Karin Bucha

Karin Bucha Staffel 5 – Liebesroman


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Sturm, indessen die Männer ihre Hüte und Mäntel ablegen.

      Verschlafen kommt Lucie angelaufen.

      »Schnell, Lucie, wecke meine Frau«, sagt er barsch. Er geht zur Bar und beginnt zu mixen. Wattenberg tritt zu ihm.

      »Nimm den Auftrag zurück, Jürgen. Wie kannst du deiner Frau zumuten, mitten in der Nacht zu diesen betrunkenen Männern zu kommen?«

      »Bettina muß kommen.« Er sagt das wie ein ungezogener Junge, der nach seinem Spielzeug verlangt.

      Es dauert ein paar Minuten, bis Lucie zurückkehrt.

      »Die gnädige Frau läßt sagen, sie käme nicht.«

      Jürgen stellt die Flasche aus der Hand. Er läuft krebsrot an.

      »So, die gnädige Frau kommt nicht. Das werden wir ja sehen.«

      »Jürgen, laß das sein«, ruft Wattenberg hinter dem davonstürmenden, betrunkenen Mann her.

      »Wenn das man kein Unglück gibt«, flüstert einer der Herren, die sich noch nicht einmal vorgestellt haben. Wattenberg lauscht angestrengt. Man hört Poltern, eine Frau schreit gellend auf – und dann ist es still, unheimlich still.

      In Wattenberg kommt Leben. Er kennt sich gut im Haus aus. Er rennt die Treppe empor, sieht eine Tür offenstehen und eilt auf sie zu.

      Sich kaum auf den Beinen haltend, lehnt Jürgen Kröger an der Wand, und am Boden liegt eine Frau. Sie trägt über dem dünnen Nachtkleid einen leichten Hausmantel.

      Im Nu kniet Wattenberg bei ihr und legt seine Hand unter ihren Kopf. Blut rieselt über die Stirn.

      Er zuckt zusammen. Dieses schöne, jetzt todblasse Gesicht hat er nie vergessen können. Er hält seine schöne Unbekannte im Arm. In tiefer Ohnmacht liegt sie vor ihm.

      Was sich hier abgespielt hat, ahnt er nur. Er wendet sich Jürgen zu. Die Stelle, an der dieser eben noch gestanden hat, ist leer.

      Jürgen ist zu seinen Freunden geeilt, aber die haben bereits das Haus verlassen. Er geht zu seinem Wagen und rast hinterher.

      Zaghaft kommt Lucie näher. Man sieht es ihr an, wie entsetzt sie ist. Hinter ihr taucht die dicke Köchin Hermine auf.

      »Schnell, rufen Sie einen Arzt!« befiehlt Wattenberg, und Lucie rennt davon.

      »Die arme gnädige Frau«, sagt Hermine und weint laut auf. »Hat – hat er sie geschlagen?«

      »Ich weiß es nicht«, erwidert Wattenberg kurz.

      »Und gerade jetzt muß die Mutter der gnädigen Frau nicht da sein«, jammert Hermine.

      »Jammern Sie nicht!« herrscht Wattenberg sie an. »Holen Sie lieber ein paar Kissen herbei, worauf wir Frau Kröger betten können.«

      Hermine fliegt fast davon und kommt mit einem Stoß Kissen zurück. Behutsam schiebt Wattenberg sie unter Bettinas Kopf und Rücken. Die Wunde beginnt wieder zu bluten.

      »Haben Sie irgend etwas Belebendes da?«

      »Ja, natürlich«, versichert Hermine eifrig. »Bei der gnädigen Frau im Schlafzimmer.«

      Wattenberg gibt sich alle Mühe, die junge Frau aus ihrer Ohnmacht zu erwecken. Es gelingt ihm nicht.

      Er ist bis ins Herz erschüttert. Ausgerechnet als Jürgens Frau muß er seine Unbekannte wiederfinden, an die er immer hat denken müssen.

      Er weiß jetzt auch, warum sie damals so verzweifelt und weinend durch die Straßen geirrt ist und beinahe in das Auto gelaufen wäre.

      Jürgen mochte ihr die Hölle bereitet haben.

      Eine grenzenlose Wut auf Jürgen Kröger erfaßt ihn. Hätte er ihn vor sich gehabt, wer weiß, was er mit ihm gemacht hätte.

      Er verflucht auch seine Ohnmacht. Nichts kann er tun, als auf den Arzt zu warten. Jede Minute dünkt ihn eine Ewigkeit. Endlich führt Lucie Dr. Werner herein.

      Dieser fragt nicht viel und sieht ihn gar nicht an. Er kniet neben der jungen Frau nieder und untersucht sie. Jetzt bemerkt Wattenberg auch, daß seine Unbekannte ein Kind erwartet. Das steigert noch seinen Grimm.

      Während der Arzt die Wunde verbindet, und mit Hilfe Lucies und Hermines die junge Frau ins Bett trägt, geht Wattenberg rauchend und ruhelos in dem breiten teppichbelegten Gang auf und ab.

      Endlich erscheint Dr. Werner.

      »Tag, Wattenberg«, sagt er erfreut und überrascht zugleich. »Wie kommen Sie denn hierher?«

      »Zufall, Herr Doktor«, erwidert Wattenberg. Er kennt den Arzt sehr gut, war dieser doch früher auch bei ihm Hausarzt. »Wie geht es Frau Kröger?« fragt er besorgt.

      Dr. Werner macht ein kummervolles Gesicht. »Es steht nicht gut um Bettina Kröger. Noch dazu in diesem Zustand. Wo ist denn Jürgen?«

      »Keine Ahnung. Er muß wohl in der Halle bei seinen Freunden sein.«

      »Die Halle war leer. Es stand auch kein Wagen vor der Tür.«

      Wattenberg schüttelt nur den Kopf.

      »Dann bleibe ich hier«, entscheidet er, »und warte, bis der Hausherr sich einfindet.«

      »Ich warte auch. Bettina Kröger ist noch nicht aus ihrer Ohnmacht erwacht. Ich mache mir ernstlich Sorgen um sie. Sie ist ohnehin sehr zart.«

      Damit geht er zurück in Bettinas Schlafzimmer.

      Bettina! Bettina – geht es Wattenberg durch den Kopf. Ja, so und nicht anders mußte sie heißen, seine schöne Unbekannte, die ihm nun nicht mehr unbekannt ist, und die er hatte vergessen können.

      Wieder beginnt sein ruheloser Marsch im Flur. Er bangt mit dem Arzt um das Leben Bettina Krögers.

      Dr. Werner taucht wieder auf.

      »Man müßte wenigstens die Mutter von Frau Kröger benachrichtigen. Moment mal. Ich frage das Hausmädchen. Sie muß die Telefonnummer wissen.«

      Er kommt schnell zurück.

      »Ich rufe selbst an. Frau von Welling ist schwer herzkrank. Man muß es ihr schonend beibringen.«

      »Wohnt sie im Ort?«

      »Ja. Bleiben Sie hier, Wattenberg!«

      »Wenn ich Ihnen helfen kann, gern.«

      Dr. Werner geht zum Telefon. Es ist kein schönes Amt, das er da übernommen hat. Er kennt das schwache Herz der alten Dame.

      Schließlich findet er doch die richtigen Worte. Er hängt befriedigt ein und kommt zu Wattenberg zurück.

      »Sie sind doch mit Ihrem Wagen da, ja?«

      »Gewiß, Herr Doktor.«

      »Ich schreibe Ihnen die Adresse von Frau von Welling auf. Würden Sie die alten Dame abholen? Ich habe es ihr zugesagt.« Er lächelt verlegen, da er einfach über Wattenbergs Kopf hinweg bestimmt hat.

      »Selbstverständlich fahre ich sofort los.«

      Hastig entfernt sich Wattenberg. Nun steckt er mitten drin in dieser Familientragödie. Aber was würde er nicht alles für die Frau tun, der sein Herz gehört.

      Ihm stockt beinahe der Atem, als er das gedacht hat.

      Ja, er liebt die Frau. Er hat sie von dem Augenblick an geliebt, als sie ihm ihr tränenüberströmtes Gesicht zuwandte und ihn geistesabwesend mit den wundersamen Veilchenaugen anschaute.

      Er findet das Haus schnell. Es ist ja seine Vaterstadt, und er kennt sich gut aus.

      Er sieht vor dem Gartentor eine zierliche Frauengestalt. Er bringt seinen Wagen zum Stehen, steigt aus und geht auf sie zu.

      »Wattenberg«, stellt er sich vor. »Ich soll Sie im Auftrag von Dr. Werner abholen.«

      Es sind Bettinas Augen, die ihn ängstlich mustern.

      »Was