wird es ihm viel besser gehen«, erwiderte Gisela, und als Denise dann in das Schlafzimmer stürmte, sah Gisela Fee Norden aus verschleierten Augen an.
»Wie soll ich Ihnen nur danken?« fragte sie.
»Wir werden uns später einmal zusammensetzen«, meinte Fee. »Haben Sie keine Hemmungen, über alles offen mit Denise zu sprechen. Sie haben eine sehr gescheite Tochter, Frau Attenberg, aber sie hat auch eine ausgeprägte Phantasie.«
Indessen hielt Raimund Attenberg sein Kind an sich gepreßt. »Du Racker«, sagte er leise, »du hast uns ganz schön in Atem gehalten. Aber jetzt ist alles gut.«
»Wir müssen darüber reden, Papi«, sagte Denise leise. »Aber erst mußt du gesund sein.«
»Mir fehlt nichts mehr«, brummte er.
»Das sagst du? Aber ich will erst wissen, was Dr. Norden sagt.«
»Er steht wohl für dich an oberster Stelle?« fragte ihr Vater eifersüchtig.
»So ist das nicht«, sagte Denise. »Aber manches versteht es halt besser als ihr. Euch habe ich am allerliebsten, dich und Mami, und ich wollte doch auch nur, daß wir immer beisammen bleiben.«
»Ein kleines Dummerle bist du, daß du daran zweifeln konntest.«
»Überleg doch mal, Papi. Wenn Mami nun nichts von Leslie gewußt hätte, nicht alles, meine ich, und sie hätte euch beisammen gesehen, was wäre dann passiert?«
»Na, deine Mamie hätte mir eine schöne Szene gemacht, und ich hätte ihr alles erklärt.«
»Bist du sicher? Hätte Mami es nicht auch in sich hineingeschluckt? Erst mal und dann immer mehr und vielleicht hätte sie dir dann nicht mehr geglaubt, wenn du alles erklärt hättest. Man kann ja auch schwindeln.«
»Du bist mir zu schlau, Denni«, sagte Raimund Attenberg.
»Ich habe nur viel nachgedacht«, erwiderte sie. »Wir haben doch immer über alles geredet, und plötzlich war da was, worüber ihr nicht mit mir geredet habt. Da muß man sich doch Gedanken machen, wenn man nicht ganz auf den Kopf gefallen ist.«
Er legte seine Hände um ihr Gesichtchen und zwang ein Lächeln um seine Lippen. »Was hast du für dumme Eltern, Denni«, sagte er weich.
»Dumm seid ihr nicht, aber vielleicht ein bißchen verklemmt? Bloß weil Leslie nicht verheiratet ist, hättet ihr doch nicht so geheimnisvoll tun müssen.«
»Sie hatten schon das Aufgebot bestellt als Jack starb«, sagte Raimund heiser.
»Warum ist er gestorben?« fragte Denise.
»Er war als Auslandskorrespondent im Fernen Osten, da war Krieg. Er kam ums Leben.«
»Warum war er nicht bei Leslie, wenn sie doch ein Baby erwartete?« fragte Denise.
»Er wußte es noch gar nicht. Ihr Brief hatte ihn nicht erreicht.«
»Das ist sehr schlimm«, sagte Denise. »Sie hat sich sicher auf die Hochzeit gefreut, und dann kam er nicht mehr. War er nett?«
»Er war mein Freund«, erwiderte Raimund.
»Warum hast du nicht von ihm erzählt?« fragte das Kind.
Ihm schnürte es die Brust zusammen. Warum nicht, fragte er sich. Er hatte damals schon so lange nichts mehr von Jack gehört. Eine Freundschaft blieb, auch wenn man Jahre getrennt war.
Er dachte an den Tag, als Leslie zu ihm kam und ihn fragte, ob er eine Nachricht von Jack bekommen hätte.
Schmal, traurig und fragend stand sie vor ihm. »Sie sind doch Jacks Freund«, hatte sie gesagt. »Jack hat mir viel von Ihnen erzählt.«
»Woran denkst du, Papi?« fragte Denise.
»Das kannst du nicht verstehen, Kleines«, erwiderte er.
»Das darfst du nie mehr sagen, sonst mache ich mir wieder Gedanken«, sagte Denise.
»Ich dachte an Jack und an den Tag, als ich Leslie kennenlernte.«
Seine Stimme war heiser, und sein Blick schweifte in die Ferne.
»Erzählst du es mir?« fragte Denise. »Damit ich alles verstehe. Ich will doch alles verstehen, Papi. Ich gehe doch schon auf’s Gymnasium, und du hast gar keine Ahnung, worüber da alles so gesprochen wird.«
»Du hast auch nicht davon erzählt«, sagte er.
»Weil ich nicht wußte, wie wichtig es ist, daß man darüber redet. Das verstehe ich erst jetzt. Frau Norden hat gesagt, daß man über alles reden soll.«
»Sie ist gescheiter als wir«, murmelte er.
»Das sind Ärzte, die sehen doch alles ganz anders«, sagte Denise. »Eigentlich ist das doch klar. Mit den Patienten können sie reden. Du kannst mit deinen Juwelen nicht reden. Du kannst sie bloß verkaufen. Bist du eigentlich sehr reich, Papi?«
»Warum willst du das wissen, Denise?«
»Wegen des Lösegeldes. Wenn ich nun entführt worden wäre, hätten sie doch Lösegeld verlangt.«
»Ich hätte alles gegeben, was ich besitze, um dich wiederzubekommen, mein Liebling.«
Denises Augen begannen zu leuchten. »Ich bin aber nicht entführt worden«, sagte sie. »Würdest du für Leslies Baby auch alles geben, was du besitzt?«
»Das würde sie niemals annehmen. Aber natürlich wollen wir dafür sorgen, daß ihrem Baby es an nichts mangelt.«
»Meinetwegen kannst du alles hergeben für das Baby«, sagte Denise. »Leslie kann auch bei uns wohnen. Meinst du, daß ihr Baby wie ein Geschwisterchen für mich wird und so süß wie Danny?«
»Wer ist Danny?« fragte Raimund verwirrt.
»Der Sohn von Nordens. Sie bekommen auch bald wieder ein Baby. Danny kann noch nicht mal richtig reden, aber er babbelt ganz lieb, und ich kann ihn verstehen. Die meisten Kinder haben Geschwister. Warum ich nicht, Papi?«
Ihm war die Kehle trocken. »Hast du das vermißt?« fragte er stockend.
»Ich weiß nicht. Ich denke über so vieles nach. Ich habe immer alles bekommen, was ich mir gewünscht habe. Ich hätte mir vielleicht ein Geschwisterchen wünschen sollen.« Sie holte ganz tief Luft. »Aber wir wollten doch über Leslies Baby sprechen. Ist es jetzt schon da?«
»Nein, noch nicht«, erwiderte er zögernd.
»Wo ist Leslie?« fragte Denise.
»In einer Klinik.«
»In was für einer Klinik? Können wir sie nicht besuchen?«
»Ich darf noch nicht herumlaufen, Kleines. Das wird dein Dr. Norden auch bestätigen.«
»Es ist nicht mein Dr. Norden. Es ist unser Dr. Norden. Ich kann Leslie besuchen und ihr sagen, was ich alles so gedacht habe. Oder regt sie das auf?«
»Sie hat sich sehr um dich geängstigt«, sagte Raimund.
»Das tut mir sehr leid. Mir tut auch leid, was ich getan habe, aber das habe ich erst jetzt begriffen, und Frau Norden hat mir gesagt, daß es nie zu spät ist, wenn man etwas gutmachen will.«
»Ich denke, daß du dir den Kopf nicht zerbrechen sollst, mein Schatz. Leslie ist gut untergebracht.«
»Und warum sollen wir uns den Kopf nicht zerbrechen?« fragte die Kleine. »Ich habe Blödsinn gemacht, und das habe ich eingesehen. Ihr seid mir nicht böse, das ist lieb. Aber Leslie habe ich noch nicht gesagt, wie leid es mir tut, und daß sie sich auch aufgeregt hat. Gibt sie uns das Baby?«
»Wie kommst du denn darauf?« fragte Raimund bestürzt.
»Wenn sie doch keinen Mann hat! Weißt du denn nicht, daß man Kinder adoptieren kann?«
»Doch, das schon, aber was denkst du denn nur, Denni? Leslie will ihr Baby doch nicht hergeben.«
»Geht