Patricia Vandenberg

Im Sonnenwinkel Staffel 1 – Familienroman


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werden wir Heckenrosen pflanzen, hatte er gerade überlegt, als er Georgia Minetti bemerkte.

      Natürlich hatte er ihren Namen und auch ihre Stimme auf Schallplatten und im Radio schon gehört. Gesehen hatte er sie noch nie, und so hatte er sich die berühmte »Carmen« auch nicht vorgestellt, sofern er überhaupt eine Vorstellung hatte.

      Schlank und von exotischer Schönheit stand sie plötzlich vor ihm und war ebenso erschrocken wie er. Ihre langen Wimpern senkten sich, dann legte sich ein flüchtiges Lächeln um ihren schöngeschnittenen vollen Mund.

      Er machte eine leichte Verbeugung und murmelte seinen Namen.

      Wie ein nüchterner Wissenschaftler sieht er bei Gott nicht aus, dachte Georgia. Und wie der Vater von vier Kindern schon gar nicht. Dass die Auerbachs vier Kinder hatten, hatte sie inzwischen von den Zwillingen erfahren, die ihn aber selbst noch nicht zu Gesicht bekommen hatten und nur zu berichten wussten, dass es einen wunderbaren Kuchen bei Frau Auerbach gegeben hätte.

      »Ich bin Georgia Minetti – oder Ullrich, wie Sie wollen«, sagte sie leicht verlegen, und eingedenk des Versprechens, das sie Dirk und Claas nach dem Abendessen gegeben hatte. Sie genierten sich eben, wenn sie sich Minetti nannte.

      »Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, gnädige Frau«, sagte Werner Auerbach stockend. »Oh, da kommt auch meine Frau.«

      Er schien sichtlich erleichtert, und Georgia fragte sich, ob dies wohl eine eifersüchtige Frau sei. Aber dann war sie von Inge Auerbachs ungezwungener Natürlichkeit sehr angetan.

      Sich angeregt unterhaltend, gingen sie, durch den Zaun getrennt, zum See hinunter. An diesem konnte man ohne künstliche Hindernisse entlangwandern.

      »Hoffentlich bietet Ihr köstlicher Kuchen meinen Söhnen nicht den Anreiz, Ihnen nun ständig das Haus einzurennen, Frau Auerbach«, bemerkte Georgia lächelnd.

      »Sie sind uns immer willkommen«, erwiderte Inge. »Hannes ist rein närrisch, dass er nun endlich gleichaltrige Spielkameraden hat. Es trifft sich ja auch glücklich, dass sie in eine Klasse kommen werden. Hoffentlich ist das für unseren faulen Sohn ein Ansporn.«

      »Da werden Sie wohl enttäuscht werden«, lächelte ­Georgia. »Ehrgeizig sind die Zwillinge auch nicht. Der Schulweg ist ja ein bisschen umständlich. Vielleicht können wir sie umschichtig hinfahren und abholen.«

      »Unsere Ricky fährt ja ohnehin«, meinte Werner Auerbach zuvorkommend. »Wenn sie eng zusammenrücken, haben die Jungen schon Platz in ihrem Wagen. Kritisch wird es erst, wenn Ricky mit der Schule fertig ist. Aber bis dahin hat es ja noch Zeit.«

      Wie redselig Werner plötzlich sein kann, dachte Inge belustigt. Und als sie sich dann eine halbe Stunde später trennten, blickte er Georgia Minetti sogar nach.

      »Na, du bist ja mächtig beeindruckt«, scherzte sie. »Hoffentlich gerätst du nicht auf Abwege.«

      »Was du gleich denkst«, brummte er. »Sie ist eine charmante Frau ohne Allüren. Ich habe mir Sängerinnen immer viel exzentrischer vorgestellt.«

      Vielleicht hat sie sich von ihrer besten Seite gezeigt, ging es Inge durch den Sinn, und eine leise Eifersucht keimte in ihr empor.

      Immerhin konnte Werner sich noch immer sehen lassen. Ja, ausnehmend gut sah er eigentlich aus, stellte sie plötzlich fest. Und in einem gefährlichen Alter war er außerdem.

      »Warum bist du nur so schweigsam?«, fragte er, seine Hand unter ihren Arm schiebend.

      »Ich überlege, wieso du so redselig warst«, gab sie schlagfertig zurück.

      Er sah sie konsterniert an und lachte. »Jetzt fehlt nur noch, dass du eifersüchtig wirst, Ingelein«, scherzte er.

      »Und wenn ich es wäre?«, gab sie rasch zurück.

      »Da kann ich wirklich nur lachen. Als hättest du jemals Grund dazu gehabt.«

      »In der Vergangenheit nicht – aber in der Zukunft? Weiß man es?«

      Er legte den Arm um ihre Schultern und ließ seine Finger durch ihr Haar gleiten.

      »Mussten wir uns dazu am Ende der Welt ansiedeln?«, fragte er leise.

      »Im Paradies hat es die erste Schlange gegeben«, entfuhr es ihr.

      »Nun mach aber ’nen Punkt! Was sollte ich denn mit so einer Frau anfangen, mein Schatz? Aber ernsthaft, Inge, ihr Mann ist bestimmt nicht zu beneiden. Eine Frau, der alle Männer zu Füßen liegen, ist kein Idealfall.«

      »Woher willst du das wissen, dass ihr alle zu Füßen liegen? Und schließt du dich auch ein?«, fragte sie heftig.

      Er seufzte tief. »Heute sage ich aber auch alles verkehrt. Genügt es dir, wenn ich dir versichere, dass du die schönste und begehrenswerteste Frau der Welt für mich bist?«

      »Ich komme mir ganz hausbacken neben ihr vor«, bekannte sie kleinlaut.

      »Nur, weil sie die Minetti ist? Hättest du dir über eine schlichte Frau Ullrich auch solche Gedanken gemacht?«

      Sie überlegte ein paar Minuten. »Nehmen wir mal an, ich wäre auch irgendwie berühmt gewesen. Ich weiß ja, dass ich keine Talente habe, aber theoretisch. Hättest du mir erlaubt, meinem Beruf nachzugehen, Werner?«

      »Ich?«, rief er gedehnt. »Gott bewahre! Wozu habe ich denn geheiratet? Ich will doch meine Frau nicht mit Gott und der Welt teilen.«

      »Vielleicht will es ihr Mann auch nicht«, stellte sie nachdenklich fest.

      Er gab ihr einen zärtlichen Kuss. »Ich bin nur froh, dass deine Talente auf einem ganz anderen Sektor liegen«, seufzte er. »Aber kommen wir mal zu unseren Problemen. Was wird aus Ulla?«

      »Weiß ich noch nicht«, erwiderte sie gedankenverloren. »Sandra will morgen mit ihren Eltern sprechen.«

      »Vielleicht sollte ich sie unterstützen«, meinte er.

      »Das würdest du tun?«, staunte sie.

      »Immerhin geht es um Rickys Freundin, um ein junges Menschenkind, das leider keine verständnisvollen Eltern hat. Wenn ich nun auch so ein Vater wäre!«

      »Dann hätte ich dich nicht geheiratet.«

      »Als du mich geheiratet hast, wusstest du aber nicht, was ich für ein Vater werde«, konterte er.

      »Doch, das wusste ich«, stellte sie innig fest.

      *

      Sandra hatte ein unbehagliches Gefühl, wenn sie an die Unterredung mit Ullas Vater, dem Oberstudiendirektor Lamprecht und seiner Frau dachte, und sie war froh, dass Werner Auerbach ihr seine Unterstützung anbot. Ulla hatte die Nacht in der Stadt mit ihren Eltern verbringen müssen, und sie konnte sich vorstellen, in welcher Verfassung das junge Mädchen war.

      »Sie können doch nicht so unbarmherzig sein«, sagte Marianne von Rieding zu ihrer Tochter. »Ulla ist so sensibel. Ich fürchte das Schlimmste, Sandra. Soll ich nicht lieber auch mitkommen?«

      »Du regst dich viel zu sehr auf, Mutti. Professor Auerbach wird es schon hinbiegen.«

      Als sie zu ihrem Wagen ging, stand dort, klein und verloren, Manuel. »Fährst du schon wieder weg, Sandra?«, fragte er traurig.

      »Ich muss, Manuel. Es handelt sich um Ulla.«

      »Du fährst nicht mit Herrn Heimberg?«, fragte er zuversichtlicher.

      Sie drückte ihn leicht an sich. »Was hast du eigentlich gegen ihn, Spatz?«, fragte sie verwundert.

      »Er ist so oft bei euch. Papi kommt morgen. Teta hat es mir gesagt.«

      Sandra errötete. »Da freust du dich aber«, stellte sie mit belegter Stimme fest.

      »Du nicht auch?«, fragte er leise.

      Wie Schuppen fiel es ihr plötzlich von den Augen. Sie erkannte jäh, welche Sehnsucht in Manuels kleinem Herzen keimte. Es war auch ihre eigene Sehnsucht. Wie gern wollte sie dieses scheue Kind