kommt aus Zimmer neun; tritt, ohne Strasser zu beachten, zu zwölf a und klopft leise an.
Strasser mit dem Rücken zu Max; hört es; lauscht.
MAX
unterdrückt erregt durch die Türe: Christine – Christine, Christine – Christine!
STRASSER
hat sich ihm zugewandt: Was klopfst du dort?
MAX
setzt sich zerknirscht auf seinen Koffer: Ich klopfe, ich klopfe, ich klopfe. Und sie hört nicht, sie hört nicht, sie hört nicht. Er vergräbt das Haupt in den Händen; seufzt. Ich habe geklopft. Ich habe schon oft geklopft.
STRASSER
Du wirst bald ausgeklopft haben.
MAX
Sie wird mich erhören.
STRASSER
Du bist wohl noch besoffen?
MAX
Apropos besoffen: ich habe das Gefühl, als hätte ich meine Schuhe verloren – kennst du das Gefühl?
STRASSER
grimmig: Apropos Gefühl: weißt du, was ich jetzt am liebsten tun würde?
MAX
Das habe ich heute schon einmal gehört.
STRASSER
Auch gefühlt?
MAX
Still! – Es geht nämlich um in mir. Wenn man nur in sich hineinsehen könnte. Apropos hineinsehen: da drinnen ist es still. Er deutet auf zwölf a; leise. Apropos still: Stille kann unheimlich werden. Damals hat sich auch nichts gerührt, allerdings drei Tage lang – Damals: jener mit den Krücken.
STRASSER
Kusch!
Stille.
MAX
Apropos Krücken: man sollte doch eigentlich nachsehen, es ist nämlich eigentümlich –
STRASSER
unterbricht ihn: Apropos eigentümlich: was soll der Koffer?
MAX
Apropos Koffer: ich nehme meinen Abschied.
STRASSER
perplex: Was?
MAX
erhebt sich; nervös: Apropos Abschied: ich muß nämlich fort. Dringende Familienangelegenheiten. Fünf Uhr sieben.
STRASSER
Fünf Uhr sieben?
MAX
Sollten der Direktion durch meine überstürzte Abreise Unkosten erwachsen, bin ich selbstverständlich bereit, für selbe aufzukommen.
STRASSER
Mit was denn?
MAX
Hoho! Unberufen! Unberufen!
KARL
tritt aus zehn in goldbestickter Paradeuniform mit Handschuhen; zu Max: Ruhe!
MAX
zu Strasser: Hörst du?
KARL
zu Max: Halt das Maul! – Hast wieder gewinselt ›Christine, Christine‹? Hast wieder an der Tür gescharrt, wie ein Hund, den man ins Sauwetter prügelte? ›Christine, Christine!‹
MAX
zu Strasser: Wer ist dieser Herr?
KARL
Du kennst mich noch nicht, Leisetreter. Schleimer. Hund.
MAX
zu Strasser: Bitte, stelle mir diesen Herrn vor.
KARL
zu Max; deutet auf Strasser: Dieser Herr und ich, wir kennen uns nicht!
MAX
Seit wann?
STRASSER
Seit zwo Stunden.
MAX
Das ist aber lustig!
KARL
Hahaha!
STRASSER
Dieser Herr besitzt die Schamlosigkeit, zu behaupten, vor einem Jahre mit der Dame von Nummer zwölf a in intime Beziehungen geraten zu sein.
MAX
Zwölf a!
KARL
Dieser Herr besitzt die Schamlosigkeit, an meinem Ehrenworte zu zweifeln.
MAX
Hm. – Vielleicht sagt er die Wahrheit.
KARL
Wer?
MAX
Apropos Ehrenwort: irren ist menschlich. Ich, zum Beispiel, hätte die Dame von Nummer zwölf a kaum wiedererkannt, und es ist doch erst ein Jahr dahinverflossen –
EMANUEL
tritt aus vierzehn; mit einem nassen Handtuch auf der Stirne: Pardon! – Würden die Herren so freundlich sein und mir verraten, wie spät, respektive früh – meine Uhr ist plötzlich kaputt, scheinbar.
KARL
Wir haben keine Uhr!
MAX
Uns fehlt jetzt jeder Sinn für Zeit.
EMANUEL
Ich verreise nämlich fünf Uhr sieben.
MAX
Mit der Dame von zwölf a?
Stille.
STRASSER
Es ist Mitternacht, Baron.
KARL
Und Vollmond!
EMANUEL
Ich verbitte mir diesen ewigen Mond!
STRASSER
Es ist Mittag, und die Sonne scheint.
MAX
In Amerika dürfte es regnen.
Ada schleppt sich verstört herein; hält; fixiert die vier.
Stille.
ADA
Was gibts? – Was gibts?
Stille.
Warum habt ihr mich sitzen lassen? Allein. Unten.
STRASSER
Du hast so süß geschlafen. Dich wecken wäre herzlos gewesen. Gewiß!
ADA
Herzlos? Sie grinst. Ja, das hat schon so mancher bemerkt, daß es charmant aussieht, wenn ich schlafe. Ich liege nämlich wie ein Kind, rolle mich zusammen und falte die Händchen – nicht?
Stille.
Lauscht. Hat einer was gesagt? – Hat keiner was gesagt? Warum sagt denn keiner was?!
STRASSER
Gute Nacht!
ADA
Guten Morgen! Ich sage: guten Morgen!
STRASSER
Plärr nicht! Es ist Nacht!
ADA