Karl Vorlander

Immanuel Kant: Der Mann und das Werk


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wenn er in der "Anthropologie" (hrsg. von K. Vorländer, S. 260) meint, dass "gemeiniglich Väter ihre Töchter und Mütter ihre Söhne verziehen".

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Unter den Anstaltspensionären waren viele Ausländer: abgesehen von zahlreichen pommerschen Landsleuten von Schultz und Schiffert, auch solche aus Brandenburg, Polen, Schweden, Rußland und namentlich den Ostseeprovinzen. Als Kant in der untersten Klasse saß, gehörte dazu auch ein – Negerknabe, den ein Kriegsrat Manitius von einem Schiffszimmermann freigekauft hatte, um ihn im Collegium erziehen zu lassen. Leider wurde das interessante Experiment schon nach einigen Monaten dadurch abgebrochen, dass der Knabe gewaltsam aus der Anstalt entführt wurde. Und da Offiziere dabei mit im Spiele waren, konnte Schiffert ihn nicht wieder bekommen.

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Die Namensform Cant kam und kommt in Schottland, aus dem ja die Familienüberlieferung die Herkunft des Geschlechts ableitete, öfter vor; dagegen findet sich in allen Urkunden der Name mit K geschrieben. Daher ist die Angabe Hasses, Kant und seine Eltern hätten den Namen anfangs mit C geschrieben und ihn nur deshalb in Kant verändert, weil manche Leute ihn wie "Zant" aussprachen, zweifelhaft (vielleicht auf Neckereien von Mitschülern zurückzuführen).

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Noch als 73 jähriger in seiner Rechtslehre (Philos. Bibl. Bd. 42, S. 203 f.) tadelt er, dass "die Pauperburschen die Unzulänglichkeit des wohltätig errichteten Schulfonds durch bettelhaftes Singen ergänzen müssen". Man erinnere sich an den jungen Currenden-Sänger Martin Luther.

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Schade, dass sie nicht einige Wochen später stattfand, sonst hätte er den dem Könige gebrachten Fackelzug und die zum Dank dafür von Friedrich gespendete Bewirtung der Studenten im Kneiphöfschen Junkerhof mitmachen können. Er würde allerdings wohl kaum zu denen gehört haben, die, weil sie nicht mehr imstande waren, allein nach Hause zu gehen, auf des Königs ausdrücklichen Befehl von Wachmannschaften dahin begleitet wurden.

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Die Abneigung oder mindestens Gleichgültigkeit des erwachsenen Kant gegen das Fridericianum scheint auf Gegenseitigkeit beruht zu haben. In der wohlerhaltenen Bibliothek des heutigen Friedrichskollegs finden sich unter der Rubrik 'Philosophie' zwar eine ganze Anzahl anderer philosophischer Schriften des 18. Jahrhunderts – darunter nicht weniger als zehn Compendien von Wolff, außerdem solche von Descartes und Leibniz, Brucker, Feder, Meier, einzelnes von d'Alembert, Garve, F. H. Jacobi —, aber keine einzige von Immanuel Kant!

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Die näheren Bestimmungen s. Vorländer, Kants Leben (1911), S. 15 f.

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Natürlich waren alle Gelage strengstens untersagt, aber auch weithin schallende Instrumente durften bloß zwischen 12 und 1 Uhr mittags gespielt werden. Näherinnen oder Wäscherinnen durften (um Verführung zu vermeiden!) ihr Zeug nur durch Jungen in das Haus senden, dessen Pforten sich im Sommer bereits um 9, im Winter um 10 Uhr abends schlossen.

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Es war zu seiner Zeit noch nicht die Verfügung der kgl. Regierung vom 10. April 1752 erschienen, wonach den Studiosis nicht mehr gestattet werden sollte, "dass sie sich in den Coffee-, Wein-, Bier- und Billardhäusem einfinden, ins Spiel einlassen und dadurch um das Ihrige bringen."

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In dem Jubiläumsjahre 1744 studierten allerdings in Königsberg 591 Theologen, 428 Juristen und 13 Mediziner, die sämtlich auch der philosophischen Fakultät angehörten oder angehört hatten.

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Haagen in Altpreuß. Monatsschrift, 48. Bd., S. 553ff., bes. S. 553 f. A. Vgl. auch unser folgendes Kapitel.

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Kantstudien X, S. 35. Kants Worte finden sich in Abschnitt VII der Vorrede. Auch in unseren folgenden Zitaten beziehen sich die römischen Ziffern auf diese in XIII Abschnitte zerfallende Vorrede.

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Vgl. über die ganze Zeit in Judtschen Bernhard Haagen, Auf den Spuren Kants in Judtschen in Altpreuß. Monatsschrift (19II), Bd. 48, S. 382 bis 412 u. 528 bis 556.

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Ob er in Judtschen wohl auch einmal auf die Jagd gegangen ist, oder sonst Schießübungen veranstaltet hat? Im § 130 seiner 1749 veröffentlichten ersten Schrift schreibt er: "Ich habe selber befunden, dass bei vollkommen gleicher Ladung einer Flinte und bei genauer Übereinstimmung der anderen Umstände ihre Kugel viel tiefer in ein Holz drang, wenn ich dieselbe einige Schritte vom Ziel abbrannte, als wenn ich sie nur einige Zolle davon in ein Holz schoß." Oder ob er solche Versuche wirklich nur aus physikalischer Wißbegier angestellt hat? Viel Gelegenheit hatte er jedenfalls nicht dazu, denn er fährt fort: "Diejenigen, die bessere Gelegenheit haben als ich, Versuche anzustellen, können hierüber genauere und bessere Proben anstellen."

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Rink, Ansichten aus J. Kants Leben. Königsberg 1805, S. 29.

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Kant bittet, "diesem kleinen feinen Mann immer mit gutem Exempel vorzugehen". Gemeint ist Bernhard, der jüngste Sohn (geb. 1750).

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Rink, Ansichten aus I. Kants Leben. Königsberg 1805, S. 29.

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Über die von Kant benutzten geographischen Schriften gibt genaue Auskunft Gerland in Kantstudien X, S. 28—30.

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Vgl. die Anzeige in den "Königsb. Frag.– und Anzeigungsnachrichten" vom 14. Juni 1755 (mitgeteilt von Rud. Reicke in Altpreuß. Monatsschrift XVIII, 204).

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Einer seiner lateinischen Lieblingssprüche lautet auf deutsch: "Ich strebe mir die Dinge, nicht mich den Dingen unterzuordnen."

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Vgl. O. Schöndörffer in E. Arnoidts Gesammelten Schriften V 2, S. 179.

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In einem Briefe, der mir durch die Güte von A. Warda, des Herausgebers der Hamann-Briefe in der Akademie-Ausgabe, zugänglich gemacht worden ist.

25

Vergleiche das Register meiner Ausgabe der "Anthropologie" (Philos. Bibl. Bd. 44) unter "Sokrates".

26

Die Zitate aus Kant stets nach meiner Kantausgabe (Philos. Bibl.), hier aus Bd. 49 (hrsg. von Buek).

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Weinstein, Entstehung der Welt und der Erde nach Sage und Wissenschaft. 2. Aufl. Lpz., Teubner, 1913.

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Bis etwa 1775 kalt-, seitdem heiß-flüssig gedacht (vgl. Adickes, Kants Ansichten über Geschichte und Bau der Erde. 1911. S. 129f.). Woher die Flüssigkeit kam, dass sie sich erst aus der Wärme entwickelt, hat er erst 1785 erkannt. Das Feuer ist ihm in der Dissertation "De igne" (1756) noch ein weiter nicht erklärbares Element, das als ursprünglich elastische Materie allerdings schon die Hauptmerkmale des Flüssigen, leichte Verschiebbarkeit der Teilchen und gleichmäßige Druckverteilung, besitzt. Die mechanische Wärmetheorie existierte eben zu seiner Zeit noch nicht.

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Aus Herders Kollegheft bei Menzer (Kants Lehre von der Entwicklung in Natur und Geschichte, 1911), S. 75.

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Auf diese Bemerkung beschränkt sich Borowski, Kants ältester Biograph, während Jachmann und Wasianski überhaupt nichts davon erwähnen. Daraus hat sich dann mit der Zeit die bekannte Legende gebildet, die sich neuerdings selbst in Kühnemanns "Herder" (1912) zu dem "ungeheuren" Ereignis verdichtet hat, dass Kant, "die Normaluhr Königsbergs", "eines Tages im Jahre 1762 abends um 7 Uhr nicht auf seinem Spaziergang gesehen wurde".

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Veröffentlicht mit einem ausführlichen Begleitartikel von Emil Fromm, Kantstudien II, S. 145—160.

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Vgl. dazu die interessanten Vorlesungs-Notizen bei O. Schlapp, Kants Lehre vom Genie 1901, besonders S. 36, 80A., 82 t.

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Nach Jacobis Tode (1774) wurde sein Universalerbe sein Neffe Friedrich Conrad Jacobi.

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Nach brieflichen Mitteilungen von Herrn Prof. Saltznnnn-Pillau an Prof. A. Rosikat-Königsberg.

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Selbst noch als bissiger Gegner in der 'Kalligone' (1800) rühmt er gleichwohl des einstigen Lehrers "dialektischen Witz, wissenschaftlichen Scharfsinn, kenntnisvolles Gedächtnis". Kants Vorlesungen seien "sinnreiche Unterhaltungen mit sich selbst, angenehme Konversationen" gewesen.