Karin Bucha

Karin Bucha Staffel 5 – Liebesroman


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die Frau.

      Auch Reincke erhebt sich, stellt sich vor dem Freund auf und sieht ihn eindringlich an. »Du tust mir leid, alter Junge. Ich versuche dich zu verstehen. Du liebst und willst diese Liebe nicht beschmutzt sehen. Und wenn du erkennen mußt, daß du doch einem Irrtum zum Opfer gefallen bist?«

      Karstens Blick wird hart. Die Backenknochen spielen. »Dann – dann werde ich mit ihr abrechnen.«

      Gnade ihr Gott – setzt Reincke in Gedanken hinzu.

      »Paß auf, Uli, komm für ein paar Tage mit zu mir. Wir wollen uns richtig ausruhen, du und ich.«

      Unschlüssig verharrt Karsten in Nachdenken. »Später vielleicht, Wulli. Im Augenblick kann ich nicht unter Menschen gehen. Bitte, verstehe mich. Ich bin hier ganz gut aufgehoben Milli Bothe ist großartig.«

      Enttäuscht verläßt später William Reincke den Freund und kehrt in seine Heimatstadt zurück.

      *

      Marion Wendland zählt die Tageseinnahme und verschließt sie sorgfältig in die Stahlkassette. Frank Bendler sieht ihr gedankenverloren zu. Er liegt beinahe im Sessel, die Beine weit von sich gestreckt, die Zigarette lässig im Mundwinkel.

      »Sag’ mal, wer ist eigentlich der große dunkle Mann, der dir so eifrig den Hof macht?« unterbricht er die Stille.

      Sie sieht nicht auf, fühlt aber, wie es ihr heiß in die Wangen schießt.

      »Reincke heißt er.«

      »Ach, ein Sohn der Reincke-Werke? Etwa der Forscher, der sich dauernd in fremden Erdteilen herumtreibt?«

      Sie hebt die Schultern. »Kann sein. Ja, ich glaube mich zu entsinnen, daß er mir Ähnliches erzählt hat.« Sie versucht, ganz harmlos auszusehen. Aber Augen der Liebe sind scharf.

      »Du interessierst dich aber mehr für ihn, als es mir lieb ist.«

      »Was soll das heißen?« Feindseligkeit schwingt zwischen ihnen.

      »Daß es mir nicht gleichgültig ist, mit wem du flirtest«, sagt er ruhig, aber mit einem gefährlichen Unterton.

      Sie wendet sich kühl ihrer Arbeit wieder zu. »Du bist verrückt«, sagt sie verächtlich.

      »Nein, durchaus nicht«, erwidert er, immer noch unheimlich ruhig, was sie erzittern läßt. »Ich liebe dich nur und habe keine Lust, dich an einen anderen Mann zu verlieren.«

      Du hast mich ja nie richtig besessen. Mein Herz gehörte dir nicht – möchte sie ihm am liebsten zurufen, doch sie schweigt sich aus.

      Am nächsten Abend erscheint William Reincke wieder in der Bar. Er nimmt seinen alten Platz vor Marion ein und strahlt sie an.

      »Ich freue mich immer, wenn ich Sie sehe«, sagt er, nachdem er ihr herzhaft die Hand geschüttelt hat. »Sie sehen heute nicht mehr so blaß aus. Ich dachte schon, Sie würden krank.«

      Sie hantiert zwischen Flaschen und Gläsern.

      »Sekt?« fragt sie und er nickt. Aber Sie müssen mittrinken.«

      »Zigarette?« Er reicht ihr das wertvolle Etui und gibt ihr Feuer. Er sieht sich um, bemerkt Frank Bendler, der ihm keinen gerade freundlichen Blick zuwirft und dreht sich ihr wieder zu. »Richtig wohl fühle ich mich hier.« Und dann neigt er sich etwas über den Bartisch. »Trotzdem möchte ich Sie einmal außerhalb dieses Hauses treffen. Ist das möglich?«

      »Ich glaube kaum«, gibt sie abweisend zurück. »Der Betrieb geht hier bis in die frühen Morgenstunden hinein. Am Tage muß ich mich ausruhen.«

      »Und wann schnappen Sie frische Luft«, erkundigt er sich hartnäckig.

      »Manchmal mache ich für eine Stunde Besorgungen«, sagt sie schließlich.

      Er atmet tief die Luft ein. »Großartig! Eine dieser Stunden belege ich mit Beschlag. Wann?«

      »Mein Gott«, wehrt Marion Wendland sich gegen diese Hartnäckigkeit. »Ich kann Ihnen das nicht sagen.«

      »Sagen Sie lieber, Sie wollen nicht« bohrt er weiter. »Also, wann darf ich Sie abholen? Und wo wohnen Sie?«

      Sie fährt sich mit der Rechten verzweifelt durch das dichte, leuchtende Haar. »Also dann meinetwegen morgen schon. Und ich wohne hier im Hause.«

      Er lacht und blitzt sie mit seinen kräftigen weißen Zähnen glücklich an. »Na, großartig. Übrigens haben Sie einen schönen Namen.«

      Sie errötet tief. »Was finden Sie nicht alles schön.«

      »An Ihnen?« Er blinzelt verschmitzt. »Alles finde ich schön –«

      »Um Gottes willen«, wehrt sie erschrocken ab.

      »Übrigens scheinen Sie noch nicht lange hier in der Stadt zu sein. Bei dem Vorgänger waren Sie jedenfalls nicht.«

      Sofort wird sie verschlossen.

      »Nein!« erwidert sie kurz, unfreundlich.

      »Auch in der Stadt nicht?« Er hat es gern, wenn er sie in die Enge treiben kann, ohne den wahren Grund zu kennen.

      »Warum soll ich nicht in der Stadt gelebt haben?« fragt sie spitz zurück.

      »Weil Sie mir sonst aufgefallen wären«, bemerkt er mit Bewunderung.

      Sie macht eine abwehrende Handbewegung. »Sie sind ja, wie Sie selbst erzählt haben, dauernd unterwegs.«

      »Nun ja«, lenkt er ein. »Es ist ja auch gleichgültig, wo Sie bisher gelebt haben. Jetzt sind Sie jedenfalls sehr gegenwärtig, und ich freue mich dar­über.«

      Frank Bendler tritt an den Bartisch heran. »Kann ich auch ein Glas Sekt haben«, fragt er. Seine Stimme klingt rauh vor Erregung, und Marions Hand, die den Schaumwein eingießt, bebt.

      Wenn er doch gehen würde, dieser Mann, zu dem es sie hinzieht, und zu dem sie äußerlich so kühl sein muß. Und nach Schluß, diesmal ist es besonders spät geworden, bricht das Unwetter über sie herein. Als er ihr die Einnahmen abliefert, sagt er eiskalt zu ihr: »Kommt der Kerl noch einmal, werf’ ich ihn eigenhändig hinaus.«

      Aus furchtlosen Augen sieht sie ihn an. »Du vergißt, wem das Haus gehört. Darf ich dich höflichst darauf aufmerksam machen?«

      »Also siehst du seine Besuche gern?«

      Marion Wendland hat von jeher das Spiel mit dem Feuer geliebt.

      »Warum nicht? Er ist amüsant, weiß viel zu erzählen.«

      »Wie interessant«, höhnt er.

      »Vor allem faselt er nicht dauernd von Liebe«, reizt sie ihn erneut.

      Er tritt ganz dicht an sie heran. »Liebe?« Er schnippt mit dem Finger. »Ich glaube, du kennst dieses Gefühl gar nicht. Du liebst nur dich – und das Geld.«

      Tieferschrocken weicht sie zurück. »Du mußt es ja wissen.«

      »Und ob ich das weiß. Seitdem der Mann bei uns verkehrt, bist du anders. Jedenfalls weiß ich nun, daß du ganz anders sein kannst. Mir wirfst du Almosen hin. Ich bin nur dazu da, um dich zu tarnen.«

      »Wie meinst du das?« stammelt sie entsetzt.

      »Du verbirgst dich, weil du Angst hast, Angst vor Ulrich Karsten.«

      Mit einem Ruck dreht er sich ihr zu. »Aber eines sage ich dir: Beiseite schieben lasse ich mich nicht. Und einen zweiten Fall Ulrich Karsten gibt es auch nicht.«

      Langsam kommt er auf sie zu, und sie streckt ihm voller Angst die Arme entgegen. »Du gehörst mir. Keiner darf dich mir nehmen.«

      Er küßt sie, bis sie den Kopf atemlos an seine Schulter gleiten laßt.

      Er ist ein Teufel – denkt sie, halb besinnungslos vor Zorn und Empörung, daß sie schweigen muß.

      Mir gehörst du! Noch lange klingen ihr die Worte in den Ohren. Sie verbringt eine schlaflose Nacht, und