Acht Hausfrauen aus Neulengbach
Hauptsache, du bist unglücklich
Raus aus der emotionalen Marktwirtschaft
Das Schicksal hat ein Burn-out
Hormonelle Ausweglosigkeit
Ein Vorwort von Werner Schneyder
Vor Jahren, als die »Zeitgeist«-Magazine über uns hereinbrachen, las ich darin den fiktiven Brief einer jungen Frau an ihre Freundin, in dem sie dieser abriet, die Beziehung zum Derzeitigen jetzt schon abzubrechen. Ob sie sich denn das wieder antun wolle, fragte sie die Freundin, dass ab morgen wieder dieser oder jener von ihr herunterrolle und dann wissen möchte, ob es ihr »ein bisschen Spaß« gemacht hätte. Mich frappierte die heitere Unverschämtheit der Autorin schon damals, die Leichtigkeit, die Ironie im Umgang mit der hormonellen Ausweglosigkeit.
Mittlerweile kenne ich nicht nur die Autorin persönlich, sondern auch ihr Geschöpf »Polly Adler«, ausersehen, alle Malaisen rund um die Liebe zu erleben, zu kennen, in ihrer gnadenlosen Komik darzustellen.
Liebe, oder das, was man gefährlich vereinfachend so nennt, wird ja pausenlos und vielfältig beschrieben. Das beginnt mit der Wissenschaft, das geht weiter über die Beziehungstragödien und -schnulzen in Wort und Bild, über nobelpreiswürdigen Geschlechterhass bis zu den widerwärtigen Stereotypen des Boulevardtheaters.
Verspottet wird Liebe selten, schon gar nicht mit Liebe, mit Mut zur Ausführung der erotischen Clownerie. Als deren Modelle wir uns wohl alle eignen.
Wir sind bei Polly Adler. Sie steht nicht für die – durchaus diskussionswürdige – These, dass Frau und Mann nicht zusammenpassen. Polly Adler erleidet – mit welchem Genuss auch immer –, dass Frau und Mann zu gut zusammenpassen, zueinander gezwungen sind. Mit allen dargestellten Nuancen.
Ich beneide die Schöpferin der Polly Adler nicht. Denn sie muss viel erlebt haben, eben auch Schmerzliches, um diesen scharfen Blick für Illusionen, irrige Träume, programmierte Reinfälle zu schulen. Man könnte sich als Leser schrecken, wie der Medizinstudent beim ersten Leichenzerschnipseln. Wenn’s nicht so lustig wäre.
Aber das muss ich doch anmerken: Ich lese aus den Polly-Adler-Episoden auch Traurigkeit heraus, Sehnsucht nach der Möglichkeit von Partnerschaft, in der alles anders ist. Aber wie sollte die aussehen? Wie zustande kommen? Welches Bild kann man sich von Polly Adler machen?
Das ist eine subjektive Entscheidung. Für mich ist sie attraktiv – nicht im Sinn von Hochglanz – überarbeitet, karrieregeil, modebewusst, genusssüchtig und wahnwitzig weiblich. Über ihr Vorleben möchte ich nichts vermuten. Nach dem, was die Autorin von ihr preisgibt, wäre das auch müßig bis albern. Garderobe und Make-up der Polly Adler sind ganz im Stil ihrer Erfinderin. Das ist unverfänglich. So kann ihr nichts passieren, wenn sie zugibt, verknallt zu sein.
Wien ist reich an Menschen, die »Schmäh führen« können, denen Pointen und Wortwitz im Café, beim Heurigen, auf der Straße nur so rausrutschen. Zu diesen Personen gehört die Autorin. Aber sie gehört eben auch zu den ganz wenigen, deren Schmäh den Transport ins Manuskript überlebt. Ohne Produktionsverkrampfung. Ohne Reibungsverlust.
Für einen Mann wie mich, der zur Pose neigt, ist das Polly-Adler-Panoptikum eine böse Lektüre. Denn was könnte man sich, wenn da alles so zu durchschauen ist, noch trauen? Jede Wortwahl in Extremsituationen, jede Färbung des Stimmtimbres, jede noch so elegante Lüge ist der Autorin bekannt.
Wäre es in meiner Biografie vorgesehen gewesen, die Dame einmal ernsthaft und so heiß wie möglich anzuflirten, wie oft wäre ich in Polly Adler-Geschichten vorgekommen? Beim bloßen Gedanken an diese Gefahr bricht mir im Nachhinein der Schweiß aus.
Ich beschließe hiermit, mich zu erkundigen, wie es Frauen bei der Lektüre ergeht. Dass sie über die Entblößungen der Männer lachen, versteht sich. Ob sie über die Frauen so ohne weiteres lachen können, mag ich nicht ganz glauben. Zu oft müssten sie sich ertappt fühlen. Sie haben wohl nur die Chance der Schadenfreude, dank der Annahme, es handle sich ja immer nur um die anderen. Was Männer betrifft, fühle ich mich befugt, einen Rat zu geben: Freunde, haltet euch von Polly Adler fern! Es ist imagemäßig existenzgefährdend, ihr zu nahe zu kommen. Ich empfehle nur, sie zu lesen.
Da kann einem nichts passieren.
Außer, dass man lachen muss.
Oft und sehr.
Schluss mit lustig
Eine Betriebsanleitung
Da saß sie, mitten am Tag in der U-Bahn, dieses bezaubernde Frauenzimmer und hielt mein kleines Bändchen in der Hand. Sie sah gut aus, schlank, dynamisch, astreines Jeansjäckchen, sicherlich bestens situiert in einem schick-zackigen Gewerbe, aber trotz allem ein warmherziger Mensch geblieben. Pilgramgasse, Kettenbrückengasse – kein Lacher, nicht einmal ein Anflug. Noch schlimmer: gelangweiltes Blättern. Knapp vor der Einfahrt Karlsplatz bohrte mir diese von mir eingangs so überschätzte Weibsperson eine eherne Lanze in meine empfindlichste Seelenzone – Eitelkeit heißt die Kanaille –, indem sie enerviert den Kopf schüttelte. Dann seufzte sie. Und zwar nicht zu kurz. Da verabschiedete sich meine Contenance.
»Kein gutes Buch?«, sagte ich in diesem von mir so verhassten Pieps-Timbre, das sich meiner stets in Krisen bemächtigte. »Na ja, …« »Das soll aber sehr lustig sein …«, entblödete ich mich jetzt nicht. »Geh’ bitte … immer desselbe.« »Um was geht’s denn?«, Arnie Schwarzenegger hätte in diesem Fall den Ang Lee-Filmtitel »Eat drink man woman« launig zum Einsatz gebracht. Aber der große Staatskünstler weilte leider im sonnigen Kalifornien. »Oberflächliches Zickenzeugs«, merkte meine Neo-Feindin an, »ich sag Ihnen was diese … wie heißt die Tante?« »Adler, Polly Adler.« »So heißen doch nur Papageien …« »Ich kenn’ keinen