nicht über seinen Verstand«, stellte Jimmy fest.
Todd zuckte mit den Schultern. »Gut, ja, du hast mich erwischt. Nein, ich kann sein Gehirn nicht steuern, aber ich bin mir ziemlich sicher, ich weiß, was er denkt.«
Philips blickte hinauf in die Augen des großen Mannes, der wütend auf ihn hinabstarrte und dachte: Ja, ich glaube das weiß ich auch.
Jimmy fragte: »Kann ich mit ihm sprechen?«
Todd sagte: »Tu dir keinen Zwang an.«
Jimmy und Philip tauschten wieder Blicke aus; dann erkundigte sich Jimmy: »Wird er mit seinen eigenen Worten antworten oder mit deinen?«
Todd verkündete: »Er selber kann nichts sagen, aber ich kann ihn sprechen lassen. Schaut euch das mal an.«
Todd drückte einen Knopf und Kludges Mund wurde aufgerissen, bis an die Grenze dessen, was seine Kiefermuskulatur auszuhalten im Stande war. Dann schloss sich der Mund schlagartig wieder, nicht ganz synchron mit den Silben einer Aufnahme von Todd, der mit tiefer, bedrohlicher Stimme zu vernehmen war: »Hallo Welt! Ich bin Todds Sklave! Ist das nicht großartig?
Eine Welle unbehaglichen Gemurmels lief durch die Reihen der Zauberer. Philip und Jimmy schauten sich an, beide äußerst beunruhigt. Philip wusste, was er selbst von Todds Werk hielt, und er hatte eine klare Vorstellung davon, was Jimmy darüber denken sollte. Aber bei Jimmy konnte man sich nie ganz sicher sein. Vielleicht sollte ich etwas sagen. Ganz offen sein, dachte Philip. Es würde diejenigen bestärken, die wissen, dass das hier inakzeptabel ist, und vielleicht die wenigen Unentschlossenen umstimmen. Jedenfalls hoffe ich, dass es nur wenige Unentschlossene gibt.
»Todd«, sagte Philip, »das ist furchtbar.«
Todd klang jetzt verärgert: »Langsam, langsam, ich weiß, was du denkst. Na gut, die Lippen bewegen sich nicht synchron und der Riesenklotz bewegt sich irgendwie ungelenk. Aber du musst zugeben, es hat Potenzial. Ich habe Euch noch nicht mal alles vorgeführt, was er kann. Hier. Moment mal. Seht euch das an.«
Todd drückte eine Tastenkombination, zu schnell für Philip, um sie genau nachvollziehen zu können. Kludges Arme schnellten vor, die Handflächen voraus. Sein Mund schnappte auf, und eine höhnische Aufnahme von Todds Stimme rief: »Doppel-High-Five!«
Erneut warfen sich Philip und Jimmy einen Blick zu. Jimmy zuckte mit den Achseln und wollte der Aufforderung gerade nachkommen, als Todd einen Finger hob und sagte: »Sekunde.«
Einen Moment später ertönte die Aufnahme: »Komm schon, Alter! Lass mich nicht hängen!« Kludge hatte die Augen geschlossen, als ob er sich selbst davon zu überzeugen versuchte, dass nichts von alledem wirklich passierte. Doch sein Mund folgte weiterhin den Worten der Tonaufnahme wie bei einer widerwilligen Bauchrednerpuppe.
Jimmy schüttelte den Kopf, dann hob er seine Arme hoch, um Kludges Hände abzuklatschen. Gerade als sich ihre Hände berührten, sauste Kludges rechter Arm in einem blitzschnellen Bogen abwärts und traf Jimmy mit solcher Wucht in den Unterleib, dass es ihn von den Füßen hob.
Jimmy torkelte rückwärts, fiel zu Boden und rollte schmerzverkrümmt auf den Rücken. Einige Zauberer liefen zu ihm, um ihm zu helfen. Philip schlenderte an seine Seite, um ihn sich anzusehen. Jimmy schaute hoch zu Philip. Der Ausdruck in seinen Augen ließ bei Philip jegliche Zweifel schwinden, die er über Jimmys Meinung zu Todds Makro gehegt hatte.
Philip betrachtete Kludge, der in seiner Tiefschlagpose verharrte. Er hatte die Augen immer noch geschlossen. Philip sah eine einzelne Träne, die langsam Kludges Wange hinunterkullerte. Philips Blick wanderte hinab zu Kludges Hand. Offenbar war Todd nicht in der Lage, dessen Finger zu steuern. Folglich hatte er Kludge nicht dazu bringen können, eine Faust zu ballen, weshalb mindestens zwei seiner Finger böse gebrochen zu sein schienen.
***
Am nächsten Morgen war Philip wieder zurück in Leadchurch und stand in einem kleinen Nebenraum in dem bleigedeckten Gotteshaus, welches der Ortschaft seinen Namen gab. Er sah auf den schlafenden Kludge hinab, der mit dicken Lederriemen auf einem schweren Eichentisch festgeschnallt worden war. Drei Finger seiner rechten Hand waren mit Holzstöcken geschient, seine Arme und die Stirn waren mit dunklen Blutergüssen übersät. In gewisser Hinsicht könnte man sagen, Kludge habe sich die Blutergüsse selbst zugefügt, weil er gegen Todds Kraftfelder angekämpft hatte. Philip vermutete, dass es überall an Kludges Körper noch mehr davon gab. Das würde er aber nicht überprüfen.
Philip fragte: »Wie geht es ihm?«
Bischof Galbraith, der mürrische, bärbeißige Herr der bleiernen Kirche, antwortete: »Er hat es bequem und ruht sich aus.«
Philip schüttelte den Kopf. »Diese Riemen sehen nicht sehr bequem aus.«
»Vielleicht nicht für ihn«, wandte Bischof Galbraith ein, »aber ich fühle mich besser damit. Ohne die Fixierung wäre ich nicht gern in seiner Nähe sein, wenn er aufwacht und ihm wieder einfällt, was ihr alles mit ihm angestellt habt.«
»Natürlich. Bitte richtet den Schwestern meinen Dank aus, weil sie sich um ihn gekümmert haben. Ich möchte, dass Sie wissen, Eure Exzellenz, nicht wir alle haben ihm das angetan. Es war das Werk eines einzelnen Zauberers.«
Der Bischof hob eine Hand und erwiderte: »Ich vertraue darauf, dass Ihr Euch darum kümmern werdet. Macht Euch nicht zu viele Gedanken über diesen Einfaltspinsel. Es ist nicht halb so schlimm, wie manche der Dinge, die er in seinem Leben schon anderen Leuten angetan hat. Einige der Dorfbewohner könnten sogar eine bessere Meinung von Zauberern kriegen, sollte sich das hier herumsprechen. Ich würde Euch allen allerdings empfehlen, Kludge in Zukunft aus dem Weg zu gehen. Vergeben und vergessen, gehört nicht zu seinen Fähigkeiten.«
»Da müssen Sie sich keine Sorgen machen«, versicherte Philip. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendeiner von uns nachlässig genug sein wird, sich von ihm überrumpeln zu lassen.«
»Und was ist mit demjenigen unter Euch Heiden, der ihm das angetan hat?«
»Es war ein Lehrling.«
Dem Bischof entfuhr ein Pfiff. »Ein Lehrling war das? Wer war sein Meister? Wer wäre so unverantwortlich, so etwas direkt vor seinen Augen geschehen zu lassen?«
Philip sagte: »Sein Meister war der Nekromant von der Schädelschlundhöhle.«
»Ah«, bemerkte Galbraith. »Das passt. Was habt ihr für den Lehrling vorgesehen?«
»Wir werden sicherstellen, dass er nie wieder jemanden etwas antun kann.«
Bischof Galbraith sagte: »Jawohl, keine einfache Sache, aber ihn zu töten, ist wahrscheinlich die einzige Möglichkeit.«
»Was? Nein. Tut mir leid, Ihr habt mich missverstanden. Wir werden ihn nicht töten.«
Der Bischof schüttelte den Kopf. »Nun, ich verstehe den Drang, nachsichtig zu sein. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass, wenn Ihr es nicht tut, Kludge selbst den Lehrling abmurksen wird, sobald er wieder auf den Beinen ist. Und das wird weit weniger sauber ablaufen, als wenn Ihr es tun würdet.« Der Bischof warf Philip einen Seitenblick zu und grinste. »Oder ist das Euer Plan? Ihr dürft Gnade zeigen, der Lehrling bekommt seine gerechte Strafe, und Kludge bekommt seine Rache. Philip, ich hätte nicht gedacht, dass du so ausgefuchst bist.«
»Das ist nicht unser Plan«, widersprach Philip.
»Oh«, sagte Galbraith. »Okay. Gut zu wissen, dass ich richtiglag.«
»Damit, dass ich nicht ausgefuchst bin?«, wollte Philip wissen.
»Ja, Philip«, antwortete der Bischof, ein wenig langsamer, als es nach Philips Meinung nötig gewesen wäre.
»Keine Sorge, Eure Exzellenz. Während Ihr und die Schwestern Euch um Kludges Wunden gekümmert habt, haben wir die ganze Nacht einen Plan geschmiedet, wie wir mit dem Mann verfahren werden, der das hier getan hat. Wir werden ihn an einen Ort schicken, an dem er vor Kludge sicher ist, und alle sicher vor ihm sind. Wir haben dafür gesorgt, dass er nie wieder zurückkehren kann.«