Polly Adler

Pollywood


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einen Sonnenuntergang in allen Pink-Schattierungen?« »Ich möchte beides.« »Siehst du. Da ist sie ja schon, meine Antwort.«

      Alles in allem muss man sich vor Dankbarkeit krümmen, dass Männer kaum Ahnung haben, wie wir uns hinter ihrem Rücken benehmen. Denn sonst, da bin ich mir sicher, wäre die Menschheit schon ratzeputz ausgestorben. Mindestens.

      Das Testosteron-Striezelchen

      Drei Bürozimmer neben mir residiert ein Testosteron-Striezelchen, das zur Linderung eines kürzlich erlittenen Trennungsschmerzes auf einen einzigen Painkiller vertraut: Frauen. Irgendwie hat das muntere Testosteron-Striezelchen zwar die Hoffnung aufgegeben, alle Frauen auf diesem Planeten flachlegen zu können, aber es möchte sich später zumindest den Vorwurf ersparen, es nicht wenigstens versucht zu haben.

      Dieses, ganz dem Kraus-Aphorismus »Geschlechtsverkehr ja, aber bitte keine Intimitäten« gewidmete Dasein, will das nachtaktive Kerlchen auch Querbeet bemurmelt wissen. Der Einfachheit halber wirft er morgens jetzt nur mehr Häppchen à la »Sofia, 27, Erleuchtungsstufe 3« oder »Xanadu, 33, streng aber herzlich« in die Menge. Nicht dass man dem Mann all den Eiweißabbau nicht gönnen würde, aber unlängst schrammte er nur knapp an Fünfstern-Grausamkeiten vorbei, als er mir am Gang zuflüsterte: »Ich spiele jetzt auch schon in deiner Liga. Evi, 49, aber hallo.« Ich dachte, die beste Rache ist es, sich auf das gleiche Niveau zu begeben und flüsterte: »Wie wär’s eigentlich, wenn du dich als Platzwart in Minimundus bewerben würdest? Meld’ dich einfach wieder, wenn du 20 Zentimeter gewachsen bist, dann können wir ja weiter plaudern.«

      An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei all den prachtvollen 49-jährigen entschuldigen, die jetzt dabei sind, eine Fischvergiftung zu entwickeln, aber es geht hier nicht um 41, 38 oder eben 49, sondern um die Tatsache, dass Männer aus unersichtlichen Gründen der fixen Überzeugung sind, dass sie von jeglichen Reifungsprozessen verschont sind und ihre Würde nicht verlustig geht, wenn sie im Spätsommer ihres Lebens mit halben Autos, Tätowierungen, Feinripp-Tanktops und Frauen durchs Leben donnern, die Baudelaire für einen Badeort an der Côte d’Azur halten.

      Denn nichts lässt einen so alt aussehen, wie das ohnehin zum Scheitern verurteilte Bemühen, jung zu bleiben.

      Gladiator, kussfest

      Ich malte mir die Lippen mit der Nummer 74 von Chanel aus. Der Lippenstift trug interessanterweise den Beinamen »Gladiator«. Früher führten die Dinger noch Untertitel wie »Schimmernder Haselnussnebel« oder »Verführung in Flammen«. Möglicherweise wollten die von Chanel sich bei der Zielgruppe der Alpha-Weibchen einfach nicht mehr lumpen lassen.

      »Duhu«, sagte meine Tochter mit ihrer besten »Gianna-Naninni-hat-in-einem-Fass-Bourbon-genächtigt«-Stimme, »du, wie geht denn das?« »Was?« »Na, schau’: einerseits find ich’s recht cool, dass wir eine Abenteuerfamilie sind …« »Heißt was?« »Na, dass du abends immer unpünktlich nach Hause kommst, viele Freunde hast, die hier abhängen …« »Red’ bitte normal …« »Na ja, hier chillen und so. Dann möchte ich aber auch einmal ein bisschen so eine Spieß-Familie haben.« »Spießer …« »Mir doch egal … also ich möchte ein Haus mit Park, zwei Kinder und einen Mann, der mich fragt, wie mein Tag war. Geht das?« »Nur wenn du auch einen Abenteuermann ins kleine Glück boxen kannst.« »Wie erkennt man so einen?«

      »Vor allem daran, dass er sich furchtlos auf das Abenteuer einlässt, dich nicht verändern zu wollen. Punkt zwei: Du machst was abenteuerlich Cooles und er ebenso, und dann kann man abends ruhig gemeinsam spießig sein.« »Bist du gerne manchmal spießig?« »Mit Hingabe. Letzten Samstag habe ich mir zum Beispiel Lavendel für den Wäscheschrank gekauft, ›The Hours‹ angesehen und zwei nette, unabenteuerliche Ehepaare zum Essen eingeladen.« »War’s sehr schlimm?« »Überhaupt nicht. Abgesehen davon, dass die eine Gattin nach einigen Getränken ständig den Satz ›An der Seite meines Mannes habe ich endlich meine Aufgabe gefunden‹ abgelassen hat.« »Vielleicht meint sie’s ja wirklich so.« »Dann sollte sie vor allem eines tun …« »Und zwar?« »Nicht drüber reden.«

      Jetzt sah sie mich so an, dass eines sicher war: Der Lippenstift »Gladiator« musste sich um seine zukünftige Zielgruppe keine Sorgen machen.

      Die Geweihallergie

      der Ausdruckskünstlerin

      Ich bin volle Kanne geehrt, dass diese allseits beliebte Kabarettistin Andrea H. mir ihr Schicksal so unvorsichtig auf dem Silbertablett serviert, indem sie mich zur Gestaltung eines Programms eingeladen hat. »Es soll lustig sein«, lautete ihre Auflage, »und man sollte es auch verstehen. Also nicht ganz so wie diese Kolumnen.« »Nema problema«, habe ich geträllert, »wir fahren gemeinsam auf’s Land, nur wir zwei, und dann tun wir ein bisserle brainsturmen und alles wird jut.«

      Also Altaussee. Der Sommer zickt ja heuer in ganz Österreich, aber in Altaussee benimmt er sich wie eine menopausale Stummfilmdiva in voller Migräneblüte. Nach dem vierten Tag unablässigen Himmelgeflennes wurde die allseits beliebte Kabarettistin, die ansonsten auch nach Dienstschluss die Säle zum Scheppern bringt, von ziemlichen Stimmungseinbrüchen heimgesucht. Eine plötzlich auftretende Geweihallergie tat ihr Übriges. Ich glaube, die allseits beliebte Kabarettistin war der glücklichste Mensch, als sie wieder gen Wien aufbrach.

      Ich, jetzt ganz allein. Schließlich hatte ich mir jegliche Besuche verboten, Schaffensdruck, etc. Während also der Rest der Welt an diversen Côtes auf Jachten herumtollte, grüne Drinks schlürfte und mit Sicherheit jede Menge einzigartigen Sex hatte, stieg ich mit meiner von bleigrauer Melancholie belasteten Kreativität in den Ring. Sollte ich mir beim ersten Trachten-schneider am Platz eine Schlinge aus handerbrochenem Leinen mit rosa Innenfutter anfertigen lassen, um all dieser Aussichtslosigkeit ein jähes Ende zu bereiten? Das Projekt war insofern zum Scheitern verurteilt, als dass auf dem Dachboden ein Siebenschläfer herumtapste, den ich unter keinen Umständen persönlich kennen lernen wollte.

      Zwischendurch ereilten mich die hoffnungsfrohen Anrufe der allseits beliebten Kabarettistin, die immer mit der Frage endeten: »Und, wird’s auch lustig?« »Mindestens so lustig wie ein skandinavischer Problemfilm aus den Siebzigern«, antwortete ich ihr dann. Da lachte sie, denn Humor war ihr Geschäft.

      Ihr lieben Männer!

      »Und weißt du, wie die Herren Kleinkünstler über dich reden?«, sagte mein Freund F und schwieg bedeutungsvoll. »Na, wie denn?« »Na ja, so nach dem Motto: Wenn die Frau H und die Frau A ein Kabarett miteinander basteln, kann dem ja nur der pure Männerhass entsteigen.« »Ich will sie alle töten und zwar langsam.« »Ja ja, meine Liebe, etwas mehr Contenance. Dein Ruf ist nun einmal, na ja … aber lassen wir das.«

      Ich rief Frau H an, die Ausdruckskünstlerin meines Vertrauens, und brüllte: »Weißt du, wie fies deine Gauklerkollegen sind?« Sie signalisierte das radikale Gegenteil von Erregung, um nicht zu sagen buddhistisches Desinteresse: »Geh bitte, der! Vergiss den! Dass ich Männerhasserin bin, hör’ ich schon seit der Zwischenkriegszeit. Mich regt das überhaupt nicht mehr auf.« »Mich schon. Ich liebe Männer, also nicht alle, aber doch einige, zumindest hab’ ich … aber ist ja wurscht. Nur weil man ein bisschen lustig ist, also eine gewisse der Aufklärung verpflichtete Ironie u.s.w. …« »Frauen sollen nicht so lustig sein«, unterbrach mich die Ausdruckskünstlerin, »das wird nicht so gern gesehen.«

      Wie auch immer: Liebe Männer! Wenn ihr an diesem Ort oder sonstwo, wo ich meinen Griffel wetzen darf, von dem Gefühl beschlichen wurdet, dass man hier oder dort eure Manneswürde weit jenseits der Genfer Konventionen malträtiert hat, dann schickt mir ein bis zwei Plüschtiere … nein pardon, ich hasse Plüschtiere … lieber einen Strauß weiße Lilien. Und ich möchte nicht, dass mein Büro an die Aufbahrungshalle einer allzu früh abgedankten Bourbonen-Prinzessin gemahnt. Ich flüstere euch hier einmal eines: Manchmal, manchmal könnte ich vereinzelte Exemplare eurer Spezies in die Max-und-Moritz-Mühle katapultieren, aber ich möchte keinen einzigen Tag auf diesem Planeten