwendung zahlreicher Eislaufmütter beiderlei Geschlechts und mein Leben wurde ein einziger Prüfstand.

      Ich weiß jetzt, dass