Фридрих Вильгельм Ницше

Gesammelte Werke


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ist sie schon die Auf­for­de­rung und Ur­sa­che zu Krie­gen, weil sie, wie ge­sagt, dem Nach­bar die Im­mo­ra­li­tät un­ter- schieb­t und da­durch die feind­se­li­ge Ge­sin­nung und Tat zu pro­vo­zie­ren scheint. Der Leh­re von dem Heer als ei­nem Mit­tel der Not­wehr muß man eben­so gründ­lich ab­schwö­ren als den Erobe­rungs­ge­lüs­ten. Und es kommt viel­leicht ein großer Tag, an wel­cher ein Volk, durch Krie­ge und Sie­ge, durch die höchs­te Aus­bil­dung der mi­li­tä­ri­schen Ord­nung und In­tel­li­genz aus­ge­zeich­net und ge­wöhnt, die­sen Din­gen die schwers­ten Op­fer zu brin­gen, frei­wil­lig aus­ruft: " wir zer­bre­chen das Schwer­t" – und sein ge­sam­tes Heer­we­sen bis in sei­ne letz­ten Fun­da­men­te zer­trüm­mert. Sich wehr­los ma­chen, wäh­rend man der Wehr­haf­tes­te war, aus ei­ner Hö­he der Emp­fin­dung her­aus, – das ist das Mit­tel zum wirk­li­chen Frie­den, wel­cher im­mer auf ei­nem Frie­den der Ge­sin­nung ru­hen muß: wäh­rend der so­ge­nann­te be­waff­ne­te Frie­de, wie er jetzt in al­len Län­dern ein­her­geht, der Un­frie­de der Ge­sin­nung ist, der sich und dem Nach­bar nicht traut und halb aus Haß, halb aus Furcht die Waf­fen nicht ab­legt. Lie­ber zu­grun­de gehn als has­sen und fürch­ten, und zwei­mal lie­ber zu­grun­de gehn als sich has­sen und fürch­ten ma­chen, – dies muß ein­mal auch die obers­te Ma­xi­me je­der ein­zel­nen staat­li­chen Ge­sell­schaft wer­den! – Un­sern li­be­ra­len Volks­ver­tre­tern fehlt es, wie be­kannt, an Zeit zum Nach­den­ken über die Na­tur des Men­schen: sonst wür­den sie wis­sen, daß sie um­sonst ar­bei­ten, wenn sie für eine "all­mäh­li­che Herab­min­de­rung der Mi­li­tär­last" ar­bei­ten. Viel­mehr: erst wenn die­se Art Not am größ­ten ist, wird auch die Art Gott am nächs­ten sein, die hier al­lein hel­fen kann. Der Kriegs­glo­ri­en-Baum kann nur mit ei­nem Male, durch einen Blitz­schlag zer­stört wer­den: der Blitz aber kommt, ihr wißt es ja, aus der Höhe. -

      Ob der Be­sitz mit der Ge­rech­tig­keit aus­ge­gli­chen wer­den kann. – Wird die Un­ge­rech­tig­keit des Be­sit­zes stark emp­fun­den – der Zei­ger der großen Uhr ist ein­mal wie­der an die­ser Stel­le –, so nennt man zwei Mit­tel, der­sel­ben ab­zu­hel­fen: ein­mal eine glei­che Ver­tei­lung und so­dann die Auf­he­bung des Ei­gen­tums und den Zu­rück­fall des Be­sit­zes an die Ge­mein­schaft. Letz­te­res Mit­tel ist na­ment­lich nach dem Her­zen un­se­rer So­zia­lis­ten, wel­che je­nem al­ter­tüm­li­chen Ju­den dar­über gram sind, daß er sag­te: du sollst nicht steh­len. Nach ih­nen soll das sie­ben­te Ge­bot viel­mehr lau­ten: du sollst nicht be­sit­zen. – Die Ver­su­che nach dem ers­ten Re­zep­te sind im Al­ter­tum oft ge­macht wor­den, zwar im­mer nur in klei­nem Maß­sta­be, aber doch mit ei­nem Mi­ßer­folg, der auch uns noch Leh­rer sein kann. "Glei­che Acker­lo­se" ist leicht ge­sagt; aber wie­viel Bit­ter­keit er­zeugt sich durch die da­bei nö­tig wer­den­de Tren­nung und Schei­dung, durch den Ver­lust von alt­ver­ehr­tem Be­sitz, wie­viel Pie­tät wird ver­letzt und ge­op­fert! Man gräbt die Mora­li­tät um, wenn man die Grenz­stei­ne um­gräbt. Und wie­der, wie­viel neue Bit­ter­keit un­ter den neu­en Be­sit­zern, wie­viel Ei­fer­sucht und Scheel­se­hen, da es zwei wirk­lich glei­che Acker­lo­se nie ge­ge­ben hat, und wenn es sol­che gäbe, der mensch­li­che Neid auf den Nach­bar nicht an de­ren Gleich­heit glau­ben wür­de. Und wie lan­ge dau­er­te die­se schon in der Wur­zel ver­gif­te­te und un­ge­sun­de Gleich­heit! In we­ni­gen Ge­schlech­tern war durch Erb­schaft hier das eine Los auf fünf Köp­fe, dort wa­ren fünf Lose auf einen Kopf ge­kom­men: und im Fal­le man durch har­te Erb­schafts-Ge­set­ze sol­chen Miß­stän­den vor­beug­te, gab es zwar noch die glei­chen Acker­lo­se, aber da­zwi­schen Dürf­ti­ge und Un­zu­frie­de­ne, wel­che nichts be­sa­ßen, au­ßer der Miß­gunst auf die An­ver­wand­ten und Nach­barn und dem Ver­lan­gen nach dem Um­sturz al­ler Din­ge. – Will man aber, nach dem zwei­ten Re­zep­te, das Ei­gen­tum der Ge­mein­de zu­rück­ge­ben und den ein­zel­nen nur zum zeit­wei­li­gen Päch­ter ma­chen, so zer­stört man das Acker­land. Denn der Mensch ist ge­gen al­les was er nur vor­über­ge­hend be­sitzt, ohne Vor­sor­ge und Auf­op­fe­rung, er ver­fährt da­mit aus­beu­te­risch, als Räu­ber oder als lie­der­li­cher Ver­schwen­der. Wenn Pla­to meint, die Selbst­sucht wer­de mit der Auf­he­bung des Be­sit­zes auf­ge­ho­ben, so ist ihm zu ant­wor­ten, daß, nach Ab­zug der Selbst­sucht, vom Men­schen je­den­falls nicht die vier Kar­di­nal­tu­gen­den üb­rig blei­ben wer­den, – wie man sa­gen muß: die ärgs­te Pest könn­te der Mensch­heit nicht so scha­den, als wenn ei­nes Ta­ges die Ei­tel­keit aus ihr ent­schwän­de. Ohne Ei­tel­keit und Selbst­sucht – was sind denn die mensch­li­chen Tu­gen­den? Wo­mit nicht von fer­ne ge­sagt sein soll, daß es nur Na­men und Mas­ken von je­nen sei­en. Pla­tos uto­pis­ti­sche Grund­me­lo­die, die jetzt noch von den So­zia­lis­ten fort­ge­sun­gen wird, be­ruht auf ei­ner man­gel­haf­ten Kennt­nis des Men­schen: ihm fehl­te die His­to­rie der mo­ra­li­schen Emp­fin­dun­gen, die Ein­sicht in den Ur­sprung der gu­ten nütz­li­chen Ei­gen­schaf­ten der mensch­li­chen See­le. Er glaub­te, wie das gan­ze Al­ter­tum, an Gut und Böse, wie an Weiß und Schwarz: also an eine ra­di­ka­le Ver­schie­den­heit der gu­ten und der bö­sen Men­schen, der gu­ten und der schlech­ten Ei­gen­schaf­ten. – Da­mit der Be­sitz für­der­hin mehr Ver­trau­en ein­flö­ße und mo­ra­li­scher wer­de, hal­te man alle Ar­beits­we­ge zum klei­nen Ver­mö­gen of­fen, aber ver­hin­de­re die mü­he­lo­se, die plötz­li­che Be­rei­che­rung; man zie­he alle Zwei­ge des Trans­ports und Han­dels, wel­che der An­häu­fung großer Ver­mö­gen güns­tig sind, also na­ment­lich den Geld­han­del, aus den Hän­den der Pri­va­ten und Pri­vat­ge­sell­schaf­ten – und be­trach­te eben­so die Zu­viel- wie die Nichts-Be­sit­zer als ge­mein­ge­fähr­li­che We­sen.

      Der Wert der Ar­beit. – Woll­te man den Wert der Ar­beit da­nach be­stim­men, wie­viel Zeit, Fleiß, gu­ter und schlech­ter Wil­le, Zwang, Er­find­sam­keit oder Faul­heit, Ehr­lich­keit oder Schein dar­auf ver­wen­det ist, so kann der Wert nie­mals ge­recht sein; denn die gan­ze Per­son müß­te auf die Waag­scha­le ge­setzt wer­den kön­nen, was un­mög­lich ist. Hier heißt es "rich­tet nicht!" Aber der Ruf nach Ge­rech­tig­keit ist es ja, den wir jetzt von de­nen hö­ren, wel­che mit der Ab­schät­zung der Ar­beit un­zu­frie­den sind. Denkt man wei­ter, so fin­det man jede Per­sön­lich­keit un­ver­ant­wort­lich für ihr Pro­dukt, die Ar­beit: ein Ver­dienst ist also nie­mals dar­aus ab­zu­lei­ten, jede Ar­beit ist so gut oder schlecht, wie sie bei der und der not­wen­di­gen Kon­stel­la­ti­on von Kräf­ten und Schwä­chen, Kennt­nis­sen und Be­geh­run­gen sein muß. Es steht nicht im Be­lie­ben das Ar­bei­ters, ob er ar­bei­tet; auch nicht, wie er ar­bei­tet. Nur die Ge­sichts­punk­te des Nut­zens, en­ge­re und wei­te­re, ha­ben Wert­schät­zung der Ar­beit ge­schaf­fen. Das, was wir jetzt Ge­rech­tig­keit nen­nen, ist auf die­sem Fel­de sehr wohl am Platz als eine höchst ver­fei­ner­te Nütz­lich­keit, wel­che nicht auf den Mo­ment nur Rück­sicht nimmt und die Ge­le­gen­heit aus­beu­tet, son­dern auf Dau­er­haf­tig­keit al­ler Zu­stän­de sinnt und des­halb auch das Wohl des Ar­bei­ters, sei­ne leib­li­che und see­li­sche Zufrie­den­heit ins Auge faßt, – da­mit er und sei­ne Nach­kom­men gut auch für un­se­re Nach­kom­men ar­bei­ten und noch auf län­ge­re Zeiträu­me, als das mensch­li­che Ein­zel­le­ben ist, hin­aus zu­ver­läs­sig wer­den. Die Aus­beu­tung des Ar­bei­ters war, wie