verzierten Kanus abgehalten werden; oder auch bei der Ankunft von reich mit Fahnen geschmückten Handelskanus, die mit Palmöl und Kernen, Elfenbein, Ebenholz und Rotholz beladen unter Gesang, Geläut und Trommellärm zu den Faktoreien oder Hulks gerudert werden.
Ein anderes Bild muß der Fluß kurze Zeit vor unserer Ankunft geboten haben, denn es war, wie es alle vier Jahre zu Ende August oder Anfang September geschehen soll, ein ungeheurer Zug von Krebsen, eine Art Langschwänze, die Flüsse abwärts gekommen, und die gesamte Bewohnerschaft war mehrere Tage und Nächte beschäftigt gewesen, den Segen zu bergen und am Ufer bei großen Feuern aus den Tieren verschiedene Nahrungsmittel und Öl zu bereiten. Dieser Krebsniedergang ist die Ursache des Namens Kamerun geworden; aus den camerones und cameroes der älteren portugiesischen Seefahrer und Geschichtsschreiber ist das englische Cameroons und aus diesem das deutsche Kamerun entstanden.
Über die Eingeborenen selbst, ihre Trommelsprache, ihre und der Weißen Lebensweise, über das Kamerungebirge und andere Gebiete dieses unser Interesse in hohem Maße in Anspruch nehmenden Landes kann ich füglicherweise schweigen, da seit jener Zeit mehrfach und einige Male von berufener Seite darüber berichtet worden ist.
Unser Aufenthalt in Kamerun währte fünf Tage, ohne daß wir das Vergnügen gehabt hätten, den Kamerunberg auch nur einmal aus dem ihn umhüllenden Nebel hervortreten zu sehen.
Am 8. September verließ der »Professor Woermann« den Platz und am anderen Morgen liefen wir zugleich mit dem für Woermann gecharterten Dampfer »Graßbroek« die spanische Insel Klein-Cloby an, auf der sich die Depots von Woermann, Jansen und Thormählen und einigen anderen Firmen befinden. Von diesen Depots aus werden die einzelnen Faktoreien an der Küste sowie an den Flüssen durch kleinere Dampfer oder Boote mit Waren versehen, und hierher strömen die dort eingehandelten Produkte zusammen. Die Insel ist sehr klein und in einer halben Stunde zu umgehen, jedoch bot sie uns ein interessantes Bild eines Tropenwaldes. Am 11. lief die »Möve« mit Dr. Nachtigal an Bord die Insel an, und fand der Generalkonsul, trotzdem sein Aufenthalt nur wenige Stunden währte und diese der Korrespondenz gewidmet werden mußten, doch in seiner liebenswürdigen Weise Zeit genug, mit uns über die Aussichten und Verhältnisse unserer Expedition zu plaudern.
Es ist hier das letzte Mal gewesen, daß ich Dr. Nachtigal gesehen habe. Als ich Anfang Juni 1885 mich an der Küste befand, erhielt ich die Nachricht seines Todes, in Landana aber – wiederum an Bord des »Professor Woermann« – die Bestätigung desselben.
Während der Anwesenheit unseres Dampfers vor Cloby siedelte ich in das Woermannsche Haus über, wo mir Gastfreundschaft in ausgedehntestem Maße zu teil wurde.
Am 12. lichtete der »Professor« die Anker, um am folgenden Tage vormittags die Reede von Gabun zu erreichen, womit für mich der Moment der vorläufigen Trennung von den übrigen Herren der Expedition gekommen war, denn ich beabsichtigte für einige Wochen meinen Aufenthalt auf der bei Gabun gelegenen Sibangefarm zu nehmen, um mich dann später wieder mit den anderen Herren zu vereinigen. Angekommen am Ausgangspunkte des Inlandmarsches, als welcher damals Ambrizette in Aussicht genommen war, mußte es natürlicherweise wochenlanger Vorbereitung bedürfen, um die Expedition mit Trägern zu versehen und marschfähig zu machen. Ich glaube – worin mir Premierleutnant Schulze völlig zustimmte – einen Teil dieser Zeit in einer für die Expedition sehr vorteilhaften Weise zu verwenden, wenn ich mich auf der Sibangefarm, die Herrn Soyaux, einem früheren Mitgliede der Loangoexpedition, unterstellt war, und auf dessen Erfahrung und freundliche Unterstützung ich hierbei hoffte, naturwissenschaftlichen und speziell botanischen Studien ergeben würde. Die Anwesenheit des Herrn Soyaux, das Renommée der Anlagen der Gabuner Mission und die seit Jahren in Kultur genommene Kaffeeplantage hatten uns schon in Europa die Sibangefarm für diesen Zweck als den allergeeignetsten Ort erscheinen lassen, und Herr Woermann in Hamburg, der Eigentümer der Plantage und Chef des großen Handelshauses, hatte zu diesem Plan in liebenswürdigster Weise die erbetene Erlaubnis erteilt.
Somit verließen Premierleutnant Kund, Dr. Wolff und ich selbst bald nach unserer Landung die Gabunfaktorei, um, von einem Führer begleitet, den Weg zu der Farm anzutreten und den dortigen Herren einen Besuch abzustatten. In kurzer Entfernung vom Strande, an dem die Faktoreien unmittelbar errichtet sind, erhebt sich das Land zu einer mäßig gewellten Fläche, auf der ein etwa dreistündiger Marsch uns zum Ziele brachte. Während der ersten Weghälfte führte der Pfad über eine von Gras und Adlerfarnkraut bestandene Steppe, auf der zerstreut Gebüsch und einzelne Bäume, darunter Palmen und Mangopflaumen, hervorragten. Bei einem sehr hübschen Busch von indischem Bambus traten wir in prächtig üppigen Urwald ein, in dem ein bequemer Weg uns über eine ganze Anzahl Brücken und an zwei Eingeborenenniederlassungen vorüber zum Farmterrain führte, welches, durch Abholzen gewonnen, rings von hochstämmigem Wald umgeben ist. Ich entsinne mich noch genau des großartigen Eindruckes, unter dem ich inmitten dieser grandiosen Vegetation stand, und den ich späterhin nicht wieder in demselben Maße empfunden habe, wobei ich gleich bemerken will, daß ich während meiner ganzen Reise überhaupt nicht oft Gelegenheit gefunden habe, berechtigte Vergleiche mit diesem Gabuner Waldland anzustellen.
Inmitten der weitgedehnten Kaffeefelder erhoben sich die beiden zierlichen Wohnhäuser, in denen wir mit großer Freundlichkeit aufgenommen wurden. Das eine wurde bewohnt von Herrn Soyaux und seiner zur damaligen Zeit etwas leidenden Gattin – einer deutschen Dame, wenn ich nicht irre, aus Stade gebürtig – und dem dreimonatlichen kräftigen Sprößling, das andere hatten die beiden anderen Angestellten der Farm, die Herren Ingenieur Schran und Mahnke, inne.
Nachdem meine Übersiedelung festgesetzt war, kehrten wir, da der Kapitän noch an demselben Tage die Fahrt nach Süden fortzusetzen beabsichtigte, in Begleitung der beiden letztgenannten Herren nach Gabun zurück. Indessen wurde der Dampfer noch bis zum 15. zurückgehalten, da die Ladung am Tage der Ankunft nicht gelöscht werden konnte, am folgenden aber, einem Sonntage, nicht gearbeitet werden durfte. An diesem Sonntage fand die Einweihung der neuen Missionskirche durch den Erzbischof statt, welcher Feierlichkeit der Gouverneur nebst Gemahlin, die Offiziere der auf Reede liegenden französischen Kriegsschiffe, sowie fast die sämtlichen weißen Herren der Kolonie beiwohnten.
Am Montag Nachmittag verließ der »Professor Woermann« Gabun, und wir, die Herren Schran und Mahnke und ich selbst, machten uns auf den Rückweg zur Farm, wohin meine Sachen bereits durch einige Kru- oder Whyleute gesendet worden waren, und wo man mir in dem Nebenhause ein freundliches Heim eingerichtet hatte.
Mein Aufenthalt auf der Farm – durch verspätetes Eintreffen des nächsten Woermanndampfers wurde die ursprünglich in Aussicht genommene Zeit überschritten – hat vom 15. September bis zu Anfang November gewährt, aus welchen Wochen meiner Erinnerung nur freundliche Bilder geblieben sind, so daß ich noch heute Herrn Woermann sowohl als den Farmbewohnern mich dankbar verpflichtet fühle.
Was nun den eigentlichen Zweck meines Aufenthaltes anbetrifft, so wurde derselbe erreicht, soweit er sich im fernen Afrika ohne wissenschaftliches Material erreichen ließ. Die Zeit war nicht gerade die günstigste, denn erst während meines Aufenthaltes stellten sich die Regen häufiger ein und mit ihnen Üppigkeit und Mannigfaltigkeit der Formen. Auf zahlreichen Exkursionen, die mich zumeist in Gesellschaft des Herrn Schran in den Wald führten, wo dieser Herr einen breiten und bequemen Weg nach Gabun anzulegen hatte, sind einige hundert phanerogamische Spezimina gesammelt worden, die den Grundstock der Ausbeute meiner Reise bilden. Hierzu kommt eine Sammlung von Gefäß- und Zellenkryptogamen, sowie eine solche interessanter Früchte. Für die zoologische Kollektion fand ich reichliche Unterstützung: Herr Schran überraschte mich mit einer Anzahl auf dem Farmterrain gefangener Amphibien und Reptilien, während er seine Leute anwies, beim Holzschlagen auf die zahlreich zu Tage kommenden Insekten zu achten. Der Headman der Whyleute, Monrovia, hat mich auch in dieser Beziehung nicht in Stich gelassen, und einige neue Tiere sind eigentlich durch ihn der Wissenschaft bekannt geworden. Den mir von Herrn Soyaux zur Bedienung freundlichst übersandten Whyboy William endlich hatte ich zum Schmetterlingfangen angestellt; er leistete freilich nichts Bedeutendes darin, dagegen – wie ich erst später herausfand – machte er sich selbst etwas reichlich für seine Bemühungen aus meiner Tasche bezahlt.
Außer in rein wissenschaftlicher Beziehung war mir die Farm in praktischer Hinsicht ein wichtiger Gegenstand der Belehrung, leider – besonders für