Nikolai Gogol

Gesammelte Werke von Nikolai Gogol


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bewährt: zwei Kosaken hatte er förmlich gespalten mit seinen Hieben; den Fjodor Korsch, einen wackern Kosaken, hatte er mit seinem Gaul niedergeworfen, den Gaul erschossen und den Kosaken unter dem Gaul mit der Lanze erstochen; so manchem hatte er Kopf und Arm abgeschlagen und zuletzt den Kosaken Kobita durch einen Schuß in die Schläfe gefällt.

      »Dem zeig ichs!« rief Kukubenko, der Oberst vom Regiment Nesamoiko.

      Er trieb sein Pferd an, fiel dem Ritter in den Rücken und schrie so gewaltig, daß allen, die es hörten, das Schlottern in das Gebein fuhr vor diesem unmenschlichen Brüllen. Der Polack wollte seinen Gaul schnell herumreißen und Brust gegen Brust mit dem Angreifer kämpfen, aber der Gaul gehorchte ihm nicht: er sprang, erschrocken von dem lauten Gebrüll, zur Seite, und Kukubenkos Büchsenkugel traf den Feind. Sie drang ihm durchs Schulterblatt in den Leib, und er fiel aus dem Sattel. Auch jetzt noch wollte der Pole sich nicht ergeben, er holte zum Schlag aus, doch sein Arm war zu schwach und sank machtlos samt dem Schwerte nieder. Kukubenko aber faßte seinen schweren Pallasch mit beiden Fäusten und stieß ihn dem Feind gerade zwischen die jäh erblichnen Lippen, der Pallasch schlug dem Ritter zwei Zähne, weiß wie Zucker, aus dem Oberkiefer, spaltete ihm die Zunge, zertrümmerte ihm die Nackenwirbel und drang noch tief in den Boden. So nagelte der Oberst seinen Feind für ewig an die kühle Erde. In schlankem Springquell, rot wie die Schneeballbeere am Bach, schoß das adlige Blut empor und färbte des Ritters gelben, goldgestickten Rock. Kukubenko aber kümmerte sich nicht weiter um ihn und sprengte mit seinen Nesamoikern da hin, wo das Gewühl am dichtesten war.

      »Ha, der Narr! Läßt die kostbare Beute liegen!« sagte Borodaty, der Oberst des Regiments Uman und lenkte den Gaul von den Seinen fort, hin zu dem Platz, wo der von Kukubenko gefällte Ritter lag. »Sieben Junker hab ich heute mit dieser Faust erschlagen – solch eine Beute sah ich bei keinem.«

      Die Habgier übermannte Borodaty; er bückte sich zu dem gefallnen Junker, ergriff dessen türkisches Messer mit der edelsteinfunkelnden Scheide, band ihm die dukatenschwere Geldkatze vom Leib, zog ihm den Beutel mit seiner Wäsche, kostbarem Silberzeug und einer zum Gedächtnis aufbewahrten Mädchenlocke aus dem Busen. Der arme Borodaty merkte gar nicht, daß hinter ihm der rotnäsige Kornett herangesprengt kam, den er heute schon einmal aus dem Sattel gehauen hatte, wovon der lange Kerl eine tüchtige Schramme als Denkzettel trug. Hoch durch die Luft schwang der Kornett den Säbel und hieb ihn dem Obersten ins Genick. Übel geleitet hatte den Kosaken die Habgier: sein gewaltiges Haupt sprang von den Schultern, zu Boden stürzte der kopflose Rumpf und tränkte die Erde in weitem Umkreis mit Blut. Gen Himmel fuhr die männische Kosakenseele, murrend und grollend, dazu baß erstaunt, weil sie den starken Leib so früh schon verlassen mußte. – Der Kornett konnte das Haupt des Recken nicht mehr beim Schopfe packen und an seinen Sattel binden, denn schon war ein grimmiger Rächer über ihm.

      Wie der Weih hoch oben im Himmel auf starken Flügeln gewaltige Kreise zieht, dann plötzlich weitklafternd still steht und sausend gleich einem Pfeil auf das jammernde Wachtelmännchen am Wegrain niederschießt, so stürzte sich jetzt Taraß Bulbas Sohn Ostap auf den Kornett und warf ihm tödlich sicher den Fangstrick ums Genick. Noch roter wurde der rote Kopf des Junkers, als die Schlinge ihm grausam die Gurgel schnürte. Zwar riß er die Pistole aus dem Gürtel, aber die krampfig geballte Faust konnte nicht zielen, und die Kugel flog ohnmächtig in die Weite. Ostap aber nahm sogleich die seidne Schnur vom Sattel des Kornetts, die der bei sich führte, seine Gefangnen zu fesseln. Er band ihm mit der eignen Schnur die Hände und die Füße, machte das Ende des Stricks an seinem Sattel fest und schleifte den Feind über das Blachfeld. Sein lauter Zuruf mahnte die Kosaken des Regiments Uman, ihrem Führer die letzte Ehre zu erweisen.

      Da die Umaner hörten, daß Borodaty gefallen war, verließen sie das Schlachtfeld und eilten, seinen Leichnam zu bergen. Und dann berieten sie gleich, wen sie zum Führer wählen sollten. Endlich sagten sie:

      »Was wollen wir lange beraten? Einen bessern Obersten finden wir nie als Ostap Bulba; es ist schon wahr, daß er der Jüngste ist von uns allen. Aber Verstand hat er wie ein Alter.«

      Ostap zog die Mütze und dankte den Kameraden für die erwiesene Ehre. Er sprach nicht erst lang und breit von seiner Jugend und Unerfahrenheit – er wußte, daß es im Krieg nicht Brauch ist, sich mit so etwas aufzuhalten. Er führte die Seinen sofort in das Kampfgewühl und bewies ihnen da, daß ihre Wahl nicht auf den Falschen gefallen war. Des Polacken begann die Sache brenzlich zu riechen, sie wichen schleunigst und sammelten sich erst unweit der Mauer. Der kleine Oberst aber gab den vier frischen Fähnlein, die am Stadttor in Reserve standen, schnell einen Wink, und alsbald wurde von dort mit Kartätschen in das Kosakenheer gefeuert; das schuf jedoch wenig Verluste, und ein paar Kugeln schlugen mitten zwischen die Zugochsen der Kosaken, die aus großen, scheuen Augen in das Schlachtgewühl starrten. Dumpf auf brüllten die erschrocknen Rinder, sie jagten durch das Kosakenlager davon, zertrümmerten viele Wagen und trampelten so manchen Mann tot. Da aber brach Taraß mit seinem Regiment aus dem Hinterhalt und warf sich ihnen unter Lärmen und Geschrei entgegen. Erschrocken machte die wild gewordne Herde kehrt und raste nun gegen die polackischen Truppen an, rannte die Reiterei über den Haufen, rannte alles nieder und schuf das tollste Durcheinander.

      »Recht so, ihr Ochsen, und schönen Dank!« schrieen die Kosaken. »Ihr habt im Troß schon oft gezeigt, was ihr für Kerle seid, jetzt tut ihrs auch in der Schlacht!«

      Mit frischen Kräften hieben sie auf den Feind ein. Gar mancher erwarb sich hohen Ruhm: Metelitza, Schilo, die beiden Pißarenko, Wowtusenko; wer nennt sie alle! Die Polacken sahen, daß die Sache ein böses Ende nahm, sie schwenkten die Fahnen und schrieen, man solle das Tor öffnen. Laut in den Angeln kreischend, ging das eisenbeschlagne Tor auf, und die ermatteten, staubbedeckten Reiter drängten hinein, wie Schafe in ihren Pferch. Viele von den Kosaken machten sich an die Verfolgung. Ostap aber tat seinen Umanern Einhalt und rief:

      »Zurück, zurück von der Mauer, ihr Herren und Brüder! Nur nicht zu nah heran! Sonst gibt es ein Unglück.« Und er hatte recht: die Polen schossen von den Wällen und warfen mit allem, was ihnen unter die Hände kam. Gar mancher mußte da noch sein Leben lassen.

      Der Hetman, der grade vorbeigeritten kam, lobte Ostap und sagte: »Das ist ein neuer Oberst, aber er führt sein Regiment wie ein Alter!«

      Der alte Bulba sah sich um: er wollte wissen, von welchem neuen Obersten die Rede ging. Und er sah Ostap vor den Umanern im Sattel sitzen, die Mütze keck aufs Ohr gerückt, den Kommandostab in der Hand.

      »Sieh, so ein Kerl!« sagte der Alte und freute sich und dankte den Umanern für die Ehre, die sie seinem Sohn erwiesen hatten.

      Die Kosaken zogen sich weiter zurück und wollten schon ins Lager abrücken, aber die Polacken strömten wieder auf den Wall, jetzt freilich in zerrissenen Mänteln. Mit Blut besudelt war mancher kostbare Rock, und dicker Staub lag auf den schönen Bronzehelmen.

      »Na, habt ihr uns jetzt gebunden?« schrieen die Kosaken hinauf.

      »Ich zeig es euch schon!« schrie unbeirrt der dicke Oberst hinunter und schwenkte einen Strick in der Luft; die staubbedeckten und erschöpften Krieger verstummten noch eine ganze Weile nicht, die Hitzköpfe auf beiden Seiten bombardierten sich mit spitzigen Worten. Endlich aber machten sich die Kosaken in das Lager davon. Der eine streckte sich, erschöpft vom Kampf, zur Ruhe in das Gras, der andre legte Erde auf seine Wunden und zerriß kostbare Tücher und Gewänder, die er dem toten Gegner abgenommen hatte, zu Verbandstreifen. Wieder andre, die sich noch frischer fühlten, lasen die Gefallnen auf und erwiesen ihnen die letzte Ehre. Mit Pallaschen und Lanzen lockerten sie den Boden, in ihren Mützen und Rockschößen hoben sie die Erde heraus; ein ehrliches Begräbnis gaben sie den toten Kosaken und deckten sie mit frischer Erde, auf daß kein Rabe oder Geier ihnen die Augen aushacke. Die Leichname der Polacken aber banden sie, wie sichs grade traf, selbzehnt an die Schweife von wilden Rossen und jagten die ins weite Blachfeld hinaus; sie selber sprengten hinterdrein und peitschten den Gäulen die Flanken. Die scheu gewordnen Tiere setzten in wilden Sprüngen über Raine und Hümpel, Gräben und Bäche, hart gegen den Boden schlugen die blut-und staubbesudelten Leichname der Polenkrieger.

      Dann lagerten die Kosaken sich Regiment für Regiment im Kreise zur Abendmahlzeit und sprachen noch lange von den Taten und