Richard Buttner

Reisen im Kongogebiet


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Kosten einen Erfolg nicht geben würden. Einige Zeit nach meinem dortigen Aufenthalt – es sind im ganzen nur einige hundert Pfund Kaffee geerntet worden – ließ dann auch Herr Woermann die Farm eingehen. Es ist nicht der Zweck des Buches, diese Verhältnisse näher zu berühren, doch will ich – vielleicht zu Nutz und Frommen irgend eines Plantagenbauschwärmers – erwähnen, was mir als Ursache des massenhaften Absterbens der jungen Kaffeebäume, nachdem sie einige Zeit recht gut gediehen waren, erschien.

      Laterit, jene den Tropen eigentümliche durch die Einwirkung der Atmosphärilien entstandene Bodenformation, bildet in der Farm überall die Grundlage einer zuweilen nur minimalen Lehm- und Humusschicht. Dieses Laterit genannte Gestein, dessen Haupteigenschaft völlige Durchlässigkeit ist, ist in feuchtem Zustande eine zähe, schneidbare Masse, im trocknen dagegen spröde und steinhart. Die Wurzeln vermögen, zu dieser Schicht gelangt, nicht in dieselbe einzudringen und noch weniger aus derselben – ihrer Durchlässigkeit wegen – Nährstoffe aufzunehmen. Die Pflanzen sind somit für die Ernährung auf die obersten Humus- und Lehmschichten angewiesen. Diese, zur Zeit der Anlage jungfräulicher Böden, sind aber nach Verlauf einiger Jahre völlig verändert worden. Heftige Regengüsse haben den Humus in die Rawinen abgeschwemmt – die Farm ist auf welligem Terrain gelegen – und der von der Sonne gebleichte Sand folgt allmählich nach, womit den Wurzeln Bedeckung und Ernährung genommen ist und die jungen Kaffeesträucher saisonweise in Menge dem Absterben geweiht sind.

      Mit anderen Gewächsen hat die Missionsstation in Gabun bessere Erfahrungen gemacht, wovon ich mich durch mehrfachen Besuch dortselbst unter Führung liebenswürdiger Pères überzeugen konnte. Man pflanzt in Menge Kokos- und besonders Ölpalmen, deren Kultur sehr lohnende Erfolge liefert. Diese Mission verdient übrigens den Namen einer Musteranlage, wie ein jeder, der einen Gang durch die Kulturen tropischer Fruchtbäume und europäischer Gemüse macht, bestätigen wird.

      Als ich am 2. November, um mich in Gabun an Bord des »Karl Woermann«, Kapitän Hupfer, einzuschiffen, die Sibangefarm verließ, wurde mir der Abschied von derselben, wo ich die liebenswürdigste Gastfreundschaft gefunden hatte, schwer genug, und noch jetzt gedenke ich in dankbarer Erinnerung der damaligen Farmbewohner, der Ausflüge mit Handpresse und Jagdflinte in den prächtigen Urwald, der Besuche in Gabun zu Fuß und zu Pferde, der Entdeckungs- und Vermessungsfahrt auf dem Abandu, der Picknicks am Bambus, wo wir halbwegs nach Gabun die deutschen Herren dieser Kolonie trafen, der Besuche in den Dörfern der Pongwe, Pangwe und Schekiani, endlich all der häuslichen Fröhlichkeit und Gemütlichkeit, die den Gedanken an die ferne Heimat kaum aufkommen ließen.

      An Bord des »Karl Woermann«, der Gabun am 3. November verließ, fand ich Herrn Veth vor, einen Holländer, der eine Spedition in das Hinterland von Mossamedes unternehmen wollte, dessen Reise auch unter günstigen Auspizien begann, durch den Tod des Leiters in den ersten Monaten des folgenden Jahres aber einen traurigen Abschluß fand. Herr Veth, dem reiche Reiseerfahrungen aus Holländisch-Indien zur Seite standen, führte Pferde und Berghunde von Java mit sich, denen allen übrigens ein nur kurzes Leben in Afrika vergönnt sein sollte. Ein aus Bayern gebürtiger Pater der französischen Mission und einige Angestellte der »Association internationale africaine«, darunter Kapitän Grant Elliot, vervollständigten unsere Reisegesellschaft, letzterer indessen nur bis zur Station Grantville an der Loangoküste.

      Am 6. November erreichten wir Kap Lopez, den damaligen Stapelplatz der Brazzaschen Unternehmung, und Majumba, wo wir mit frischen Mangroveaustern versehen wurden, deren vielleicht zu reichlicher Genuß einige der Herren auf vierundzwanzig Stunden recht krank machte. Am 7. passierten wir Loango mit der steilen, in interessanter Weise erodierten roten Küste, um – ehe wir Banana erreichten – noch in Landana und Cabinda vor Anker zu gehen.

      In Landana betrat ich zum ersten Male eine Faktorei der »Nieuwe Afrikaansche Handels-Vennootschap« von Rotterdam, eines Hauses, dessen unvergleichliche Gastfreundschaft mir zu wiederholten Malen während meines Aufenthaltes am Kongo zuteil werden sollte. Herr de la Fontaine, der damalige stellvertretende Hauptagent dieser Gesellschaft, teilte mir bereits hier mit, daß die übrigen vier Herren der deutschen Expedition in Banana anwesend seien, um einem veränderten Reiseplan zufolge den Kongo zur Operationsbasis zu nehmen. In Landana befindet sich unter der Leitung des energischen P. Carrie eine ebenfalls mustergültige Station der französischen Mission, deren Anlagen meine ungeteilte Bewunderung hervorriefen. In Cabinda, dem Hauptstapelplatz englischer Firmen, hatten wir einen Jagdausflug auf Papageien und Turakos. Doch das Interesse an der langen Küstenfahrt war geschwunden und mit Sehnsucht schaute ich nach Süden aus, wo die Mündung des Kongo das Ende derselben bringen sollte. Am 13. November wurde glücklich Banana erreicht, wo ich die Mitteilung des Herrn de la Fontaine bestätigt fand. Die Herren der Expedition hatten nach einem vergeblichen Versuch des Premierleutnants Schulze, dieselbe in Ambrizette oder Ambriz zu organisieren, diesen Plan aufgegeben, um nun vom unteren Kongo aus den Aufbruch in die östlichen Länder zu betreiben.

      1Hier eine die gesamte Insel und alle Personen umfassende Quarantäne (Red.).

      2Ausstiegsgenehmigung (Red.)

      3Eine Art Curling (Red.).

      4Schiffsjungen (Red.)

      5D. h. ein Wohnschiff (Red.)

      2. KAPITEL:

      AM UNTEREN KONGO

      Nachdem ich den »Professor Woermann« in Gabun verlassen hatte, war Dr. Wolff in Cabinda zurückgeblieben, um bei günstiger Gelegenheit dort Träger für die Expedition zu engagieren. Premierleutnant Kund aber ging in Banana an Land, um die Verhältnisse am unteren Kongo zu studieren für den Fall, daß dem Vordringen von der südlichen Küste aus sich Schwierigkeiten entgegenstellen sollten. So landeten denn in Ambrizette nur Premierleutnant Schulze und Leutnant Tappenbeck mit dem Gepäck, um freilich sofort diesen Platz für die Ausrüstung der Expedition und die Beschaffung von Trägermaterial ungeeignet zu finden. Die Herren siedelten infolgedessen sehr bald nach Ambriz über, um dort dieselbe Erfahrung zu machen. Das Mißtrauen der portugiesischen Behörden sah in der deutschen Expedition eine Gefahr für den eigenen von den Nationen nur zum Teil anerkannten Besitz der südlich des Kongo gelegenen Küste – ein Mißtrauen, welches durch die jüngst vorausgegangenen Besitzergreifungen Deutschlands an verschiedenen Stellen der afrikanischen Westküste nicht unberechtigt zu nennen war. Die Kaufleute verschiedener Nationalität aber fürchteten in uns verkappte Konkurrenten oder durch das Vorgehen der Expedition eine Störung und Schädigung ihrer Handelsverbindungen. Premierleutnant Schulze begab sich zu erneutem Versuch über Loanda nach Benguela und Novo-Redondo, an welch letzterem Platze ein portugiesisches Haus sich bereit erklärte, innerhalb zweier Monate 200 Träger zu beschaffen und dieselben nach Ambriz zu senden, sobald der Gouverneur der Provinz Angola dazu seine Erlaubnis gegeben haben würde. Um diese Erlaubnis einzuholen, reiste Premierleutnant Schulze nach Loanda zurück, wurde aber dort auf die Gesetzesparagraphen verwiesen, denen zufolge Eingeborene, die aus den portugiesischen Besitzungen stammen, nur innerhalb der Grenzen derselben in ein Lohnverhältnis genommen werden dürfen. Der Gouverneur wollte endlich die Erlaubnis der Anwerbung erteilen, wenn die Expedition von Benguela oder Bihé vorzugehen sich entschlösse. Der Leutnant glaubte diesen Vorschlag ablehnen zu müssen und kehrte – an einem Erfolg weiterer Verhandlungen mit den portugiesischen Behörden verzweifelnd – nach Ambriz zurück, um von dort aus mit Leutnant Tappenbeck, dem inzwischen dort eingetroffenen David Kornelius und dem gesamten Gepäckmaterial nach Banana überzusiedeln, wohin unterdessen auch Dr. Wolff von Cabinda, ebenfalls ohne Erreichung des Zweckes seines Aufenthaltes, gekommen war.

      Die Bemühungen des Premierleutnants Kund am unteren Kongo, die ihn mit den drei machthabenden Faktoren dortselbst, der »Association internationale africaine«, dem holländischen Handelshaus und der englischen Baptistenmission in nähere Berührung geführt hatten, gaben indessen Anlaß zur Entstehung eines neuen Planes, dessen Ausführbarkeit von dem Vorsteher der englischen Mission, Revd. Comber (bekannt durch die Besteigung des Kamerunberges und die Explorationen im Gebiet von San Salvador) anerkannt wurde und zu dessen Realisierung er die weitestgehendste Unterstützung versprach. Nach diesem Plan sollte die Expedition zunächst den Kongo aufwärts gehen bis zur Grenze der Schiffbarkeit desselben, das heißt bis unterhalb